Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Herz

Kaltes Herz

Titel: Kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Freise
Vom Netzwerk:
hierhergekommen war, mit einem Mal zum Plan. Sie mussten etwas unternehmen, jetzt sofort, bevor es zu spät war. Beinahe wäre Charlie von seinem Stuhl aufgesprungen, um Altheim hinter sich her zu Ada Kellers Wohnung zu ziehen.
    «Professor, um das herauszufinden, brauche ich Ihre Hilfe», sagte er stattdessen.
    Altheim nickte, und Charlie fuhr fort.
    «Ich muss in Frau Kellers Wohnung eindringen, um Hinweise auf Hettis Aufenthalt zu finden. Und es muss an einem Mittwoch sein, und sie darf selbstredend in diesem Zeitraum nicht zu Hause sein.»
    «Und wie könnte ich Ihnen dabei helfen?»
    «Indem Sie dafür sorgen, dass Frau Keller das Haus verlässt.»
    «Heute noch?»
    Charlie nickte entschlossen.
    «Unbedingt. Wenn es sich wirklich um eine Entführung handeln sollte, so könnte jede einzelne Stunde zählen! Ich habe eine Idee. Hören Sie: Sie müssen Frau Keller eine Nachricht zukommen lassen. Sagen Sie ihr, Sie hätten einen Brief von Hetti erhalten, in dem sie inständig um Hilfe in der Not bittet. Ich habe Grund zu der Annahme, dass es Hetti nicht erlaubt wird, Briefe zu schreiben. Eine solche Nachricht wird Frau Keller also veranlassen, auf Sie zu hören. Geben Sie ihr einen Treffpunkt an.» Charlie dachte kurz nach. «Das
Café Bauer
wäre geeignet. Ich werde Ihnen einen Beobachter an die Seite stellen, der mich warnt, sobald Frau Keller wieder nach Hause aufbricht. Ihre Aufgabe ist es, sie so lange wie möglich in ein Gespräch zu verwickeln. Vielleicht gelingt es Ihnen sogar, sie zum Sprechen zu bewegen. Vielleicht ist sie bereit, sich Ihnen anzuvertrauen.»
    Altheim blieb still, nachdem Charlie geendet hatte, und er fürchtete schon, dass er zu viel von dem alten Mann verlangte.
    «Was sagen Sie?», fragte er atemlos.
    Altheim seufzte.
    «Es hört sich einerseits höchst unvernünftig an. Andererseits fällt mir auch nichts Vernünftigeres ein. Es ist machbar. Wenn auch ein wenig abenteuerlich. Gehen wir sofort?»
    Charlie atmete auf.
    «Ja, sofort.»
    Er hatte einen Verbündeten, er hatte jemanden, der die Ernsthaftigkeit des Problems erkannte. Er hatte jemanden gefunden, der ihn nicht verurteilte und ihm vertraute.
    Sie erhoben sich von ihren Sesseln, und Charlie drückte die Hand des Professors.
    «Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll.»
    «Wissen Sie, es gibt genau einen Grund, warum ich das tue.» Altheim reichte Charlie seinen Hut und Mantel. «Fräulein Kellers Gesang … er ist vor ihrem kleinen stimmlichen Einbruch so viel ausdrucksstärker und leidenschaftlicher gewesen. Sie hat einen unglaublichen Sprung gemacht. Ich weiß jetzt auch endlich, warum.»
    Altheim hob einen Finger, um anzuzeigen, dass Charlie warten sollte, kam kurz darauf fertig angezogen zurück.
    «Warum hat sie solch einen Sprung gemacht?», wollte Charlie wissen.
    «Ganz offensichtlich», sagte Altheim, als er die Wohnungstür hinter sich zuzog, «war sie verliebt. In einen leidenschaftlichen und mutigen jungen Mann.»

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    Z uerst hatte Henriette Tag um Tag verschlafen, und nun war es, als habe sie die Fähigkeit zu schlafen vollständig verloren. Sie hatte es versucht, doch sie hielt es nicht mehr aus im Bett, sie konnte nicht mehr stillliegen. Sie musste hinaus, etwas tun, musste die Zeit überbrücken, die sie zu warten hatte, bis Charlie ihren Brief erhielt und sie holen kam. Hier oben, allein in diesem Bett, würde sie sich wieder und wieder in den Abgrund stürzen wollen und wahnsinnig werden. Sie schlüpfte aus dem Bett, wusch sich, zog sich an und ging dann, wenn auch noch etwas wackelig auf den Beinen, in die Küche hinunter.
    Die Tür stand offen, und Henriette klopfte vorsichtig an den Türrahmen. Tante Johanne steckte bis zu den Ellenbogen im Mehl, der Teig, den sie knetete, musste leicht für zehn Brote reichen.
    «Tante?»
    Johanne fuhr herum, als wäre der Leibhaftige in ihrer Küche erschienen, und bekreuzigte sich dreimal mit ihrer bemehlten Hand.
    «Herr Jesus!», stieß sie hervor.
    «Könnte ich etwas zu essen bekommen?»
    Henriette sprach undeutlich, weil sie noch immer schlecht den Mund aufbekam, doch wenn sie um ein Frühstück bat und Appetit zeigte, würde Tante Johanne ihr vielleicht glauben, dass es nicht mehr notwendig war, das Bett zu hüten.
    Johanne reagierte nicht auf Henriette. Sie öffnete das Küchenfenster und rief in den Hof hinaus.
    «Ida! Dein Gast wünscht zu speisen.»
    Damit schloss sie das Fenster, wandte sich wieder ihrem Teig zu und versenkte sich in

Weitere Kostenlose Bücher