Kampf für Freiheit
noch nicht wissen: Ihr seid hierhergerufen worden, um die Bestrafung dieses Diebes mit anzusehen. Der Junge hat gestern Nacht Vorräte gestohlen. Er war so dumm, sich erwischen zu lassen. Inzwischen solltet ihr alle wissen, was die Strafe für Diebstahl ist. Dieser Morgen soll euch allen eine Warnung sein.« Er wandte sich an Amatus. »Bringt Eure Klasse vor. Bildet zwei Reihen!«
Amatus brüllte Befehle, und die Jungen traten rasch vor, um vor Marcus ein Spalier zu bilden. Das andere Ende war fünfzig Schritte entfernt bei den Palisaden an der gegenüberliegenden Umgrenzung des Geländes. Die Jungen standen einander gegenüber und sechs Fuß voneinander entfernt.
Sobald alle an Ort und Stelle waren, ging Amatus zu einem Weidenkorb, in dem sich massive Holzknüppel befanden. Er nahm einige heraus, hielt sie an die Brust gedrückt und kehrte damit zu seiner wartenden Klasse zurück.
»Einer für jeden!«, befahl er und blieb nacheinander vor den Jungen stehen, die sich mit Knüppeln bewaffneten. Ferax packte seinen und führte einen rabiaten Probeschlag aus, der donnernd auf den Kies zu seinen Füßen krachte. Dann schaute er zu Marcus und zwinkerte ihm zu. Als der letzte Knüppel ausgegeben war, stellte sich Amatus am hinteren Ende des Spaliers auf.
Taurus wandte sich an Marcus. »Zieh deine Tunika aus.«
Marcus stand dem Ausbilder gegenüber. Er hatte Brixus und den anderen Sklaven den Rücken zugekehrt. Dann fasste er nach unten und zog den Saum seiner Tunika in die Höhe, über die Taille und dann über die Schultern.
Taurus nahm ihm das Kleiderbündel ab und Marcus stand nun in Stiefeln und Lendenschurz vor ihm. Marcus hörte hinter sich einen leisen Laut der Überraschung und wandte sich um. Brixus starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
»Ruhe!«, brüllte Taurus. »Die Jungen in der Gasse, macht euch bereit! Und ich will nicht sehen, dass irgendjemand hier halbherzig vorgeht. Wenn der Junge an euch vorbeirennt, dann schlagt ihn, so hart ihr könnt. Wer nicht trifft oder zu schwach schlägt, wird gleich als Nächster durch die Gasse laufen. Ist das klar?« Er packte Marcus bei der Schulter und schob ihn zum Anfang der Reihe.
»Wenn ich drei sage, fangt ihr an.« Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Am besten rennst du wie der Teufel. Halte die Arme hoch, um deinen Kopf zu schützen. Kein Zögern und fall nicht hin. Wenn du fällst, bist du tot. Verstanden?«
Marcus nickte. Sein Körper bebte, von nackter Todesangst ergriffen.
»Dann macht euch bereit. Bei drei! Eins! Zwei! …«
»Halt!«
Mit wütendem Gesicht fuhr Taurus herum. »Wer zum Teufel hat das gesagt?«
Marcus schaute über die Schulter und sah, dass alle Sklaven ihren Blick auf Brixus gerichtet hatten. Der alte Koch schluckte aufgeregt und trat dann einen Schritt vor. »Ich war das, Meister.«
»Brixus? Wie kannst du es wagen? Wie kannst du es wagen, dich hier einzumischen?« Taurus ballte die Faust um seinen Stock aus Rebenholz und schritt mit finsterer Miene zu dem Koch. »Was soll das bedeuten?«
Brixus richtete sich zu seiner vollen Körpergröße auf und blickte dem obersten Ausbilder geradewegs in die Augen. »Der Junge ist unschuldig, Meister. Ich kenne ihn. Marcus ist nicht der Dieb.«
»Ach wirklich?«, knurrte Taurus. »Wie kommst du denn darauf? Oder warst du dabei und hast den Dieb gesehen? Nun?«
Brixus schaute ganz kurz zu Marcus hin. Dann rammte Taurus dem Koch seinen Stock in den Magen. Der Küchensklave krümmte sich stöhnend vor Schmerzen und sackte auf die Knie. Taurus beugte sich drohend über ihn. »Nun?«
»Ich war es.« Brixus japste nach Luft. »Ich habe das Fleisch gestohlen.«
Taurus erstarrte. »Was soll das? Du? Ich glaube dir kein Wort!«
»Es stimmt aber, Meister.« Brixus rang noch immer um Atem. »Ich war es. Der Junge ist unschuldig.«
Marcus schüttelte verdutzt den Kopf. Brixus sollte der Dieb sein? Während ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief, packten ihn Zweifel, und er fragte sich, warum Brixus wohl gesprochen hatte. Alle Augen auf dem Gelände waren auf Brixus und Taurus gerichtet. Nach langem Schweigen richtete sich der Ausbilder auf und stützte die Hände in die Hüften. »Nun gut. Wenn du es warst, warum hast du nun gestanden, da du doch ungeschoren davongekommen wärst, he?«
Brixus atmete tief ein und schaute zu ihm hoch. »Ich lasse es nicht zu, dass ein Junge Schläge für mich einstecken muss, Meister.«
»Warum nicht?«
»Ich habe meinen Stolz. Ich mag
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