Kammerflimmern
auf.
»Mensch, Paul, überleg doch mal. Sie hat bei der IHK gearbeitet und wird erschossen. Ein halbes Jahr später wird der Justiziar der IHK ermordet und der, dem man die Sache in die Schuhe schieben will, mit der gleichen Kanone erschossen wie sie. Wenn das nicht eindeutig ist?«
»Du meinst, Patzke musste sterben, weil man ihm den Mord an Goldberg anhängen wollte? Wir sollten nach dem offensichtlichen Verdächtigen suchen, obwohl er schon längst tot gewesen ist?«
Er stützte den Kopf auf die Hand und sah seinen Kollegen skeptisch an.
»Das wäre ein Plan, der an Perfidie kaum zu überbieten ist.«
»Aber durchaus denkbar. Und vielleicht hatte die alte Hainmüller ja nur irgendwas mitgekriegt, was sie besser nicht mitgekriegt hätte. Wenn man bedenkt, dass zwei leitende Mitarbeiter ermordet wurden, aus welchen Gründen auch immer, dann machen die Mörder doch mit einer 400-Euro-Kraft kein großes Federlesen.«
Lenz dachte einen Moment nach.
»Keine schlechte Theorie, Thilo. Jetzt, wo wir wissen, dass es durchaus eine Schnittstelle zwischen den beiden Fällen gibt, nämlich die IHK, müssen wir auch bei denen …«
Er wurde unterbrochen, weil jemand anklopfte.
»Herein«, antwortete Hain.
Rolf-Werner Gecks öffnete und betrat mit Heini Kostkamp im Schlepptau das Büro. Gecks sah sich um und legte die Stirn in Falten.
»So gut wie ihr hätte ich es auch gerne. Schön im Warmen sitzen und Akten abstauben. Leider ist mir das nicht vergönnt, deswegen muss ich durch die Ämter der Stadt ziehen und unter schwierigsten Bedingungen die Informationen zusammentragen, die am Ende die Aufklärung des Falles einleiten.«
Lenz und Hain sahen sich verwirrt an.
»Was er wohl will?«, fragte Lenz seinen Kollegen.
»Er will euch erzählen, wer der Mieter der Wohnung ist, in der die Frau gewohnt hat, Roswitha Krauss.«
»Und?«
Gecks zog das Verschlussgummi einer Kladde zurück, klappte sie auf und begann zu lesen.
»Mieter der Wohnung ist eine Firma aus Lohfelden, obwohl das eigentlich unwichtig ist, denn wem diese Firma gehört, das ist das wirklich Interessante.«
Damit sah er fragend in die Runde. Lenz nickte auffordernd mit dem Kopf.
»Sollen wir jetzt raten, oder was?«
Gecks klappte die Akte wieder zu.
»Die Wohnung wurde vor einem halben Jahr von der Anlagevermittlungs-GmbH aus Lohfelden angemietet, die in der Kapitalanlagebranche tätig ist. Geschäftsführer ist ein gewisser Roman Rudakow. Einziger Gesellschafter dieser Firma ist allerdings die BBE.«
Lenz stand auf, nahm ihm die Kladde aus der Hand und las noch einmal, was sein Kollege ihm soeben erzählt hatte. Dann sah er in die Runde.
»Das wird ja immer besser. Jetzt können wir Blochin sogar eine direkte Verbindung zu Siegfried Patzke nachweisen.«
»Und damit auch zu Goldberg«, ergänzte Heini Kostkamp und hielt einen Klarsichtbeutel hoch, »denn wir haben in Goldbergs Wagen einen Zettel mit der Telefonnummer von dieser Roswitha Krauss gefunden.«
»Moment mal, Moment mal«, bremste Hain, »das würde ja bedeuten …«
Er sprach nicht weiter, sondern versuchte offensichtlich, die neuen Informationen zu verarbeiten.
»Während Thilo überlegt, kann ich euch schnell erzählen, dass Hedwig Hainmüller bis zu ihrer Ermordung bei der IHK gearbeitet hat«, erklärte Lenz seinen Kollegen.
»Als was denn?«, wollte Gecks wissen.
»Darum haben wir uns bis jetzt nicht kümmern können, machen wir aber heute noch«, antwortete Lenz und wandte sich an Kostkamp.
»Sonst noch was gefunden, Heini?«
»Einiges. Da wären jede Menge Fingerabdrücke, aber bevor du fragst, der mit der Narbe war nicht dabei, das habe ich gleich kontrolliert. Und ein Mobiltelefon lag im Handschuhfach, natürlich war der Akku leer. Wir laden ihn gerade auf und schauen, was es uns dann verrät. Vielleicht hat er ja Nummern gewählt, die für uns von Interesse sind. Außerdem haben wir auf der Rückbank eine Ledertasche gefunden, in der ein paar Blätter steckten, alle in kyrillischer Schrift beschrieben. Der Dolmetscher ist schon dabei, es zu übersetzten.«
»Schön. Wenn du mehr weißt, meldest du dich.«
»Wie gehabt«, bestätigte Kostkamp und verabschiedete sich.
Gecks nahm seine Kladde in die Hand und griff zur Türklinke, drehte sich dann aber noch einmal um.
»Was ich nicht verstehen kann, ist, dass dieser Patzke sich eine 60-Jährige als Geliebte gehalten hat. Das hätte er doch bestimmt zu Hause billiger haben können, oder?«
Lenz schüttelte den
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