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Kaltstart

Titel: Kaltstart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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sein. Der Händler, der mich mit einem kaputten Gerät zu überzogenem Preis betrogen hat, ist 250 Kilometer entfernt. Ich könnte ja ins Saarland fahren, um ihm den Scanner quer in den Hals zu stecken. Oder ich könnte einen vollen Monat warten, bis de Hersteller selbst in die Gewährleistung eintritt. Nur habe ich dafür keine 550 DM gezahlt. Ich sehe noch einmal im Telefonbuch nach. Es gibt eine Filiale des Elektromarkts in Stuttgart. Keine 30 Kilometer entfernt. Ich entschließe mich zu einer Reise nach Stuttgart. Aber weil ich ein gewiefter Reklamierer bin, rufe ich vorher noch in Stuttgart an, und vergewissere mich, dass meine Ansprüche anerkannt werden. Der Mann am Telefon ist sehr locker. Selbstverständlich sei dem so. Da gerade kein Gerät der gleichen Bauart vorhanden sei, bekäme ich natürlich mein Geld zurück, sofort und auf der Stelle.

    Gutgelaunt sitze ich im Zug. Es ist ein schöner Herbsttag, und goldene Sonnenstrahlen fallen schräg durch die Fenster ein. Ich werde meinen Scanner reklamieren, das Geld zurückerhalten, und mir in aller Ruhe vor Ort ein Alternativmodell aussuchen. So geht das. Ich bin mit dem Leben versöhnt.

    Der Mann mit dem ich am Telefon gesprochen habe, ist leider nicht da. Das macht aber nichts. Denn natürlich wird man mein Gerät austauschen oder mir den Kaufpreis zurückerstatten, vorausgesetzt, ich unterhalte mich mit dem Geschäftführer. Der Geschäftsführer hat gerade eine Etage höher zu tun, und ich klettere mit meinem Paket die Treppen hinauf. Der Geschäftsführer ist sehr beschäftigt, aber schon nach einer knappen halben Stunde kann er sich mir widmen. Er lächelt ein trübes und rotnasiges Alkoholikerlächeln, und als ich ihm meinen Casus geschildert habe, schüttelt er bedauernd den Kopf. Er könne mir leider gar nicht helfen.

    Nein, nein , sage ich beschwörend, man hat mir am Telefon gesagt, dass ich hier den Scanner umtauschen oder das Geld wieder mit nachhause nehmen kann.

    Das war ein Irrtum. Das muss Ihnen jemand gesagt haben, der sich nicht auskennt. Sehen Sie, die Märkte im Saarland haben zwar denselben Namen wie unserer hier, aber sie gehören nicht zum selben Unternehmen. Sie saarländischen Märkte gehören zu ALDI, während wir zur REWE-Handelsgruppe gehören.

    Vielleicht war es auch Grosso und Tengelmann, so genau schneide ich das nicht mit. Alles dreht sich. Ich denke, der Mann redet irre. Die Firmen heißen gleich, verkaufen dasselbe und benutzen dasselbe Logo in gelb und schwarz, aber sie haben nichts miteinander zu tun? Ein Blick in die Augen des alkoholischen Geschäftsführers, und mir wird klar: Er meint es ernst. Ich brauche nicht zu widersprechen. Gott diskutiert ja auch nicht über die Schwerkraft. Niemals.

    “Ich kann das Gerät zur Reparatur annehmen. Kulanzhalber. Dann bekommen Sie in zwei Wochen Ersatz.”

    Ich kenne diese zwei Wochen. Es sind die klassischen zwei Reparaturwochen, die eigentlich nicht “14 Tage à 24 Stunden” meinen, sondern ein sehr elastisches, wie Gummi dehnbares Zeitmaß aus dem relativistischen Service-Universum, das sich ein verrückter, bis dato unbekannter Bruder von Albert Einstein ausgedacht hat. Es vergehen zwei Wochen, dann vier, dann sechs. Dann ist das Austauschgerät da. Ich fahre nach Stuttgart und hole es ab. Auch gut, denke ich, jetzt wird gescannt. Ich komme nach Hause, und schließe das Gerät an. Zuerst will ich es nicht wahrhaben, aber dieser Scanner erzeugt keine grünlichen und verkratzten Bilder, sondern gar keine. Reaktion: Null. Wird nicht erkannt. Scannt nicht, tut nichts, sitzt einfach da und wartet auf den Vorschlaghammer, der ihn in tausend Fetzen haut. Ich rufe den bekannt guten Service der Herstellerfirma an. Nach knapp vierzig Minuten und vier kostspieligen Kurzurlauben in der Warteschleife werde ich zu einem Techniker durchgestellt. Er hat einen starken niederländischen Akzent und ist sehr freundlich. Er hört sich mein Problem geduldig an, und forscht dann in einer Techniker-Datenbank nach seiner Ursache. Wie er sehr bald herausfindet, ist der niegelnagelneue, brandheiße USB-Scanner mit den Steuersätzen der USB-Schnittstelle in meinem Computer nicht völlig kompatibel, so dass es zu “random behaviour” kommen kann: mal tut er, mal tut er nich. Meiner tut nich. Die einzige Abhilfe besteht in Kauf und Installation einer speziellen USB-Schnittstellenkarte, die garantiert mit dem Scanner funzt, er nennt mir Hersteller, Bezugsort, Preis. Ich komme mir mittlerweile vor

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