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Kaltes Herz

Kaltes Herz

Titel: Kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Freise
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Alter, aber dennoch …
    «Nehmen Sie die Brechstange, damit kriegen wir die Klappe auf», sagte er, und Willem brachte eine Lampe, die am Schuppen gehangen hatte, und steckte sie an.
    «Hoffentlich ist er nicht zu voll», sagte er. «Sonst suchen wir zu lange.»
    «Hoffentlich ist der Brief überhaupt an die Schwester adressiert», sagte Charlie.
    «Vielleicht sollten wir darum beten», schlug Altheim vor, schloss die Augen und faltete die Hände, während Charlie sich an die Arbeit machte.

[zur Inhaltsübersicht]
    27
    S ie saßen zu acht auf dem Boden hinten in einem Automobil, Charlie, Altheim, Willem und noch fünf mit Beilen bewaffnete Männer. Ein Pfarrer fuhr auch mit, doch der saß vorne auf der Bank und nicht in dem muffig riechenden Laderaum. Charlie und die anderen wurden auf der holperigen Straße hin und her geworfen, gelegentlich blitzte in dem spärlichen Licht, das durch einen schmalen Schlitz unter der Tür hereinfiel, ein Auge, eine Zahnreihe oder die Klinge einer Axt auf. Die Männer wirkten grimmig. Zugleich strahlten sie eine Vorfreude aus, die Charlie beinahe noch beunruhigender erschien.
    «Fahren Sie in den Wald zum Holzmachen?»
    «Nein, wir müssen was in Ordnung bringen», antwortete einer der Männer.
    Charlie, Altheim und Willem hatten alles stehen und liegen gelassen und den ersten Frühzug nach Gramstett genommen, sobald sie den Briefumschlag gefunden hatten, nach dem sie suchten. Adressiert an Johanne Pflog, Weißwäscherei im Wiesenweg, Gramstett.
    Am Bahnhof von Gramstett angekommen, erfuhren sie, dass es zum Wiesenweg gut eineinhalb Stunden Fußmarsch waren. Aber man empfahl ihnen, zur Pfarrei zu gehen. Der Pfarrer würde demnächst mit dem Automobil in die Richtung fahren.
    «Bei den Pflogs draußen gibt’s nämlich ein Problem», setzte der Mann hinzu, und es sah aus, als hätte er am liebsten vor sich auf den Boden gespuckt, wagte es im Innern des Automobils aber nicht.
    Charlie fühlte sich unbehaglich. Er wusste von keinem Problem, das den Einsatz von Beilen erfordern könnte.
    «Entschuldigen Sie, wenn ich neugierig erscheine», sagte er. «Aber wir wollen auch zu den Pflogs. Was gibt es denn für Schwierigkeiten?»
    «Der Pfarrer sagt, sie haben eine Mangelmaschine da draußen, die verrücktspielt. Die ist vom Teufel besessen. Wir zerlegen sie.»
    Charlie lächelte erleichtert. Er glaubte nicht an den Teufel, und Mangelmaschinen interessierten ihn nicht.
    «Kennen Sie Henriette Keller?», fragte er.
    «Nein.»
    «Sie wohnt bei den Pflogs.»
    Der Mann zuckte die Achseln. «So gut kenne ich die Leute nicht.»
     
    Fünfzehn Minuten später schwenkte der Wagen nach rechts ein, und dann hielten sie so abrupt, dass Charlie und die anderen durcheinanderkollerten wie Kartoffeln. Sie blinzelten in die plötzliche Helligkeit, als die Türen geöffnet wurden, und stiegen steifbeinig aus. Willem half Altheim, der tatsächlich ein wenig mitgenommen aussah.
    Der Hof war groß, nahezu quadratisch und überall von Mauern und Gebäuden umgeben. An einer Kette lag ein alter graubärtiger Hund, der aufmerksam den Kopf hob, als Charlie in seine Richtung blickte.
    «Bitte folgen Sie mir, meine Herren», sagte der Pfarrer und ging durch eine Seitentür voraus ins Haus.
    Vielleicht lag es nur an den vielen Füßen, die durch die Diele stampften, aber Charlie meinte ein Beben unter den Sohlen zu spüren, ein wiederkehrendes Zittern, und die Lampe, die unter der Decke hing, schwankte. Vielleicht nur der Luftzug, den die geöffnete Hoftür hereinbrachte. Ein Riss zog sich von der Lampe an der Decke entlang und endete über einer grünen Tür. Die Uhr, die mit zersprungenem Glas und gebrochenem Kasten davor lag, musste vor kurzem noch darüber gehangen haben, neben einer elektrischen Klingel, die genauso aussah wie die, die Charlie aus dem Gefängnis kannte. Das Zittern unter Charlies Füßen wurde von einem tiefen Grollen begleitet. Es hörte sich an, als läge ein schlafender Riese in einer Höhle unter ihnen.
    Der Pfarrer führte die Gruppe einen Gang entlang. Die Männer bewegten sich mit ihren Beilen wie Krieger, als erwarteten sie hinter jedem Baum einen Feind, den es niederzumähen galt. Auch Charlie war nervös. Er war jetzt in dem Haus, in dem Hetti wohnte, und jeden Moment mochte sie ihm inmitten einer Horde Männer mit Äxten gegenüberstehen.
    Die Tür des Zimmers stand offen, und sie drängten hinein wie in einen Theatersaal. Nur waren zu viele Menschen in dieser Stube, sodass Charlie

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