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Kaltgeschminkt (German Edition)

Kaltgeschminkt (German Edition)

Titel: Kaltgeschminkt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Gezeichneter und so weiter. Erst wenn sie die für sie ausgewählte Station hinter sich hat, darf sie wieder einen neuen Weg wählen. Hier richtet die Einsame Trinität , man kennt keinen genauen Namen für ihn.«
    In Gedanken höre ich die Stimme des jungen Mannes, die silbrig klingende der Frau, Gaja . Vor der des Dritten fürchte ich mich nun doch ein wenig.
    »Drittens gibt es noch Arcaeon , den Herrn des Chaos, oder den Herrn der letzten Tage. Er schickt dich dort hin, wo du deine Sünden wieder und wieder und wieder erleben wirst, alles, was du je falsch gemacht hast.«
    Ich erschauere. Ausgerechnet der Dunkelste von allen hat sich mich ausgesucht, um mich in der verdammten Hölle leiden zu lassen. Dennoch, ich habe davon bereits vor meiner, nun … Nahtoderfahrung gehört. Kurz bevor mein Foltermeister Mr. Miller mir den wichtigen Wisch als Beleg für meine bestandene Zwischenprüfung überreicht hatte. Zu diesem Zeitpunkt deutete er des Öfteren an, dass mir der Schlüssel, das endgültige Geheimnis zu meinem späteren Beruf – nein, zu meiner späteren Bestimmung, nannte er es – noch bevorstehen sollte. Dass ich noch viel zu lernen hätte. Und in das Wichtigste, das ich bei der Seele meiner Freundin Rhona – ja, tja – für mich behalten sollte, zum Ende meiner Lehre eingeweiht werde.
    Er hat nie preisgegeben, um was es ging, hat sogar seine Überlegenheit durch dieses ach so wahnsinnig geheime Wissen in vollen Zügen genossen. Ich habe es sehr bald aufgegeben zu fragen. Es hat ihn nicht erfreut. Überhaupt ist es dazu leider ja nicht mehr gekommen. Irgendein kluger Mensch hat einmal die These aufgestellt, dass man, wenn man wirklich dazu berufen ist, auf jedwedem Weg zum Werkzeug seiner Bestimmung findet. Irgendwie. Sozusagen jeder Gott im eigenen `Himmel´ , sinniere ich. »Und wieso sollte sich jemand für unseren grausamen Freund entscheiden?«, überlege ich laut.
    »Weil sie im … nun … Foyer -«
    »Im Vorhof zur Hölle?«
    »Meinetwegen. Weil sie dort geblendet werden, gelockt. Aber unabsichtlich! Weil jeder der Drei seinen Weg für den Gerechtesten hält. Für die Erfüllung und die Sühne nach dem Leben, für die Ewigkeit die man dort verbringt.«
    »Sehr gnädig.«
    »Aber noch mehr Spaß haben sie, wenn sie ihre Wetten abschließen können. Sie wetten, für welchen Weg sich die Seele entscheiden wird.«
    »Und die gewaltsam Gestorbenen spielen welche Rolle dabei?«
    Sie streicht über den Gargoyle an meiner Brust. »Sie sind unvorbereitet. Einer, der seine letzten Stunden zählen kann, ist innerlich ruhig und gefasst – mit sich im Reinen. Auch wenn er Angst hat vor dem Ungewissen, was danach kommt. Und je höher sie hier gestellt sind, desto niedriger wird deren Respektgrenze vor ihren Mitmenschen sein. Weil sie sich mehr leisten können und dafür weniger belangt werden. Sie setzten praktisch den Unterhaltungswert nach oben.«
    »Es geht also rein um Spaß bei dieser Sache? Scheinbar ist die Ewigkeit doch weitaus langweiliger als ich angenommen habe. Spielt es eine Rolle, welchem Glauben sie angehört? Ein Buddhist zum Beispiel?«
    Sie zögert eine Weile.
    »Der wird sich für ›Blac‹ entscheiden, denn er kann ihm geben, was seiner Vorstellung von einem Leben nach dem Tod entspricht. Genau weiß ich das aber auch nicht. Schließlich war ich da noch nie. Gewaltsam Gestorbene dagegen haben Panik, sind blind und lassen sich beeinflussen. Also können sie spielen und sich die Ewigkeit ein wenig vertreiben.«
    »Wer sind sie?«, will ich wissen, denn ich ahne in welche Richtung wir uns gerade begeben. Vor allem aber kann das große Jenseitszocken den Aufwand nicht wert sein …
    »Wer kann das schon wissen.«
    Sie kuschelt sich an mich, doch meine Gedanken lassen sich einfach nicht mehr bändigen. Also spielen sie nur? Auf Kosten der letzten und endgültigsten Entscheidung, die ein Mensch oder das, was von ihm übrig bleibt, trifft – ohne die Chance auf Rückzug. Scheinbar hat ein wichtiger Mensch auch im Jenseits einen höheren Stellenwert. Je grausamer er – oder sie , in der Zeit der Emanzipation –, gewütet hat, desto mehr Spaß wird es machen, das große Zocken einzuläuten. Welch krankes Spiel und wie erstaunlich menschlich.
    »Wie viele Bestatter gibt es wirklich, die dieses … Privileg… genießen?«
    »Nur ihn … und vielleicht dich.«
    Überrascht von der Antwort – in Anbetracht der doch recht hohen Sterblichkeitsrate unter den ignoranten, bösartigen Menschen

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