Kammerflimmern
Werden Sie nicht albern, Herr Lenz, Sie wissen genau, dass ich recht habe. Und ich kann Sie sogar verstehen, wenn ich mir die Dame ins Gedächtnis zurückrufe. Eine gute Wahl. Allerdings könnte ich auch Herrn Zeislinger verstehen, wenn er über diesen Vorgang nicht amüsiert wäre.«
»Blödsinn!«, zischte Lenz. »Wenn dieser Müll alles ist, worüber Sie mit mir reden wollen, hat sich die Fahrt hierher nicht gelohnt.«
»Nun beruhigen Sie sich, Herr Kommissar, und nehmen Sie Platz. Ich möchte Ihnen eine Zusammenarbeit vorschlagen und bin sicher, dass wir beide von meinem Vorschlag einen sehr großen Nutzen ziehen könnten. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Ich möchte weder sitzen noch Kaffee mit Ihnen trinken, Herr Blochin. Am liebsten würde ich Sie in Handschellen stecken und festnehmen, und diesen Spaß werde ich mir sicher irgendwann auch noch gönnen.«
Der Russe grinste feist.
»Übernehmen Sie sich nicht, Herr Polizist. Ich kann verstehen, dass Sie im Moment nicht entspannt sind. Bestimmt geht das mit Ihnen und Zeislingers Frau schon länger, und vermutlich konnten Sie diese kleine, schmutzige Romanze bis jetzt geheim halten, aber seit ein paar Tagen gibt es einen neuen Sheriff in der Stadt, und der bin ich. Sie können hier jetzt den großen Mann spielen, aber wenn wir uns nicht einigen, werde ich mit dem Oberbürgermeister gesprochen haben, bevor Sie wieder in Ihrem Wagen sitzen.«
»Sie bluffen.«
Wieder lehnte Blochin sich in seinem Stuhl zurück und lachte hämisch.
»Das ist so wie mit Ihrem jungen Kollegen und der Aufnahme. Ich glaube Ihnen, und auch Sie sollten mir besser glauben. Bevor das Ganze hier noch zu einer einzigen Glaubensfrage wird, lassen Sie mich Ihnen doch zunächst mein Angebot machen. Ich bin davon überzeugt, dass Sie nicht ›nein‹ sagen werden.«
Lenz atmete tief durch. Vor seinem geistigen Auge lief ein Film ab, in dem Maria und er die Hauptdarsteller waren und der bundesweit in allen Medien gespielt wurde. Eine kleine, nichtsdestotrotz aber sehr feine Nebenrolle war mit Erich Zeislinger besetzt, und Regie führte sein Dienstherr.
Es ist mir egal, dachte er und setzte sich.
»Ich höre.«
»Ah, so kann ich mit Ihnen arbeiten, Herr Lenz. So gefallen Sie mir gut.«
Blochin nahm den Apfel wieder in die Hand, biss ein großes Stück ab und kaute, während er sprach.
»Ich möchte Ihnen anbieten, für mich zu arbeiten, Herr Kommissar. Wir werden jeden Tag größer, unser Umsatz steigt von Monat zu Monat, mit einem Wort, wir wachsen. Das zieht natürlich Neider auf den Plan, und so habe ich mir überlegt, dass ich die Stelle eines Sicherheitschefs schaffen werde. Es sollte eine Ehre für Sie sein, dass ich dabei an Sie denke.«
Lenz sah ihn hämisch grinsend an.
»Sicherheitschef?«
»Allerdings. Ich zahle Ihnen das Doppelte von dem, was Sie jetzt verdienen, plus Boni. Sie bekommen einen Firmenwagen, den Sie sich selbst aussuchen können, und Personal, so viel Sie brauchen. Und Sie lernen die ganze Welt kennen.«
Nun veränderte sich der Gesichtsausdruck des Kommissars in Richtung fassungslos.
»Sie müssen total durchgeknallt sein, Blochin, anders kann ich das, was Sie hier abziehen, nicht deuten. Sie haben jeglichen Bodenkontakt verloren.«
Er stand ruckartig auf und warf dabei seinen Stuhl nach hinten um. Ohne davon Notiz zu nehmen, beugte er sich über den Schreibtisch.
»Ich garantiere Ihnen, wenn ich das nächste Mal hier auftauche, dann nehme ich Sie mit. In Handschellen.«
Damit richtete er sich auf, drehte sich um und ging auf die Tür zu. Blochin sah ihm nach und hob den Finger, um die Tür zu öffnen, zögerte dann jedoch einen Moment.
»Eine schöne Jacke haben Sie da an, Herr Kommissar«, sagte er hämisch.
Lenz blieb stehen, drehte sich um und sah dem Russen ins Gesicht. Dessen Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Und völlig unbefleckt. Achten Sie darauf, dass das so bleibt«, setzte er eiskalt hinzu.
In diesem Moment war Lenz froh, dass seine Dienstwaffe im Präsidium lag. Allerdings gab er sich selbst das Versprechen, in der nächsten Zeit nicht mehr ohne sie unterwegs zu sein.
»Lecken Sie mich am Arsch, Blochin. Und jetzt machen Sie diese verdammte Tür auf!«, zischte er den Russen an, und sein Tonfall hatte dabei etwas wirklich Angst Einflößendes.
26
Wie in Trance stieg er in den Dienstwagen, steckte den Zündschlüssel ins Schloss und verließ das Gelände. Er zitterte, diesmal vor Wut, und musste einen immer stärker
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