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Kanada

Kanada

Titel: Kanada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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befürchtete ein schlimmes Ende.
    Zum zweiten Mal überkam mich das starke Bedürfnis, mit ihnen zu reden – dabei war ich gar nicht der Typ für so etwas. Es war eher, als wollte ich noch näher an das Risiko und das Drama heranrücken. Ich wollte ihnen erzählen, dass ich in Oscoda geboren war, vielleicht sagte ihnen das etwas. Ich wollte die Regungen, als ich an ihrem Auto gestanden und das warme Metall berührt hatte – die befriedigende Empfindung von Stabilität, ja, Sympathie ihnen gegenüber, das prickelnde Geheimnis, das uns verband –, wieder spüren und glaubte, das sei möglich, ohne irgendjemanden in Gefahr zu bringen. Ich würde ihnen niemals erzählen, was ich von Charley wusste. Und ich glaubte immer noch, sie könnten vielleicht ungewollt etwas Wichtiges über ihre Mission verraten – was sie von Remlinger hielten, was sie zu tun hofften, je nachdem, zu welchen Schlüssen ihre Beobachtungen sie brachten.
    Doch genau in diesem Moment, bevor ich meinen Mut zusammennehmen und die Amerikaner ansprechen konnte, kam Arthur durch die Tür vom Foyer herein, und die beiden wussten sofort, wer er war – als hätten sie ein Bild von ihm im Kopf und er sehe exakt so aus.
    Der rotwangige, rundgesichtige Toupetträger sagte sofort etwas zu dem jüngeren Crosley und nickte und blickte zu Remlinger, der lautstark mit einem Tisch voller Sportsfreunde redete. Crosley drehte sich um und wirkte plötzlich sehr ernst. Er nickte, wandte sich wieder um, schloss die Hände um seine Bierflasche und sagte einen kurzen Satz. Dann schauten sich die beiden in dem harschen Barlicht an, unter dem Bild von den zusammenkrachenden Elchen, und schwiegen.
    Remlinger hatte den braunen Filzhut auf, den er oft trug, und einen seiner teuren Bostoner Anzüge an, die ihn in der Bar seltsam aussehen ließen. Seine Lesebrille hing an dem Band um den Hals. Er trug einen leuchtendroten Schlips, seine Tweedhose steckte unten in seinen Lederstiefeln. Damals wusste ich das nicht, aber später begriff ich, dass sein Aufzug dem eines englischen Herzogs oder Barons ähnelte, der über seine Ländereien spaziert und jetzt für einen Whiskey hereingekommen ist. Mit dieser Verkleidung wollte er verhindern, dass die Leute, die er seit fünfzehn Jahren erwartete, ihn identifizierten – obwohl er seinen Namen nicht geändert hatte und jeder, der es darauf anlegte, ihn erkennen konnte. Im Grunde hatte er sich gar nicht versteckt, nur abgelenkt, während er auf diesen Tag wartete.
    Crosley beobachtete Remlinger auf seinem Weg durch die Bar. Jepps drehte sich nicht um, er behielt nur Crosley im Blick, als stellte er schon irgendwelche Kalkulationen an. Als wäre er wieder Polizist geworden – erst freundlich, dann unfreundlich. Ich überlegte, ob sie bewaffnet waren, Charley hatte ja erwähnt, sie hätten Waffen.
    Remlinger sah mich an der Jukebox stehen. »Na, da haben wir ja Mr Dell«, sagte er lächelnd und wedelte gleichgültig mit einer Hand. Gleich würde er den Tisch der Amerikaner erreichen. Das wollte ich sehen. Ich wollte wissen, was geschah, wenn die drei sich begegneten, während Arthur genau wusste, wer sie waren, sie das aber nicht ahnten und noch nicht entschieden hatten, ob er ein Mörder war. Das hätte jeder gern gesehen. Die Situation trug ein Gefahrenpotential in sich – falls alle drei bewaffnet waren und beschlossen, dass es so nicht weitergehen konnte.
    Ich sah, wie Remlingers Blick auf die beiden fiel und einen Moment auf ihnen ruhte, woraufhin er wieder mit dem Tisch der Sportsfreunde aus Toronto redete. Einer von diesen sagte etwas hinter vorgehaltener Hand, wie ein Geheimnis. Remlinger spähte kurz zu mir, dann beugte er sich zu dem Mann, der noch etwas flüsterte, was sie beide zum Lachen brachte. Remlinger sah mich zum dritten Mal an, als redeten sie über mich – was ich nicht annahm. Dann wandte er sich den beiden Amerikanern zu und ging an ihren Tisch.
    Der Nervöse, Crosley, sprang sofort auf, wischte sich die Hand am Hosenbein ab, lächelte breit und streckte Remlinger die Hand entgegen, als sei er erleichtert, dass dieser Augenblick endlich gekommen war. Ich hörte Arthur beim Händeschütteln seinen eigenen Namen sagen. Ich hörte »Crosley«. Der ältere Mann, Jepps, stand ebenfalls auf, schüttelte Arthur die Hand, sagte seinen Namen und dann noch etwas, das sie beide zum Lachen brachte. Ich hörte Jepps »British Columbia« sagen und »Michigan«. Dann sagte auch Arthur »Michigan«, und sie lachten alle. Arthur

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