Kammerdiener gesucht
paßte, da er selten fröhlich und guter Laune ist. Aber ein treuer Freund ist er für mich, Kuno. Vielleicht wissen Sie, wie selten und wertvoll treue Freunde sind?« Achim hatte zuletzt ernst gesprochen, und Kuno wußte nicht so recht, was er dazu sagen sollte. Doch enthob ihn Mary der Antwort. Sie erschien, reizend sommerlich, aber schlicht angezogen. Natürlich mußten nun Castor und Pollux erst mal frenetisch bellen, besannen sich dann aber auf ihre guten Manieren und akzeptierten das neue Frauchen, welches sich zuerst mit einem Keks bei ihnen einschmeichelte.
»So, Achim, da bin ich. Bitte, Kuno, bringen Sie jetzt den Tee.« Kuno stob davon, Freude im Herzen, weil das »schöne Kind« doch nun wirklich immer reizender aussah. Eine durchaus angenehme, wenn auch vielleicht komplizierte Zugabe zu der ganzen Situation hier, da die reizende Erscheinung von Fräulein Bergemann ihn nichts, aber auch gar nichts anzugehen hatte.
»Was siehst du so amüsiert aus, Mary?«
»Unser neuer Kammerdiener macht mir Spaß. Ich muß dir von seiner ersten Begrüßung erzählen, dann wirst du auch lachen.«
Als Kuno, gekonnt und sicher, mit dem Tee erschien, das Körbchen mit dem in weißer Serviette verwahrten warmen Toast neben Mary stellte und dann einschenken wollte, winkte sie mit freundlichem Dank ab. »Das mache ich selbst, Kuno. Sie können jetzt gehen. Brauchen wir etwas, dann klingele ich.« Also ging Kuno, der ein sanftes Rühren in seinem Magen verspürte (oder sollte es in seinem Herzen sein?) und glaubte, nun Anrecht auf eine Tasse guten Kaffee zu haben - mit hoffentlich gut bestrichenen Broten. Hunger und dann noch all das Neue und doch Vertraute hier - das war doch ein bissel viel für einen Mann.
Mary bediente den Bruder liebevoll, der leicht amüsiert sagte: »Haltung hat er, unser Kammerdiener, gut sieht er auch aus, dumm ist er bestimmt nicht, und dann müssen wir ihm sehr dankbar sein, daß er uns diese beiden hier brachte.«
»Sind wirklich ausgesucht schöne Tiere. Wäre nur zu klären, wer Castor und wer Pollux ist.«
»Ich studierte sie schon ein wenig und probierte, sie gesondert zu rufen. Der hier mit dem länglichen braunen Fleck über den Augen ist Castor, und der dort, welcher sich so hingebungsvoll mit deinen Häppchen beschäftigt, ist Pollux. - Und was hast du oben in der Bibliothek gemacht?«
»Aufgeräumt. Erst wenn man anfängt, Bücher einzuordnen und zu registrieren, merkt man, wieviele es sind. Aber unsere mitgebrachten Bücher finden gut Platz. Ich habe eine ganze Seite in der Bibliothek dafür frei gemacht. Die Bücher, welche du für deine Arbeit brauchen wirst, stellte ich in das unterste Fach. Ich hoffe sehr, daß mir Michel Brunnig beim Schreiben des Kataloges helfen wird. Übrigens, Achim, ich denke, du bist mir deshalb nicht böse, aber ich habe diese beiden scheußlichen Maya-Schnitzereien in dein Schlafzimmer gestellt. Ich will sie nicht täglich sehen.«
Achim legte seine Hand wie tröstend auf die ihre. »Immer noch nervös, noch immer voll Angst und Schrecken?«
»Niemals werde ich die furchtbare Stunde vergessen, die mit diesen Holzgötzen zusammenhängt! Du kannst es ja auch nicht, Achim, du bist nur überlegener, abgeklärter als ich. Auch hast du die allerletzte Tragödie nicht mehr gesehen. Und das, glaube mir, war das Furchtbarste: du und er, ineinander verkrampft, plötzlich den Abhang hinunter stürzend -« Mary beugte sich vor, hielt ihre Hände vor die Augen, und ein trockenes Schluchzen schüttelte sie. Dann aber beherrschte sie sich, mühte sich um ein Lächeln und blickte Achim voll Liebe an. »Du lebst, Bruder, bist bei mir, und er -«
»Das gerechte Schicksal hat ihn getroffen. Lassen wir also diese häßlichen, aber sagenhaft wertvollen Mayagötzen in meinem Schlafzimmer verschwinden. Warum sollen sie dich immer wieder schrecken?«
»Verkaufen willst du sie nicht, Achim?«
»Noch nicht, denn ich bin mir über den realen Wert dieser beiden Stücke noch nicht klar, hoffe aber im Laufe meiner Arbeit soweit zu kommen. Dann biete ich sie wohl am besten einem Museum an, denn Privatleute werden solche Schreckgespenster kaum erwerben. So, nun beschließen wir dies unerfreuliche Thema, und sie sind für dich einfach nicht mehr da. Michel wird mir helfen, daß ich sie so sorglich wie möglich behandle. Unser Rübezahl versteht sich auf so etwas ausgezeichnet. Also, Schluß mit Bedrückendem! Erfreuen wir uns unserer schönen Umgebung, der prächtigen, leicht
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