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Kaltgeschminkt (German Edition)

Kaltgeschminkt (German Edition)

Titel: Kaltgeschminkt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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von dem wir hier gut leben können, von dem aber niemand weiß, woher es kommt!«
    »Und das interessiert dich sicherlich brennend.«
    »Scheiße, nein! Warum zur Hölle sollte es mich interessieren? Und das Beste, mein Freund«, er beugt sich mir erneut entgegen, »der Nachtisch an der ganzen Sache ist sie . Sie macht, dass man gefügig bleibt, dass man nicht ausbricht.«
    Zweifellos spiegelt sich das Entsetzen auf meinem Gesicht, das mich gerade durchflutet. Der erste Gedanke ist, wieder einmal habe ich mich in einer Frau getäuscht. Erneut benutzt mich eine Frau, um mich nachher fallen zu lassen, nur dass sie dieses Mal wunderschön und ein gebrochenes Rückgrat wert ist.
    James grient mich an. »Ist mir scheißegal, ob ihr da was laufen habt. Kannst sie haben, ich bin dir auf ewig dankbar, wenn du die Bürde von mir nimmst.«
    Hektisch nimmt er einen kräftigen Schluck, wobei ihm eine dünne Spur glitzernd über Kinn und Hals läuft.
    »Wieso?«
    Er legt den Kopf in den Nacken, lässt das leere Glas mit dumpfen Poltern auf den Teppich fallen.
    »Weil sie eine Fessel ist. Eine sehr schöne, aber welche Chancen hätte sie ansonsten auch schon? Sie passt auf, dass der Bestatter auch seine Arbeit macht, und gibt brav weiter, wenn der sich nicht an die Spielregeln hält. Sieh sie als überirdische Petze.«
    Die Luft knistert vor Spannung zwischen uns. Ich entferne mich in weiser Voraussicht ein wenig von ihm. Seit meiner Ankunft aus Schottland scheint es nur allzu leicht, eine - nennen wir es "emotionale" - Grenze zu überschreiten.
    Jetzt will ich alles wissen.
    »Was ist das zwischen euch? Habt ihr eine Liaison?«
    Unangenehm breitet sich der Verdacht in mir aus, dass Rachelle ihn mit mir betrogen hat. Was kenne ich schon von ihr, außer den Dingen, die ich anbete.
    Rau lacht James auf.
    »Du willst eine Liebesgeschichte hören? Dann mach dich auf ein ganz besonders abgefahrenes Schauermärchen gefasst. Vor einigen Jahren feiere ich in Edinburgh im ›Hinkenden Kobold‹ meine Aufnahme in den medizinisch-diagnostischen Zweig in London für mein Pathologiestudium. Miller´s Bestattungsunternehmen hat mir versprochen, mich nach der Ausbildung gehen zu lassen, damit ich meinen Doktor machen kann. Als Schwerpunkt wählte ich Virchow´s Zellularpathologie. Geile Sache. Plötzlich kommt eine etwas morbide Schönheit auf mich zu, die ich den ganzen Abend schon nicht aus den Augen lassen konnte. Ich unterhalte mich den ganzen Abend mit mir. Irgendwann fragt sie mich, ob ich Lust auf was Verrücktes habe. Klar hatte ich Lust uns so fahre ich mit ihr auf Tantallon Castle, wo wir eine Ewigkeit auf den Felsen sitzen und uns unterhalten. Sie sagt, ihr Name ist Rachelle und sie kommt aus Deutschland für ihre Lehre hierher, zufälligerweise ebenfalls als Bestatter. Es war einfach zu surreal. Schlussendlich hatte sie nicht einmal gelogen, sie ist wirklich ausgebildeter Leichenbestatter. Schnell stelle ich fest, dass sie nicht nur wunderschön ist, sondern auch echt, keine Schauspielerin, liebevoll und klug. Ich fuhr damals total auf ihren Grufti-Look ab.«
    Es erstaunt mich etwas, wie leidenschaftlich er von ihr erzählt. Dennoch höre ich eine verletzte Seele heraus, die aus den Tiefen empor schreit.
    »Verliebt war ich nicht unbedingt, da müsste ich mir etwas vormachen. Es war eher so was wie Geilheit, eine erotische Anziehung. Später sind wir bei mir gelandet, haben herumgemacht und so was. Sie wollte gleich mit mir schlafen, also hab ich nicht nein gesagt. Sie war wild und machte mich wahnsinnig mit Dingen, die keine Frau so schnell mit dir anstellt. Dann plötzlich beißt mich die kleine Hexe in die Brust und das Blut läuft nur so aus mir heraus! Ich bin total ausgerastet und sie – sitzt da auf mir und grinst mit blutverschmiertem Mund. `Liebst du mich?` fragt sie mich. Was hätte ich antworten sollen? Also sage ich ihr die Wahrheit und sie sieht mich einfach nur an. Sagt kein Wort mehr. Dann fängt sie an zu weinen. Entschuldigt sich, dass sie mir wehgetan hat. Sie steht auf, zieht sich an und geht. Seitdem sah ich sie immer wieder auf der Straße, im Café oder auch in der Berufsschule, wo sie mir vorher nie aufgefallen war. Sie nähert sich mir immer öfter und ich sage ihr klipp und klar, dass ich sie nicht will. Jedes Mal rennt sie weinend davon.«
    Da kommt man sich doch wie ein Kretin vor, denke ich.
    »Da kommt man sich doch wie das größte Arschloch vor. Jedenfalls ist sie mir seitdem nicht mehr von der Seite

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