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Kaltes Herz

Kaltes Herz

Titel: Kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Freise
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nehmen, doch nicht diesen, niemals ihn, es wäre gegen Gottes Gesetz, es wäre die böseste Unzucht. Er ist mehr als zwanzig Jahre älter als sie. Verstehst Du, was ich sagen will?
    Deine verzweifelte Schwester Johanne
    P. S.: Bitte schreibe keine Briefe mehr an Henriette. Ich verbrenne sie alle, ohne sie ihr auszuhändigen. Du hast mir das Mädchen aufgezwungen, und ich stelle fest, dass sie weich und schwächlich ist. Sie muss lernen, sich unserem Leben anzupassen, und es hilft ihr nicht, ihr verzärtelnde Briefe zu schreiben, die in Tränen schwimmen. Das Mädchen ist zu weich, genau wie ich es damals war!
    Der Gedanke saß dicht unter der Oberfläche, aber Charlie konnte ihn noch nicht fassen.
    «Von wem spricht Johanne Pflog?»
    «Wissen Sie es nicht?»
    Doch, Charlie wusste es, es bereitete ihm nur eine fast körperliche Pein, die Erkenntnis laut auszusprechen.
    «Regenmacher?»
    Altheim nickte. «Er weiß es offenbar nicht.»
    Charlie wand sich auf seinem Stuhl. Wie konnte ihnen das helfen? Was hatte Ada Keller damit in der Hand?
    «Wenn Regenmacher Henriette nicht heiraten kann», überlegte er, «gibt es keinen Grund mehr für ihn, Frau Kellers Leben zu finanzieren. Als Schwiegersohn hingegen wäre er in der Pflicht. Es macht immer noch keinen Sinn. Es gibt in diesem Brief nichts, womit Sie Frau Keller unter Druck setzten könnten, Professor.»
    «Das ist richtig, aber wer hat gesagt, dass ich sie unter Druck gesetzt hätte?»
    Charlie war irritiert. «Nicht?»
    «Sagen Sie mir, Mister Jackson, würde irgendjemand es in vollem Wissen zulassen, dass der Vater die Tochter heiratet?»
    «Ich hoffe nicht!»
    Altheim machte eine Geste, die so viel heißen konnte wie
Sehen Sie?
oder
Daraus folgt?
    Charlie fühlte sich wie eine zerlumpte Vogelscheuche mit nichts als Stroh im Kopf. Er hätte letzte Nacht im Gefängnis versuchen sollen zu schlafen, dann wäre er jetzt vielleicht weniger begriffsstutzig.
    «Sie hat es nicht gewusst, und Sie haben es ihr gesagt?»
    «Ich habe ihr den Originalbrief gegeben, wir haben nur die Abschrift behalten. Sie ist zutiefst besorgt und wird natürlich eine Hochzeit verhindern. Ganz egal, wie sie am Ende dabei dasteht, ob mit oder ohne Wohnung, mit oder ohne Kind.»
    Charlie war fassungslos. Er wäre nie darauf gekommen, dass Frau Keller für Hetti wie eine Mutter empfand. Dass es ihr tatsächlich um ihr Wohl ging.
    «Aber warum hat sie sich dann überhaupt erpressen lassen?», wandte er ein und wusste selbst, dass dies ein letzter kläglicher Versuch war, sich ins Recht und Frau Keller ins Unrecht zu setzen.
    «Sie hatte Angst, alles zu verlieren und nicht mehr für Henriette sorgen zu können. Sie war in einer schlimmen Zwickmühle, und Regenmacher ist eine gute Partie. Ich nehme sogar an, er würde Henriettes Karriere aufs gewissenhafteste unterstützen. Vielleicht wird er das ohnehin, wenn er erfährt, dass er ihr Vater ist.»
    Charlie lehnte sich endlich in den Sessel zurück, auf dessen Kante er die ganze Zeit angespannt gesessen hatte. Die unmittelbarste Gefahr war also gebannt, Hetti würde nicht heiraten.
    «Dann hat Frau Keller Ihnen sicher auch gesagt, wo Hetti ist? Damit wir sie endlich holen können?»
    Altheim zog die Augenbrauen hoch.
    «Das hat sie selbstredend nicht.»
    Weshalb selbstredend? «Sie zieht die Anzeige zurück, verweigert uns aber weiterhin die Adresse?»
    Altheim sagte nichts, biss stattdessen lieber in einen Pfannkuchen, Marmelade quoll heraus und lief ihm über das Kinn.
    «Es war ein Handel. Sie zieht die Anzeige zurück, dafür hat sie den Brief von uns bekommen», sagte Willem betont langsam, als sei Charlie ein begriffsstutziges Kind.
    Altheim wischte sich das Kinn ab und fügte hinzu: «Sie will Sie nach wie vor nicht in Henriettes Nähe lassen.»
    Charlie schüttelte den Kopf, beinahe musste er lachen. Natürlich, warum auch? Altheim und er hatten ebenfalls versucht, Spiele mit ihr zu treiben, hatten sie aushorchen wollen, waren bei ihr eingebrochen. Eine Weile war nichts weiter zu hören als Altheims Kauen und Frau Lieses Geklapper aus der Küche. Charlie blickte auf das Schinkenbrötchen auf dem Teller vor ihm. Ihm war der Appetit vergangen.
    «Und? Was sollen wir jetzt machen?», wollte Willem schließlich wissen.
    Charlie stützte den Kopf in die Hände. Er konnte nicht mehr denken. Er hatte in den letzten zwei Nächten einfach zu wenig geschlafen. Er sehnte sich nach Dunkelheit, in der seine brennenden Augen und sein schmerzender Kopf sich

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