Kampf um die Löwenburg
weg.
Wo war Lea? Er musste mit Lea reden! Florian hatte Glück. Sie kam ihm auf dem engen Gang entgegen. „Ich habe dich schon gesucht, Florian!“, sagte sie atemlos. „Onkel Dom ist wütend. Er hat gehört, dass du dich nicht an seine Regeln hältst, dass du im Dorf ein- und ausgehst, wie es dir gefällt.“
„Der Burgherr hat mich geschickt, ich bin nicht freiwillig gegangen.“
Lea sah sich rasch um. „Hier wird man überall belauscht. Gehen wir in deine Kammer.“
Florian schloss vorsichtig die Tür. Lea schaute aus dem Fenster und flüsterte: „Ich hab Angst um dich. Du bist wirklich … sehr nett.“
Florian wurde rot. „Warum sagst du einmal Onkel Dom, und dann wieder Onkel Nom?“
Lea blickte zur Tür. „Sein wirklicher Name ist Nominus. Er selbst nennt sich heimlich Dominus. Er will aber nicht, dass die anderen das hören. Er ist auch nicht mein Onkel. Nominus hat mich zu sich genommen, als meine Eltern gestorben sind. Die alte Britta, die unsere Kleider wäscht, hat mich aufgezogen. Ich wohne in einer Kammer neben der ihren. Manchmal fürchte ich mich vor Onkel Nom. Er hat viele dunkle Geheimnisse, du musst vorsichtig sein. Nominus führt etwas im Schilde, das weiß ich. Gestern hat ihn ein unheimlicher Mann besucht. Der war halb nackt, über und über bemalt, mit Knochen und Federn im Haar.“
Florian wusste: Einer vom Krullvolk. Er musste Lea erzählen, was er vorhatte. „Lea, ich will dir etwas …“
Da öffnete sich die Tür und Nominus stand in der Kammer. Er lächelte ölig. „Ist es nicht Zeit für unsere Lea, zu Bett zu gehen? Und du, Florian, studiere das Buch, das ist viel besser, als heimliche Ausflüge zu machen. Gute Nacht, kleiner Mennendräumer!“ Er fasste Lea an der Schulter und schob sie hinaus. Sie warf Florian noch einen verzweifelten Blick zu, dann fiel die Tür ins Schloss.
Am Schwarznatternteich
Florian schlich aus seiner Kammer. Es war noch finster. Wenn er Glück hatte, war er vor dem Frühstück zurück. Er hatte einen Plan: Er musste nur das Wirrlicht rufen. Das Feuerwesen konnte seine Botschaft verbreiten. Es konnte die Teichfrau warnen, die Huldre und auch den Knochentroll. So musste er nicht mit all den unheimlichen Geschöpfen reden, die Elfen aber waren trotzdem gewarnt. Er schlüpfte durch die kleine Burgpforte und griff nach einer vergessenen Fackel. Niemand hielt ihn auf. Die schnarchten sicher noch, sogar Nominus, der so tat, als brauche er keinen Schlaf.
Bald hatte Florian den Rand des Waldes erreicht. Keine Funken flogen auf ihn zu. Wo um alles in der Welt trieben sich die Lampenkobolde herum? Der Wald hielt den Atem an. Florian wartete, ob sich vielleicht etwas auf ihn zu bewegte. Nichts. Er stieß in der Dämmerung auf einen Pfad. Große Wurmfarne wuchsen zu beiden Seiten des Weges, Schlingpflanzen wanden sich wie Fußangeln über die Steine, dahinter standen Brombeersträucher wie klobige Wächter, die Arme ausgestreckt. Der Pfad stieg leicht an, die Bäume wurden höher. Noch immer lag die Dämmerung schwer über dem Wald.
Etwas raschelte. Florian ging schneller. Vereinzelt lagen jetzt große, bemooste Steine zwischen den Bäumen. Ein Felsbrocken zwang den Pfad zu einer Schleife – dahinter stand jemand und grinste ihn an, mit riesigen Augen und einem klaffenden Maul. Florian schrak zurück, und die Gestalt verschwand. Florian schwitzte. „Lampenkobolde, wo seid ihr?“, wollte er rufen. Weiter vorne lief etwas Dickes über den Weg. Es sah aus wie ein kleiner Mensch, hatte aber riesengroße Ohren und einen langen, buschigen Schwanz. Etwas kitzelte seine Wange. Er wollte danach greifen, da saß plötzlich ein Wirrlicht auf seiner Hand. Es leuchtete schwach im beginnenden Morgenlicht, das durch die mächtigen Bäume schimmerte. Das wunderschöne Wesen lächelte ihn freundlich an. Dann stieg es auf, winkte ihm und verschwand.
„Lampenkobold, ich muss dir was sagen!“ Das kleine Flammenwesen hatte keine Zeit, seine Botschaft zu hören. Irgendjemand kicherte schadenfroh hinter den Bäumen. Aus den Wipfeln meckerte jemand boshaft zurück. Von vorn kam gackerndes Gelächter, wurde leiser und verwehte. Wer immer das war, das Alte Volk verspottete Florian und wollte nichts mit ihm zu tun haben. „Ich habe keine Angst vor euch!“, rief er in den Wald.
Florian trottete weiter. Schließlich erreichte er eine Wegkreuzung. Der Boden wurde weich. Statt Farn stand jetzt Schilf am Wegrand. Erste Sonnenstrahlen blinzelten durchs Geäst. Letzte Blätter
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