Kaltgeschminkt (German Edition)
daran.
»Kein Gift«, ulke ich.
Er nickt knapp.
Eine Weile schweigen wir. Obwohl ich sehr geduldig bin, gebe ich jedoch irgendwann nach. »Der Zeitpunkt ist gekommen, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Was sagst du?«
Das Flackern der kleinen Punkte anstelle seiner Augen verunsichert mich, aber ich nehme mir vor durchzuhalten - und zu gewinnen.
»Dann fang mal an, McLiod.«
»Ich dachte eher an dich, Beastly.«
Die goldene Flüssigkeit schwankt in seinem Glas knapp unter dem Rand. Das breite Lächeln kann ich eher erahnen, als dass ich es sehe.
»Was haben sie dir angeboten, wenn du meinen Auftrag fertig machst? Und sag jetzt nicht, du weißt nichts davon, dass sie die Leiche vom alten Salamander manipuliert haben mit ihrem bescheuerten Hexenzeug.«
Er geht gleich zum Angriff über. Gut, die Gesprächsrichtung hat sich anders entwickelt, als erwartet. Ich muss mich schnell entscheiden, wie ich ihn zum Narren halte. Da mir aber nichts einfällt, entscheide ich mich für die Wahrheit.
»Ich weiß nichts von einer Manipulation. Zu welchem Zweck überhaupt?«
James neigt sich mir so blitzschnell entgegen, dass ich mich unwillkürlich in die Polster drücke. »Um mich loszuwerden, weil ich ihnen mit jedem Auftrag etwas nehme, was sie für sich beanspruchen wollen!«, zischt er boshaft. »McLiod, ich habe ein Problem mit Leuten, die mich verarschen wollen. Also, red´ Klartext.«
Na denn.
»Ich habe nicht einmal einen Auftrag bekommen. Noch niemals. Du warst der Erste, der zu mir gekommen ist mit dieser … Geschichte. Und jetzt erklär mir endlich, was hier los ist.« Meine Geduld ist zu Ende und sein Tonfall ist über die Maßen missbilligend. Deshalb hasse ich die Menschen so; sie halten sich für die Krönung der Schöpfung mit ihrem Intellekt und ihrer Feinmotorik, dabei sind sie nichts weiter als bekleidete Tiere. Sehen Sie sich nur die Schlussverkäufe in den Einkaufshallen an, oder die … ach, vergessen Sie´s.
»Gut.« Er lehnt sich endlich zurück. Das Licht streift jetzt einen Teil seines Gesichts, was dem Ganzen wenigstens einen Hauch von Status Quo verleiht. »Ich arbeite also im Auftrag der Drei. Du kennst ihre Aufgabe.« Zögerlich nicke ich und auch er wippt bestätigt mit dem Kinn. »Ich bin das Tor, wie gesagt, und sie legen äußersten Wert auf Diskretion. Äußersten! Miller war ein mustergültiger Komplize ihrer Zechereien. Keine Verzögerungen, immer saubere Arbeit, mal ein paar lustige eigenständige Einfälle hier und da … wie auch immer. Sie hatten einen Glückstreffer mit ihm gelandet, bis er senil geworden ist und es nicht mehr geschafft hat, alles zu ihrer Zufriedenheit und in der Zeit eines Unter-Hundertjährigen Greisen zu regeln. Also hat er mich eingeweiht, auf ihren Wunsch hin. Und nach mir dich, Alter. Aber ein unnützer Bestatter ist ein toter Bestatter. Welche Ironie! Also haben sie ein paar Taschendiebe mit Vorliebe für Axtspielchen auf ihn gehetzt, damit er nichts mehr ausplaudert. Miller hatte ja vieles, aber Altersschwachsinn gehörte nicht dazu. Trotzdem musste er weg. Kleine Ge- schmacksprobe ihrer … Großzügigkeit. Ein gemütlicher Tod nach der neuesten Sendung von ›The Goon Show‹ wäre da zu menschlich gewesen. Angeblich hat er im Jenseits einen kleinen Vorteil erhalten bei der Wahl seiner ewigen Verdammnis.«
»Woher kennst du die Umstände um Millers Tod?«, will ich wissen. Dies erscheint mir als die Stunde, um beinahe nüchtern alles von ihm zu erfahren.
»Der Bote hat mir einen Brief gebracht. Man könnte meinen, die großen Macker könnten mit Emails umgehen«, lacht er.
»Wie ist Salamander gestorben? Wer ist sein Mörder?«, will ich schon wieder wissen.
»Ich jedenfalls nicht.«
Skeptisch versuche ich in seinem Gesicht zu lesen, jedoch arbeitet das Zwielicht gegen mich.
»Ich habe schon ein paar Jahre für sie gearbeitet, während Miller dich noch ausgebildet hat. Einen Nachfolger für den Nachfolger. Zur Sicherheit, du verstehst?«
Zynisch zwinkert er mir zu. Ich komme mir vor wie ein dummes, kleines Mädchen, dem man den Nachtisch verweigert, rein aus dem Grund, weil man es kann.
»Verstehe. Falls der Nachfolger sich etwas nimmt, was ihm nicht zusteht.«
Der Malt kreist ruhig im Glas. Das stetige Trommeln seiner Finger auf der Armlehne entgeht mir trotzdem nicht.
»Wenn sie spielen wollen, will ich das auch. Sie haben mich aus meiner Heimat fortgeschickt, einfach, weil sie Lust auf Veränderung hatten! Gut, sie schicken Geld,
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