Kaltgeschminkt (German Edition)
erwartete ich doch ein Konsortium an eingeweihten Bestattern – sprudelt es aus mir heraus.
»Warum?«, frage ich weinerlich und ärgere mich sofort deswegen.
„Natürlich, weil nach Möglichkeit so gut wie niemand von alldem wissen soll. Allerdings frage ich mich, wer so eine Geschichte heutzutage schon glauben soll.«
»Und was passiert, wenn der amtierende – nennt man das so? – Bestatter in Ungnade fällt, wie es im Augenblick ist?«
Sie sieht mich lange an. Mein Seelenheil für ihre Gedanken!
»Er muss verschwinden. Am besten so diskret wie möglich.«
Eine Frage spukt mir noch im Kopf herum. Ich schüttle Rachelle sanft, für den Fall, dass sie auf mir eingeschlafen ist. Sie fiept leise.
»Rachelle?«
Fiep.
Ich interpretiere es als Zustimmung. »Rachelle, ist Salamander von einem Auftragsmörder umgebracht worden? Im Auftrag von einem der Drei, der den Spielstand zu seinen Gunsten beeinflussen möchte?«
Sie schüttelt leicht den Kopf. »Die Drei haben nicht die Macht, Menschen sterben zu lassen – sie haben nur in ihrem eigenen Reich Gewalt. Abdanken kann man am besten durch Krankheit, Alter und andere Menschen. Oder einem der Psychopathen aus der Zeitung.«
Die Hölle, das sind die Anderen , meinte Sartre. Nun ja …
»Rachelle?«
»Ja, mein schlafloser Ritter?«
»Könnte einer der Drei einen Mord in Auftrag geben? Sagen wir, bei einem Schattenboten?«
»Bestimmt, aber aus welchem Grund?«
»Um die Karten neu zu mischen. Die Figuren neu zu stellen.« Um sich einen Vorteil zu verschaffen. Wozu, werde ich sicher bald herausfinden, fürchte ich.
»Du sagst, du kennst denjenigen, der den Mord in Auftrag gegeben hat?«
Sie sieht etwas verstimmt aus. Ungläubig. Ich nicke trotzdem. »Es ist Arcaeon , der Herr des Chaos, da bin ich mir sicher. Gaja (*Mond ist im englischen weiblich, ebenso wie Sonne als männlich bezeichnet wird.), die alte Mondgöttin, wäre zu sanftmütig dafür und die Einsame Trinität ist nicht verschlagen genug. Es stimmt, glaub’ mir.«
Es klingt mehr als wirr, was ich da im Halbschlaf murmle. Dennoch, fürchte ich, habe ich Recht. Als weltlicher Fuhrmann für den Tod hat man bereits einen gewissen morbiden Status. Warum auch sollte es nicht mehr zwischen hier und dem jenseitigen Tümpel, dem Vorhof, geben, als wir mit unseren Augen sehen? Warum sollen nicht auch sie die Machtgier ihrer menschlichen Schützlinge teilen? Und die Ewigkeit kann sicher auch für die drei Wegbegleiter sehr lange sein.
»Woher kennst du dich so gut aus?«, frage ich nur scheinbar wenig interessiert.
Sie lächelt mich schief an. »Ich habe eben in der Schule gut aufgepasst.«
»Das glaube ich dir nicht«, entgegne ich ein wenig zu scharf.
Alarmiert setzt sie sich ein wenig auf. »Was? Warum?«
»Auf welcher Schule warst du denn, mein Herz? Auf der Dämonenakademie?«, scherze ich und hoffe, die Situation etwas zu entschärfen. Verdammt, ich bin so ein Kretin! Ich muss mich besser im Griff haben.
Sie zögert, gibt mir aber Antwort. »Nein, ich habe lediglich einen gut ausgelasteten Bibliotheksausweis«, meint sie knapp.
Recht hat sie: Ich verdiene ab jetzt jede ihrer Spitzen.
»Irgendetwas wollte ich dir noch sagen …«, murmelt sie vor sich hin. Ich betrachte sie im Mondlicht, wie sie neben mir liegt, zusammengerollt, die Rückenwölbung meinem Bauch angepasst. Dann stützt sie sich auf, ist plötzlich hellwach. »Harris! Die Leiche ist ein Test! James hat es nicht geschafft, den Secretary fertig zu machen. Er ist nicht mehr qualifiziert, weil er es sich mit ihnen verschissen hat, mit den Dreien. Ich fürchte, du bist der Nächste in der Nachfolge.«
Ich bin endgültig verwirrt, glaube einen Moment, dass sie im Halbschlaf irgendetwas zusammenphilosophiert. Sanft streichle ich ihre Schulter. »Womit hat er es sich denn verscherzt?«, frage ich.
»Das muss er dir selbst zeigen.«
Zeigen!
»Vielleicht suchen sie auch jemanden, der einfach besser ist.« Ich bin überzeugt, dass meine Theorie mit ihrer locker mithalten kann. »Oder sie suchen einen von Millers Lehrlingen, der selbst einen Pakt geschlossen hat mit den Herren des Jenseits.«
Sie sieht mich mit großen Augen an. Dann lacht sie schallend und kneift mich in den Bauch. »Den Idioten müssen sie erst einmal finden. Wer in aller Welt wäre denn so bescheuert!«
Sie durchschaut mich einfach zu leicht. Und sie liebt ihre masochistischen Scherze mi mir. Zur Strafe lege ich mich auf sie und verbessere noch ein wenig meine
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