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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gibert
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werdenden Brechreiz unterdrücken. Auf Höhe des Auestadions bog er rechts von der Frankfurter Straße ab und fuhr auf den großen Parkplatz hinter der Wendeschleife der Straßenbahn. Dort stieg er aus, sah sich kurz um und übergab sich in ein Gebüsch.
    Eine Minute später lehnte er am linken vorderen Kotflügel des Autos, wischte sich mit einem Taschentuch das Gesicht und die Hände ab und betrachtete das Treiben an der Stadionkreuzung. Der Brechreiz war weg, aber der Geschmack in seinem Mund war um keinen Deut besser geworden. Seine Gedanken kreisten um die letzte halbe Stunde, und die einzige Frage, die er sich stellte, beschäftigte sich mit einem Anruf, den Blochin schon erledigt haben könnte oder auch nicht. Und ob er ihn überhaupt erledigen wollte, denn eine Erpressung funktionierte nur dann zur Freude des Erpressers, wenn ihm sein Druckmittel erhalten blieb.
    Es ist mir wirklich egal, ob er den OB anruft, dachte Lenz, ging um das Auto herum und sah im Handschuhfach nach, ob ein Kollege dort vielleicht eine Packung Zigaretten liegen gelassen hatte, doch die Ablage war leer. So konnte er nur sein Nikotinpflaster streicheln.
    Er schaltete sein Telefon an und wählte Hains Nummer, doch bevor er auch nur einen Ton sagen konnte, überzog ihn sein Kollege mit einer Schimpftirade.
    »Du hast sie wohl nicht mehr alle, Paul. Ich versuche seit deinem merkwürdigen Anruf, dich zu erreichen, und du schaltest einfach das Telefon aus, nachdem du mir irgendeinen Blödsinn von einem privaten Termin erzählt hast.«
    Der junge Oberkommissar war total sauer.
    »Hier rennen alle wie die Hühner durcheinander, weil Ludger zusammen mit den andern Abteilungen und dem Zoll eine Riesenaktion bei der BBE durchziehen will, und du verschwindest einfach von der Bildfläche. Jeder fragt nach dir, jeder sucht dich, und mir bleibt nichts anderes übrig, als für dich zu lügen. Was soll das denn?«
    Lenz fühlte sich wirklich schuldig.
    »Es tut mir leid, Thilo, ehrlich. Aber das, was ich zu erledigen hatte, war nicht aufzuschieben. Ich bin in ein paar Minuten im Büro, dann versuche ich, es dir zu erklären.«
    Natürlich dachte der Hauptkommissar nicht daran, seinem Kollegen von Maria Zeislinger und Blochins Erpressungsversuch zu erzählen. Vielleicht war das allerdings auch gar nicht mehr nötig.
    »Das hoffe ich«, erwiderte Hain, noch immer erbost, und beendete das Gespräch.
     
    Lenz stieg in den Wagen, wendete und fuhr wieder auf die Frankfurter Straße. Obwohl er wusste, dass sie in diesem Moment vermutlich mit einer Trockenhaube über dem Kopf in einem Friseursalon saß, versuchte er, Maria zu erreichen, bekam jedoch nur ihre Mailboxstimme zu hören und legte auf, ohne etwas zu hinterlassen.
     
    »Du willst mir erzählen, dass deine letzte Frau, die sich seit Jahren nicht bei dir gemeldet hat, plötzlich Sehnsucht nach dir gekriegt hat und du deswegen alle Ermittlungen stehen und liegen gelassen hast? Die dich mehr hasst als ein Schalker einen Dortmundfan? Ist nicht dein Ernst.«
    Lenz lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und schämte sich abgrundtief, seinen Kollegen zu belügen.
    »Doch, Thilo, sie war in einer Notsituation und brauchte mich kurz. Jetzt ist alles wieder gut.«
    »Ach, lass mich doch mit diesem Scheiß in Ruhe. Wenn du noch mal so eine Nummer abziehst, kannst du nicht mehr mit meiner Rückendeckung rechnen. Ich bin auch deshalb so enttäuscht von dir, weil ich mir ernsthaft Sorgen um dich gemacht hab. Du bist nämlich der Typ, den letzte Nacht zwei brandgefährliche Strolche mit Markierungsmunition abgeschossen haben.«
    Er zeigte Lenz einen Vogel.
    »Hier im Haus denken alle, dass du wegen dieser Geschichte am besten unter Personenschutz gestellt werden solltest, und du verschwindest einfach mal so. Das gibt’s doch gar nicht.«
    So sehr Lenz sich wünschte, sein Kollege würde etwas ruhiger werden, so wenig konnte er sich auf die Vorwürfe konzentrieren, weil er immer wieder daran denken musste, dass Blochin vielleicht gerade in diesem Moment zum Telefonhörer greifen und Zeislingers Nummer wählen könnte.
    »Und Ludger hat alle ins Boot geholt, damit wir Blochin richtig in den Hintern treten können?«, probierte er einen sanften Themenwechsel.
    »Versuch nicht, mich einzuwickeln, ich bin nämlich wirklich sauer«, gab Hain schnippisch zurück. »Aber wenn du schon so fragst, ja, für morgen früh ist …«
    Er brach ab, weil es an der Tür klopfte und Heini Kostkamp seine Nase hereinsteckte.
    »Na,

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