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Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft

Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft

Titel: Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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tote haus, sich langlegen auf’n stein und aus’m pein wegdämmern. Alle welt will ins weiberreservat, und alles is man orntlich verbildung, wo du man auf kindesbeinen wankst, biegen die dir’s kümmerliche alphabet bei, und du denkst, da will ich in aller ruhe die trutzburg stürmen, und’n aufseher brüllt dir zu: besonnen man ans werk du pimpf, und mit hölle atem im brustkasten donnert man erst mal durch’s dickicht, doch’s gibt null werk und null burg, und kein ausgang weit und breit, aber echt schlamassel. Jeder hat ne kanone, bruder, egal ob unterm rock oder unterm kaftan, und die is geladen. Die kommen dir romantisch, schmieren dich ein mit ach die sonne, wie schön rot geht die man echt unter, hol’s der henker, die haben ’n ton, den die schänder haben, du weißt ja, die mit den ollen pralinen für’s spielplatzkind. Ich sag dir, wo’s geheimnis liegt: ’n romantiker wartet auf’n absatz, wo der man ihn in grund und boden tritt, da will er hin und dabei augenrollen waidwund, das will der männeken auch, ins rotte gemüse gestampft will er sich. Mensch is’n hund, der nach’m unsterblichen jault, und was soll das wohl verdammich sein, unsterblich, ist das’n saudummes tier, das einen aus kugelrundem aug anglotzt? Das ist es wohl, oder is das’n meisterwerk, wo’s man vonnem himmel fällt? Mein kennwort is’n anderes: jeder steht rum wie’n olles galgenholz, und auch’n klassenbester wußte später eher weniger als mehr, und eins is sicher, keiner geht leer aus, jeder kriegt sein fett ab, und manchs is so, daß du man sorglos durch ne straße streichst, und denn is’n komischer kauz da, der dir meinethalben volles rohr in die visage starrt, und er sagt: anders angehn, das is die olle losung, oder: versuch nicht den herrn, und auch wenn du den männeken nach eingehender beschau als gassenberber kenntlich machst, bleibt sein bibelwort doch man haften, und’s kommt gar so weit, daß dich man im schlummer’n schlimmer traum anpeilt. Und am nächsten tag stehst du mit fetten zipperlein auf, und glühst wie ne noch heiße schlacke, und schleppst dich grad man soweit, wie das bein sich hinzirkelt. Wen der blick des zerrütters trifft, schmiert ab. Und wozu is denn der menschenblick gut? Sehen und s’alte abschürfen. Und man will denn sagen: blick ich ins weiße deiner augen, brenn ich dir in die netzhaut s’verlangen, und stillen sollst du’s nicht können. Wenn der versucher man dir ins werk pfuscht, fühlst du als’n schlichter macker bedenken und kummer, und’s sehen hört echt nicht auf, im grab ruft auch’s blanke gebein nach’m spaten, wo der sich man seiner erbarmt und ihn aus’m liegeloch rausschaufelt, aber nix da! Ich sag dir, mann, innen straßen ne scheißflut von armen qualseelen, die’s erwischt hat, wo die verdammich null chance haben, da was kolossales gegenzusetzen, ne schweflige hölle is ambiente bei denen inner kummerkastenseele. Und ich kenn so ne seeltype, ne irre halt vom heim für äußerst waghalsige seelenloswanderer, und die irre hat’n blick voller sud und toter libellen, ich stell die mir vor als ne fette ballkönigin mit’m sirupfleck auf deren ihre halskrause, und die type führt so ne lütte barbiepuppe gassi, mannomann, wenn ich die seh wie’n bleicher lump ohne hirn ihre ehrenrunde drehn um’n block, wird’s mir elend ums herz, und ich wechsel hart die straßenseite und halte kurs auf unbestimmt.
    Is eben so, daß du man in sonem kokon bist, und’n kokon is hart und borstig außenrum, und du schlüpfst da man wie handvoll nasser bindfäden, und weißt, daß’s gehäuse schissig tot is, und ’n leib is’n vergeblicher brüter, denn die schöße sind verödet, und scham hat fast keiner kommen sehen, ihre olle mütze lüpfen und’s haar zur betracht geben, oder gabel in die linke und’s messer in die rechte. Ich sag’s: alle welt will herrisch sein, und’s bringt nix.
    Und natur will ich dir man beschreiben, wie die hier so is und wie ich die mit eigenauge seh: der herbst greift durch ziemlich hart, fegt was noch an ästen klebt wie fälligen putz runter unter des menschen schritt, wind wie ganz geschlossen türmt sich auf vor die olle brust, daß weiterkommen nur mit strengem anlauf klappt. Und ne

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