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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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heldenhaften Osmanen bist. Wie unser Staatsgründer schon sagte: »Türke, sei stolz, arbeite und vertraue!««
    »Keine Sorge, Bruder Necmeddin. Ich werde dir schon keine Schande machen. Ich werde stolz und tapfer sein. Ich werde fleißig arbeiten. Ich werde alle Pillen schlucken und darauf vertrauen, dass die fortschrittlichen deutschen Mediziner nichts Böses entwickelt haben. Ich kann dir versprechen, dass du es nicht bereuen wirst, für diese wundervolle Arbeit ausgerechnet mich, den stolzesten Vertreter der großen türkischen Nation, ausgesucht zu haben!«
    Nachdem ich im Warteraum Platz genommen habe und mir die übrigen Anwesenden genauer betrachte, da bemerke ich, dass ich offensichtlich doch nicht der einzige stolze Vertreter der großen türkischen Nation bin, den Arbeitsamt-Necmeddin hierher geschickt hat. Und als ich mir die Menge noch genauer betrachte, da muss ich mich sogar fragen, ob in der gesamten Türkei überhaupt noch ein einziger stolzer Vertreter der großen Nation übriggeblieben ist! Es ist, als ob sich alle hier in diesem Raum versammelt haben.
    Hier im Wartesaal sind die Stolzen von nahezu allen Nationen versammelt. Auffallend viele sind aus dem Mittelmeerraum.
    Aber das sind ja auch die stolzesten. Gleich neben der Tür entdecke ich auch drei Deutsche.
    Denen sieht man allerdings an, dass sie dies hier nur nebenberuflich machen. In ihrem Hauptberuf sind sie vermutlich Schnapstester. Jetzt wird mir endlich klar, warum diese Leute überall als Gruppe auftauchen. Sie brauchen sich gegenseitig als Stütze, um nicht ständig umzufallen. Ich hoffe nur, dass niemand auf die Idee kommt, bei der schneidenden Luft hier ein Feuerzeug anzuzünden.
    Eine Sekretärin kommt mit einem Stapel Papier in der Hand herein. Jeder bekommt mehrere Zettel in die Hand gedrückt:
    »Wichtige Informationen für den Probanden!« Niemand macht sich die Mühe, das Papier zu lesen. Alle stopfen es, genauso cool wie ich, in irgendeine Tasche. Wenn wir scharf auf Lesestoff wären, dann säßen wir doch in der Bibliothek und nicht hier.
    In schneller Reihenfolge werden die Wartenden, einer nach dem anderen, von kräftigen Männern in weißen Kitteln abgeholt. Ich folge meinem Arzt durch einen langen, schmalen Flur. Zu beiden Seiten gehen die Türen zu kleinen Zimmern ab.
    Wir gehen in einen der kleinen Räume in der zweiten Etage, mit der Nummer 267, hinein. Das Zimmer ist sparsamer eingerichtet als die billigste Absteige: kein Fenster, kein Fernseher, kein Kühlschrank, kein Telefon, kein Teppich. Nur ein Bett und ein Stuhl! Der ältere Herr mit dem weißen Kittel, der mich hierher geführt hat, setzt sich auf den Stuhl und fragt mich:
    »Wir müssen noch diesen Fragebogen ausfüllen. Wie heißen Sie? »
    »Ich heiße Osman Engin.«
    »Sehr schön, vergessen Sie es! Ab sofort heißen Sie 267!«
    Mit einem Klebestreifen heftet er mir einen Zettel auf das Hemd, auf dem mit rotem Filzstift mein neuer Name steht: 267!
    »Das ist doch wirklich ein hübscher Name, oder?« sagt der Weißkittel begeistert.«Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Stellen Sie sich vor, man hätte Ihnen den Namen 4711
    oder 218 gegeben. Oder sogar 175! »
    »Meinen neuen Namen finde ich wirklich super! Ich hatte wirklich Angst, als neuen Namen 08/15 zu bekommen! Aber verglichen damit, ist 267 tierisch gut«, bemühe ich mich um einen harmonischen Dialog mit meinem Arzt.
    »Nummer 267, Sie bekommen hier bei uns freies Essen, freies Trinken, Sie können hier kostenlos übernachten, nur Damenbesuch ab Mitternacht ist untersagt!«
    »Was will der Mensch eigentlich mehr? Hier ist es doch viel besser als zu Hause. Und diese lästigen Damenbesuche ab Mitternacht, die ich seit 30 Jahren kriege, hängen mir ohnehin zum Halse heraus! Sagen Sie mir lieber, ob Sie Kabelfernsehen haben.«
    »Nummer 267, lassen Sie uns den Fragebogen hier erst mal in Ruhe zu Ende bringen. Sie brauchen übrigens keine Angst zu haben, bei unseren Versuchen für ein neues Medikament Schaden zu erleiden. Verglichen mit dem Straßenverkehr haben wir hier weit weniger Todesfälle. Das letzte Ärgernis in dieser Hinsicht liegt, soviel ich weiß, schon mindestens 14 Tage zurück. Vorausgesetzt natürlich, dass nicht gerade jetzt jemand in einer der Zellen hier rechts und links wegen Altersschwäche das Zeitliche segnet.«
    »Na klar, das verstehe ich doch«, pflichte ich meinem Arzt bei, »Sie können doch nicht über jeden, der Ihnen hier wegstirbt, informiert sein. Sie können

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