Kammerdiener gesucht
Franz. Nun denn, man wird sich daran gewöhnen.«
»Von Herrn Professor erlaube ich mir zu berichten, daß er bei der Teemahlzeit recht heiter war. Sonst kann ich leider nichts Näheres berichten, da ich heute erst meinen Dienst hier angetreten habe.« Verflixt, die Strippen des Kartons drohten zu reißen, also mußte Kuno sich entschließen, das Unding wie ein Wickelkind an sich zu drücken. Kammerdiener zu sein war doch nicht ganz so einfach, wie er geglaubt hatte.
Nachdem er dann devot und korrekt den Gast zu Achim und Mary geführt hatte, beeilte er sich, Hedrich zu Tantilein zu schicken, damit diese nicht wirklich noch einen Gewitterregen erleben mußte. Als das getan, ging er von Emma begleitet zum Turmzimmer im zweiten Stock, welches einst sein eigenes Reich gewesen war und wo nun Knetterich oder Rübezahl oder Brummig schlafen würde. Stille und geruhsame Nächte wünschte er dem nicht!
Er hatte das Bett gerichtet, die Handtücher deponiert und betrachtete nun kritisch den desolaten Pappkarton. »Der Alte könnte sich auch mal einen anständigen Koffer kaufen. Schon Ostern, als er zu Besuch hier war, kam er mit dem Ding an. Nicht auspacken, der faucht sonst wie ein gereizter Kater!« wehrte sie Kuno ab, der sich kammerdienerlich betätigen wollte. Erschrocken ließ er von dem Karton ab und sah Emma an. »Man muß halt mit dem Tick von den Gästen Verständnis haben. Lernen Sie alles noch. Also, dann gehen wir runter, und Sie können mit dem Tischdecken anfangen.«
»Und wann beginnt hier das Privatleben der Angestellten?«
»Für uns nach dem Abendessen, für Sie, wenn der Herr Professor in sein Schlafzimmer verschwindet. Sie kommen dann noch ein bissel in die Leutestube. Da sitzen wir gemütlich zusammen und schwatzen.«
»Schön, wird gemacht. Sagen Sie Lina indessen, sie soll mir 'ne ordentliche Wurststulle richten, mir knurrt der Magen.«
»Ach so - und ich dachte, das wär Ihr Herz, was da klopfte!« lachte Emma zurück.
Herzlich war die Begrüßung der Geschwister für den alten Freund Michel Brunnig. Und merkwürdig - hier auf einmal war er gar nicht mehr brummig, sah vergnügt aus, kniff die gescheiten Augen zusammen, während er Marys Hände tätschelte und erklärte:
»Ist doch das Mädel beim Himmel wieder hübscher geworden! Aber du, alter Freund, siehst noch nicht gerade so aus, als ob du Bäume fällen möchtest. Hast dir da so'n komisches Stück Kammerdiener zugelegt - wollen denn die müden Knochen nicht parieren?«
»Leider noch immer noch nicht so, wie ich es mir wünschte. Aber ich hoffe, daß mir der von dir als komisch benannte Kammerdiener diese und jene Erleichterung schaffen wird. Und was sagst du zu dieser Neuerwerbung?« Lächelnd deutete Achim auf Castor und Pollux, die ganz gegen ihre Rassegewohnheit Michel nicht angebellt hatten, sondern ihn nur beschnüffelten. Und er roch gut, der brave Brunnig. Er beugte sich nieder zu ihnen, kraulte sie gerade richtig am besten Fleckchen hinter den seidenweichen Dackelohren, und eine langjährige Freundschaft war geschlossen.
»Schau an, sie mögen mich!« Ein beinahe rührendes Lächeln kam auf das verknitterte Gesicht Michel Brunnigs, als er sich wieder aufrichtete. »So also wäre ich wieder einmal bei euch. Immer schöner finde ich es hier, friedlicher. Ich bin euch beiden von Herzen dankbar, daß ihr mich gerufen habt. Ist Arbeit für mich da?«
»Oh, Michel Brunnig, viel Arbeit wartet auf dich. Ich habe mit meinen unzulänglichen Kenntnissen angefangen, die Bibliothek zu ordnen, aber ich muß gestehen, dieser Sache wohl nicht gewachsen zu sein.«
»Gut so, Mädel, dann bin ich ja nicht fehl am Platz. Mir paßt es doch gar nicht, daß die mich in München pensionierten. Was soll ich denn nur mit meiner vielen Zeit anfangen? Vielleicht noch mehr Krach mit der Nachbarschaft? Wundert euch ja nicht, wenn es hier Krach geben sollte - denn der Besuch für eure Köchin ist ausgerechnet meine Nachbarin aus München, mit der ich mich dauernd herumzanke.«
»Bitte schön, wenn es dich beruhigt und du dich hier um so wohler fühlst, zanke dich weiterhin mit ihr. Ich vermute also, daß Linas avisierte Freundin Frau Sörensen im nämlichen Bus ankam wie du.«
»Leider, sage ich - leider kam sie gleichzeitig hier an. Sehe ich die nun zu jeder Tageszeit?«
»Falls du nicht den Hang zum Küchenpersonal in dir entdeckst, wüßte ich nicht, was Linas Freundin mit dir für Berührungspunkte haben sollte.«
»Achim, du kennst sie nicht!
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