Kaltgestellt
geschlagen. Paula, die ein Gähnen unterdrücken mußte, hockte hinter ihrem Schreibtisch, während Tweed sich in seinem Drehstuhl interessiert nach vorn beugte. »Sharon Mandeville ist zweiundvierzig Jahre alt, sieht aber jünger aus«, begann Monica.
»Ein Freund von mir, der Redakteur bei einer Modezeitschrift ist, hat mir per E-Mail ein relativ neues Foto von ihr geschickt. Hier ist es.« Newman nahm den Computerausdruck, setzte sich wieder und betrachtete ihn mit einem anerkennenden Pfeifen, bevor er das Blatt an Tweed weiterreichte. »Blondes Gift.«
»Ich finde sie ziemlich rätselhaft«, sagte Tweed.
»Ich habe sie einmal auf einer Party in Washington getroffen.
Ist schon eine Weile her, bei meinem letzten Besuch dort vor drei Wochen.« Er gab Paula den Ausdruck.
»Was halten Sie von ihr?«
»Schwer zu sagen. Ein Foto kann manchmal irreführend sein.«
»Dürfte ich bitte fortfahren?«, fragte Monica ungeduldig. »Sharon wurde in Washington, D. C. geboren. Damit ist sie amerikanische Staatsbürgerin. Ihre Mutter war Engländerin, ihr Vater ein reicher amerikanischer Industrieller. Ihre Ausbildung erhielt Sharon zur Hälfte in England und in den USA. Als sie fünfzehn war, zog die Familie hierher. Offenbar glaubte ihr Vater, er könne in England mehr Geld machen. Das Ergebnis war, daß er sein gesamtes Vermögen an der Börse verlor und alle drei zurück in die Staaten mußten. Bald darauf kamen beide Eltern bei einem Autounfall ums Leben. Sharon war damals achtzehn Jahre alt. Ein Jahr später heiratete sie einen texanischen Ölmillionär. Sie schloß mit ihm einen Ehevertrag. Als sie sich zwanzig Monate später von ihm scheiden ließ, war sie eine reiche Frau.«
»Wegen des Ehevertrags?«, wollte Tweed wissen. »Ganz genau«, bestätigte Monica.
»Und das war erst der erste Streich. Um es kurz zu machen: Sharon heiratete drei Mal und zwar immer Millionäre – in einem Fall war es sogar ein Milliardär. Jedes Mal gab es einen Ehevertrag, der ihr im Falle einer Scheidung eine großzügige Abfindung zusicherte. Inzwischen dürfte sie die reichste Frau Amerikas sein.«
»Eine echte Abzockerin«, sagte Newman. »Nicht unbedingt«, widersprach Tweed. »Mir jedenfalls kam sie nicht so vor, als ich sie kennen gelernt habe. Sie dürfen nicht vergessen, wie es da drüben in den Staaten zugeht. Viele reiche Männer sehen ihre Frauen wie Trophäen an, mit denen man nach außen hin Eindruck schindet, aber zu Hause werden sie schikaniert und schlecht behandelt. Vielleicht hat Sharon deshalb solche Eheverträge geschlossen.«
»Könnte ich jetzt bitte fortfahren?«, fragte Monica etwas säuerlich.
»Jetzt, nach der Scheidung von Ehemann Nummer vier, lebt sie alleine in einer Luxuswohnung in Chevvy Chase und genießt ihren Status als angesehenes Mitglied der Washingtoner Highsociety. Vor ein paar Jahren hat sie sich mit der Frau des Präsidenten angefreundet und bekam daraufhin verschiedene Jobs bei der Regierung zugeschanzt.«
»Newman hat Recht. Die Frau ist eine Abzockerin«, sagte Marler. Wenige Minuten zuvor war er in das Büro gekommen, hatte den anderen kurz zugenickt und sich wie üblich an die Wand gelehnt.
»Aber eine verdammt hübsche, das muss man ihr lassen«, fügte er an, als Paula ihm das Foto gab. »Das kann man anhand eines einzigen Bildes doch gar nicht beurteilen«, sagte Paula.
»Kommen wir jetzt zu Jefferson Morgenstern, dem amerikanischen Außenminister«, fuhr Monica fort. »Über ihn habe ich noch nicht viel Material bekommen. Ursprünglich stammt er aus Europa, allerdings habe ich noch nicht herausgefunden, aus welchem Land. Sein wirklicher Name ist Gerhard Morgenstern. Genau wie Sharon hält er sich zur Zeit in der amerikanischen Botschaft hier in London auf.«
»Gute Arbeit, Monica«, sagte Tweed.
»Moment, ich bin noch nicht fertig. Da wäre noch Sir Guy Strangeways, der jetzt auf seinem Anwesen Irongates in Parham lebt. Er hat sein Geld als Bauunternehmer in Amerika gemacht, hat sich aber als ehemaliger Offizier der Royal Guards ein britisches Flair bewahrt. Strangeways verbrachte insgesamt zwanzig Jahre in Amerika, davon einige in Washington, D. C. Ansonsten reist er viel in der Welt herum. In seinem Lebenslauf gibt es mehrere Perioden, von denen niemand weiß, wo er sich da aufgehalten hat. Ich werde versuchen, mehr darüber herauszufinden.«
»Seit wann ist er denn wieder in England?«, fragte Tweed. »Bei meinem letzten Besuch in den USA war er noch in Washington.«
»Er
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