Kampf Dem Chaos
wir uns gleich nach dem Abendessen ins Schlafzimmer zurück. Dort zog ich ihr die Stiefel aus und massierte ihr den Rücken.
»Hilft das?«
»Das weißt du doch ganz genau. Du willst nur, dass ich es sage.« Ihre Stimme klang gedämpft, weil sie mit dem Gesicht auf dem Kissen lag.
»Wir Männer wollen einfach dauernd gelobt werden.«
Sie rollte sich auf den Rücken und deutete spaßeshalber einen Hieb an, den ich doch so ernst nahm, dass ich mich duckte. Wenn sie ernsthaft zugeschlagen hätte, hätte ich einen blauen Fleck zu bejammern gehabt.
»Vorsicht ... Ich bin nur ein schwacher Mann.«
»Schwach? Ha! So wie dich der Magier durchgebraten hat? Wer das aushält, ist nicht schwach.« Sie grinste, dann blickten ihre Augen in die Weite, auf einen Punkt in tausend Meilen Entfernung.
Nach langem Schweigen fragte ich: »Wie geht es dir? Du scheinst meilenweit entfernt zu sein.«
»Diese Vorbereitungen auf die Ankunft der Hamoraner – sie nehmen kein Ende.«
»Es scheint sich mehr um die Ankunft der Dämonen zu handeln.«
Krystal zog die Augenbrauen hoch und streckte sich ausgiebig auf dem Bett. »Bei der Dunkelheit, das tut gut, fast so gut wie eine Rückenmassage. Was meinst du mit der Ankunft der Dämonen?«
»In ganz Candar braut sich ein Chaos-Sturm zusammen. Preltar ließ sich Reisetruhen bei mir schreinern und hat nicht einmal um den Preis gefeilscht, obwohl er sonst zu denen gehört, die jeden Preis drücken müssen. Brene – Rissa hat von ihr erzählt – alle sind in Aufruhr. Aber so bald wird nichts geschehen.«
Krystal schüttelte den Kopf. »Es ist schon etwas geschehen. Die Bruderschaft hat den ersten Regenten ermordet – Rignelgio, und nicht Leithrrse. Auch haben sie mindestens drei hamorische Schiffe versenkt, Stahlschiffe, und eines davon hatte den hamorischen Flottenkommandanten an Bord. Nun ist Leithrrse an der Macht und er scheint zu wissen, was er tut. Gerade ist Renklaar gefallen und vermutlich hat sich das Wasser im Hafen so rot wie das hydlenische Banner gefärbt. Die Hamoraner sind mit weiteren tausend Soldaten in Freistadt gelandet und marschieren nun nach Hydolar. Montgren hat vor dem kaiserlichen Regenten kapituliert und der Vicomte von Certis seine Streitmacht aufgelöst.«
»Das ist schlimmer als ich dachte.« Ich hatte bisher nur an die Ausbreitung des Chaos gedacht, aber die Gewalt, die das Kaiserreich Candar antat, war von ebenso großem Ausmaß.
»Es wird noch schlimmer kommen.«
»Hat Leithrrse Kasee eine Nachricht zukommen lassen?«
Krystal schüttelte den Kopf.
Ich wartete, dann fügte ich hinzu: »Ich glaube, dass die Schwefelquellen vor zwei oder drei Achttagen explodiert sind. Die Chaos-Welle weckte mich mitten in der Nacht.«
»Es wurde berichtet, dass fast die Hälfte von Arastia durch Feuer und Dampf zerstört wurde. Der Fluss kocht immer noch.«
»Und auch das Rumoren des Chaos ist noch immer zu spüren.«
»Kannst du etwas dagegen tun, Lerris?«
»Ich wüsste nicht, was. Zu viel Chaos bedeutet auch zu viel Ordnung.«
»Zu viel Ordnung? So viel Ordnung kann doch niemals aus Recluce kommen.«
»Sie stammt auch nicht ausschließlich aus Recluce. Meine Eltern schickten mir einen Brief.«
»Wirklich? Ich bin froh, dass du ihnen geschrieben hast.« Sie grinste. »Tamra wäre auch froh. Ich habe weder von Justen noch von Tamra etwas gehört. Und du?« Krystal schüttelte den Kopf. »Ich bin müde, kann gar nicht mehr klar denken. Was haben deine Eltern geschrieben?«
»Meine Mutter hat den Brief verfasst, aber mein Vater sagte, dass das Gleichgewicht immer in beide Richtungen ausgleicht. Zuerst ist es mir komisch vorgekommen.«
»Das ist auch komisch.«
»Aber ich habe nachgedacht. Recluce hat die Menge an Ordnung in Candar und auch in Recluce beschränkt und damit auch die Menge an Chaos. Hamor benutzt Werkzeuge und Maschinen, um Ordnung neu zu schaffen ...«
»Und dadurch entsteht neues Chaos?«
»Ich glaube ja.«
»Dunkelheit steh uns bei.« Ihre Augen wanderten wieder in die Ferne, ich hielt nur ihre Hand und störte ihre Gedankengänge nicht.
Dann, als sie schon halb schlief, half ich ihr beim Ausziehen. Die ganze Nacht hindurch hielt ich meine Kommandantin fest und wurde dadurch vom Aufwall der Chaos-Kräfte unter Candar abgelenkt.
LXXIV
Östlich von Lavah, Sligo [Candar]
D er Mann in der gelbbraunen Uniform klopft drei Mal an die Tür der kleinen Kate. Hinter ihm und um das ganze Häuschen herum warten zwei Pferde mit leeren Satteln
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