Kampf für Freiheit
so hat es mein Vater nicht erzählt. So erzählen es auch die Leute nicht.«
»Natürlich nicht. Es haben zu viele ihren Ruf als Kriegsheld auf dieser Schlacht aufgebaut, da musste man doch einfach von einem großartigen Sieg über einen gefährlichen Feind erzählen. Crassus behauptete, er hätte uns besiegt. Aber Pompeius – der große Pompeius – erstattete in Rom Bericht und sagte, er hätte die Sklavenhorden bezwungen. Als Gefangener in seinem Lager habe ich gehört, wie er in seinen Reden den Männern erzählte, was für großartige Helden sie wären. Er war großzügig mit seinen Belohnungen und mit seinem Lob, und ich denke, dein Vater wird einer von denen gewesen sein, die dabei gut abgeschnitten haben. Kein Wunder, dass er bei der Version der Ereignisse geblieben ist, die der General bevorzugte.«
Marcus hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund. Er wollte nicht glauben, was Brixus ihm da erzählte.
»Natürlich war das Einzige, was Pompeius nicht zerstören oder besudeln konnte, die Inspiration, die Spartakus uns geschenkt hatte. Obwohl der Aufstand niedergeschlagen wurde und Spartakus dabei sein Leben verlor, lebt doch sein Beispiel in uns fort. Frag beinahe jeden Sklaven. Er ist unser heimlicher Held. Wir alle leben für den Tag, an dem sich ein neuer Spartakus erhebt, der unsere Ketten sprengt. Und vielleicht erringen beim nächsten Mal wir den Sieg und Rom wird gedemütigt.«
Er trank seinen Becher leer und schaute Marcus ins Gesicht. »Da. Du wolltest mehr wissen, und jetzt habe ich dir meine Geschichte erzählt. Nun muss ich sicher sein, dass du dieses Geheimnis auch wahrst.«
Wieder nickte Marcus feierlich. »Das mache ich. Ich schwöre es dir beim Leben meiner Mutter.«
Brixus schaute ihn einen Augenblick lang scharf an. »Das reicht mir. Gib mir deine Hand, junger Marcus.«
Marcus lehnte sich über den Tisch und streckte ihm die Hand hin. Er fühlte, wie Brixus’ knorrige Finger sich um seine schlossen. Sie schüttelten einander kurz die Hand und dann ließ Brixus ihn los.
»Das ist alles für heute. Du musst müde sein.«
»Ja, sehr.« Marcus erhob sich von seinem Schemel. »Danke für den Wein.«
Brixus lächelte und machte eine Handbewegung zur Tür.
Draußen verbarg Marcus den Kopf so gut es ging in seiner Tunika und marschierte rasch den kurzen Weg von der Küche zum Zellenblock. Die Wachen ließen ihn ein und verschlossen die Tür hinter ihm. Nachdem er im Halbdunkel sein Abteil gefunden hatte, zog sich Marcus die Stiefel aus, kroch auf seine Strohschütte und breitete gegen die Kälte seine zweite Tunica über sich.
Er schlief rasch ein, obwohl ihm immer noch die Gedanken über das, was Brixus ihm erzählt hatte, durch den Kopf spukten. Sein Schlaf war tief und traumlos, bis ihn jemand hart in die Rippen trat. »Steh auf! Steh auf, du Dieb!«
Marcus regte sich benommen. Er blinzelte zu der Fackel auf, die über ihm loderte. Der Mann, der ihn geweckt hatte, zerrte ihn nun auf die Füße.
Jetzt konnte Marcus erkennen, dass Amatus die Fackel hielt und dass Taurus, der oberste Ausbilder der Gladiatorenschule, ihm den schmerzlichen Fußtritt verpasst hatte.
»Was hast du damit gemacht, du Dieb?«
Marcus zwinkerte und schüttelte den Kopf. »Damit gemacht? Womit gemacht, Meister?«
»Mit der Hirschkeule, die du aus dem Lagerraum gestohlen hast.«
»Was?« Marcus schaute vom einen zum anderen. »Was für eine Hirschkeule, Meister? Ich schwöre, ich habe nichts genommen.«
»Lügner!« Taurus hielt einen Stiefel in die Höhe. Er sah alt und schäbig aus. Die Schnürsenkel waren zerrissen, und das Oberleder schlabberte hin und her, als Taurus den Schuh schwenkte. »Das ist deiner.«
Marcus starrte ihn an und schüttelte den Kopf. »Meine Stiefel stehen da drüben, Meister. Am Eingang zum Abteil.«
»Da stehen drei. Diesen hier haben wir vor Kurzem gefunden, als die Wache wechselte. Du hast ihn wohl zurückgelassen, weil du es so eilig hattest, damit dich keiner sieht, was? Wir haben ihn im Lagerraum gefunden, wo das Essen für die Saturnalien aufbewahrt wird. Das Schloss war aufgebrochen. Jemand hat Wein getrunken und die Hirschkeule gestohlen.« Er runzelte die Stirn und schnupperte. »Und du riechst nach Wein!«
Marcus spürte, wie ihm eine eiskalte Welle der Furcht über den Rücken lief. »Ich war es nicht! Das ist nicht mein Stiefel, ich schwöre es!«
»Halt den Mund, du Dieb!« Taurus hielt den Stiefel ins Licht der Fackel. »LVIII. Siehst du das? Das ist eines der
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