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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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seiner Klienten - und jedes Widersachers - zu kennen: Mädchenname der Mutter, wann sie ihre Milchzähne, ihren ersten Job und ihre Unschuld verloren hatten. Er hatte wahrscheinlich früher als irgendwer sonst gewusst, dass Dushawn Upton dazu fähig war, eine schwangere Frau ermorden zu lassen.
    Er würde die Geschichte meiner Beziehung mit Bennett im Handumdrehen parat haben. Er wusste nun, dass mein Vater Edward Estes war. Er wusste wahrscheinlich, dass
mein Vater Bennetts Strafverteidiger gewesen war. Es war nicht schwer, die Teile zusammenzusetzen. Mein Leben war ein Puzzle für Kinder ab neun.
    »Mr. Brody hat beschlossen, eine Belohnung für Informationen auszusetzen, die zur Verhaftung von Irina Markovas Mörder führen«, sagte ich zu Bennett.
    »Gute Idee«, sagte er und sah seinen Freund an.
    Eine irgendwie merkwürdige Antwort, dachte ich. Eine gute Idee, weil es dem Fall nützte, oder weil es den Verdacht ablenkte? War Jim Brodys großzügiges Angebot die Version des Alibi-Clubs von O. J. Simpsons Jagd auf den wahren Mörder? In diesem Fall konnte er die Belohnung so spektakulär gestalten, wie er wollte, da er wusste, er würde sie nie auszahlen müssen.
    »Du kannst den Scheck genauso gut gleich auf Elena ausstellen«, sagte Bennett. »Sie behauptet, sie hat einen Riecher für solche Dinge.«
    »Welche Dinge meinst du?«, fragte ich, und es gelang mir nicht ganz, die Schärfe aus meiner Stimme herauszuhalten. »Dass ich einen Verbrecher erkenne, wenn ich einen sehe?«
    Die Bedienung kam mit seinem Drink und ließ ihm dieselbe Behandlung zuteil werden wie Barbaro. Bennett schob die Sonnenbrille über die Stirn und schenkte ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit, aber in seinem Blick lag eine Kälte, die mir eine Gänsehaut verursachte.
    »Elena war Detective bei der Polizei«, sagte er, den Blick auf den Hintern der sich entfernenden Bedienung geheftet.
    »Bist du überrascht, dass ich das weiß?«, wandte er sich schließlich mir zu.

    »Es überrascht mich, dass es dich überhaupt interessiert«, sagte ich gelangweilt. »Soll ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?«
    Brody legte seine Zigarre beiseite und sah mich an. »Eine Detective? Welches Dezernat - Mord?«
    »Drogen.«
    »Oh, nein«, sagte Bennett emotionslos. »Jetzt habe ich deine Tarnung kaputt gemacht.«
    »Ich brauche keine Tarnung. Ich habe nichts zu verbergen«, sagte ich. »Abgesehen davon arbeite ich nicht mehr bei der Polizei.«
    »Wieso bist du dann hier?«, fragte er spitz.
    »Ich wurde wegen meiner charmanten Gesellschaft und meiner schlagfertigen Antworten eingeladen. Warum bist du hier - außer um deine Leber mindestens den dritten Tag in Folge in Wodka einzuweichen?«
    Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Barbaro unglücklich oder wütend oder beides aussah.
    »Es wundert mich, dass du nicht zur Abteilung für Sexualstraftaten gegangen bist«, bemerkte Bennett. »So wild wie du auf dieses Thema bist.«
    Barbaro beugte sich vor und hob beide Hände.
    »Genug«, sagte er ruhig. »Wir sind alle nicht hier, um uns den Tag zu verderben.«
    »Ich habe nicht angefangen«, sagte Bennett gereizt.
    »Nein. Du bist nie für etwas verantwortlich«, erwiderte ich. »Du lässt einen fahren, und Schuld hat jemand anderes.«
    »Du lieber Himmel«, sagte Brody. »Ihr beide hört euch an, als ob ihr verheiratet wärt.«
    Ich wandte den Blick von Bennett, holte tief Luft und versuchte,
mich zu zügeln. Ich bin mir selbst immer der ärgste Feind gewesen. Ich hätte ihm gegenüber gelassen bleiben sollen. Ich hätte wenigstens so tun sollen, als könnte er mich nicht aufregen. Aber meine Gefühle in Bezug auf Bennett Walker waren wie ein eiternder Abszess sehr lange in mir eingeschlossen gewesen. Wer behauptet, die Zeit würde alle Wunden heilen, hat keinen blassen Schimmer.
    »Nein«, entgegnete ich Brody und bemühte mich zu lächeln. »Diesem Schicksal bin ich knapp entgangen.« Ich erhob mich aus meinem Sessel. »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber«, sagte ich. »Immerhin bin ich nicht Mitglied im Club, oder?«
    Falls einer von ihnen den Doppelsinn bemerkt hatte, ließ er sich nichts anmerken. Ich hatte bereits ein paar Schritte in Richtung Tür gemacht, als Brody rief: »Gehen Sie nicht wegen ihm.« Er fuchtelte mit seiner Zigarre in Richtung Bennett.
    »Schon gut, Jim«, sagte Bennett. »Es ist nicht das erste Mal, dass Elena davonläuft.«
    Ich hätte ihn am liebsten geohrfeigt. Ich hätte ihn gern gewürgt, wie er Maria Nevin vor zwanzig Jahren

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