Kaltgestellt
Funktion dieses Hebels nachdachte, spürte sie, wie eine weitere Welle der Angst in ihr aufwallte. Paula unterdrückte die aufkommende Panik und konzentrierte sich ganz darauf, Zeit zu gewinnen.
»Jetzt komm schon, Baby. Schwing die Hufe!« Er zog so fest an der Kette, daß Paula fast hingefallen wäre. Nur mit Mühe erlangte sie das Gleichgewicht wieder und machte ein paar langsame Schritte nach vorn. Als sie fast unter dem Balken angelangt war, kam der Glatzkopf auf sie zu. Ehe sie sich’s versah, hatte er ihr die Kette einmal um den Oberkörper gewickelt.
»Ich rede nicht, wenn Sie mich so einschnüren«, fauchte sie. »Halt deinen dummen Weibermund. Du wirst dich noch um Kopf und Kragen reden.« Ohne die Kette loszulassen, ging er zu einem Tisch in der Nähe, auf dem ein Eimer mit Wasser und ein Glas standen. Er tauchte das Glas in den Eimer und trank einen Schluck. Er fuhr mit seinen fleischigen Lippen langsam um den Rand des Glases herum und schüttete dann den Rest des Wassers Paula ins Gesicht. Paula zuckte zusammen. Der Ekel davor, mit einer Flüssigkeit in Berührung zu kommen, die dieser widerwärtige Kerl mit den Lippen berührt hatte, kam ihr viel schlimmer vor als das kalte Wasser, das ihr die Brust des Abendkleids durchnäßte. Der Glatzkopf trat wieder auf sie zu und schlang ihr die Kette so um beide Fußknöchel, das sich zwischen ihren Beinen ein etwa dreißig Zentimeter langes Stück frei hängende Kette befand. Paula fühlte sich wie eine Gefangene in einem Straflager. Ich könnte den Dreckskerl eigenhändig erwürgen, dachte sie während ihre Wut mit Macht zurückkehrte. Der Glatzkopf baute sich mit dem Ende der Kette in der Hand direkt vor ihr auf. Hämisch grinsend strich er ihr mit der Hand über die Wange. »Na, wie fühlst du dich, Baby?«
»Lassen Sie mich in Ruhe«, zischte Paula. »Aber, aber. Wer wird sich denn gleich so aufregen?«
»Ich sage nicht ein Wort, solange ich so gefesselt bin.«
»Ach ja? Vielleicht sollte ich dir mal klarmachen, in was für einer Situation du dich hier befindest.« Der Glatzkopf schien die Sache sichtlich zu genießen.
»Die Kette um deinen Hals ist eine Schlinge, die sich immer weiter zusammenzieht, bis du jämmerlich erstickst. Ich würde dir also dringend empfehlen, mir ein paar meiner Fragen zu beantworten und mich nicht in Rage zu bringen.« Der Glatzkopf bewegte geräuschvoll die Lippen und spuckte Paula mitten auf die Brust. Paula mußte sich zusammennehmen, um nicht vor Ekel zusammenzuzucken. Diese Genugtuung darfst du dem Schweinehund nicht geben, dachte sie. Der Glatzkopf trat einen Schritt zurück und warf das Ende der Kette, das er in der Hand hielt, um den Balken über ihren Köpfen. Als er es wieder ergriff und strammzog, erkannte Paula, was er vorhatte.
»So, dann wollen wir mal mit unserer kleinen Quizshow anfangen«, sagte er.
»Du kennst das ja vom Fernsehen: Ich frage und du antwortest. Kapiert?«
»Ich rede nur, wenn Sie mich zurück zu der Couch bringen.«
»Hör sich mal einer die gnädige Frau an! Will doch glatt Bedingungen stellen. Hast du mir etwa nicht zugehört, Schlampe?« Der Glatzkopf trat auf Paula zu und boxte sie in die Rippen. Sie biß die Zähne zusammen und reagierte nicht. Da er mit der Hand geschlagen hatte, in der er auch die Kette hielt, war der Hieb nicht besonders fest gewesen. Nun rückte er ein paar Schritte von ihr ab. Paula spannte weiterhin die Muskeln, um wieder in Form zu gelangen. »Wie heißt dein Boss?«, fragte ihr Entführer sie unvermittelt. »Benson.«
»Was bist du nur für ein böses Mädchen! Lügst den lieben Quizmaster an. So was tut man nicht.« Der Glatzkopf zog ruckartig an der Kette. Paula wurde hochgerissen und schwang mit den Füßen wenige Zentimeter über dem Boden an der Kette. Sie hatte bereits damit gerechnet und mit beiden Händen an ihren Hals gegriffen. Sie konnte verhindern, daß sich ihr die Kette ganz um den Hals schnürte und sie würgte. Der Glatzkopf zog so lange an der Kette, bis sie mit dem Kopf knapp unterhalb des Balkens hing.
»Kling, Glöckchen, klingelingeling«, sang er völlig daneben. Die Kette schnitt sich Paula tief in die Handflächen ein. Der Schmerz war kaum mehr auszuhalten. Dann tat der Glatzkopf etwas, womit sie ebenfalls gerechnet hatte. Er ließ die Kette plötzlich los, und Paula raste hinunter auf den Hallenboden. Sie federte den Aufprall in den Knien ab, wie sie es im Trainingslager in Surrey gelernt hatte. Als sie sich wieder aufgerichtet
Weitere Kostenlose Bücher