Kaltgestellt
Sie Ausschau nach dem Turm des Münsters«, sagte Tweed. »Er ist so hoch, daß man von seiner Spitze aus die Vogesen als auch den Schwarzwald überblicken kann.«
»Wie ist denn Straßburg so?«
»Die Altstadt rings um das Münster ist ein Labyrinth aus Straßen und Gassen, und die Gebäude sind alle sehr alt. Sie stehen eng beieinander, ihre Giebel sind alle unterschiedlich hoch und viele sind aus Fachwerk und schon ein bißchen windschief. Das schönste Viertel ist Petite France, und dort werden wir wohnen.«
»Erwarten Sie etwas Besonderes im Hotel Regent?«
»Jedenfalls nichts Angenehmes, aber damit werden wir auch noch fertig werden.«
42
Paula war geradezu hingerissen, als Tweed im Zentrum von Straßburg über eine alte Brücke mit elegantem Eisengeländer fuhr und sie das Hotel Regent erblickte. Es war ein großes altes und nahezu quadratisches Gebäude, das von farbigen Scheinwerfern angestrahlt wurde und sich im Wasser eines Flusses spiegelte.
»Sieht so aus, als würde es eine Menge Brücken hier in Straßburg geben.«
»Der Fluß, der durch Straßburg fließt, ist die Ill«, erklärte Tweed. »Der Fluß und seine Kanäle waren früher wichtige Transportwege, und noch heute kann man auf diesem System von Wasserwegen bis zum Rhein gelangen. Im Sommer fahren hier viele Touristenboote. Ich hoffe bloß, daß das Regent noch genügend Zimmer für uns hat. Straßburg ist ja der Sitz des so genannten Europaparlaments, und wenn es tagt, dann schnappen einem die Abgeordneten mit den fetten Diäten die besten Zimmer weg.«
Paula strahlte, als sie die moderne und prächtige Hotelhalle betraten. Boden und Wände waren aus grünem Marmor und die hohe Decke wurde von weißen Säulen getragen. Das Licht kam aus in der Decke verstecken Punktstrahlern. »Wir hätten gern sieben Einzelzimmer, falls das möglich ist«, sagte Tweed zu der Frau am Empfang. Sie war äußerst gut aussehend und elegant gekleidet und wirkte ausgesprochen kompetent.
»Wir haben eine lange Fahrt hinter uns«, ergänzte Tweed. »Kein Problem«, sagte die Frau mit einem freundlichen Lächeln. »Ich habe schöne Zimmer für Sie alle. Wenn Sie sich bitte hier eintragen wollen.«
Nachdem Tweed die Formalitäten erledigt hatte, erwiderte er das Lächeln der Frau.
»Wenn ein Hoteldiener unsere Mäntel nehmen könnte, würden ein paar von uns gern direkt in die Bar gehen.«
»Selbstverständlich. Ich zeige Ihnen den Weg.« Paula und Tweed folgten Newman und Keith Kent, während Marler und seine Leute gleich auf die Zimmer wollten. Die Bar war, ebenso wie die Hotelhalle, modern, aber geschmackvoll. Wie nicht wenige exklusive Cocktailbars war sie mit bequemen roten Lehnsesseln ausgestattet. Als sie die Bar betraten, spielte ein Lächeln um Tweeds Lippen. An einem der niedrigen Tische saß ganz allein für sich Sharon Mandeville.
Marler war auf dem Weg zu seinem Zimmer, als eine Frau um die Ecke des Gangs kam. Es war Denise Chatel. Sie sah mitgenommen aus und trug eine schmale Aktentasche unter dem Arm. Als sie Marler sah, blieb sie stehen. »Hallo, Denise«, grüßte Marler. »Sie müssen wohl glauben, ich würde Sie verfolgen.«
»Tun Sie das denn?«, fragte Denise gereizt, bevor sie an ihm vorbeieilte. Ihr Gesichtsausdruck war kalt und ohne einen Anflug von Herzlichkeit. Marler zuckte mit den Achseln. »Ich schätze, die steht nicht mehr so auf dich wie früher«, flüsterte Nield.
Unten in der Bar ging Tweed direkt auf Sharon zu. Sie blickte auf und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Dann legte sie ihre Akte beiseite und stand auf, damit Tweed sie umarmen konnte.
»Gerade jetzt, wo meine Arbeit mich so entsetzlich anödet, kommen Sie hereingeschneit, und der Abend ist gerettet!«
»Sagen wir mal der späte Abend«, sagte Tweed, während er sich ihr gegenüber niederließ.
»Ach was, die Nacht ist noch jung. Wer weiß, vielleicht sitzen wir morgen früh noch hier.«
»Darf ich Ihnen Keith Kent vorstellen?«, fragte Tweed. »Keith, das ist Sharon Mandeville.«
»Wie schön, endlich einmal so einen kompetent aussehenden Mann kennen zu lernen. Ich frage mich, was wohl Ihr Beruf ist.«
»Ich bin im Bankgeschäft tätig.«
»Ah, ein Mann, der mit Geld umgehen kann. Geld regiert die Welt.«
»Manchmal ist es auch bloß die Gier nach dem Geld«, sagte Tweed. »Und wenn die gestillt ist, wird sie häufig von der Gier nach Macht ersetzt.«
»Sie sind ein alter Zyniker, Tweed«, sagte Sharon lachend. »Und zwar ein in der Wolle
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