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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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zurückgehen.
    »Osman, wie kannst du denn so was fragen? Schämst du dich denn gar nicht? Du bist wirklich völlig taktlos!« schimpft meine Frau und läuft dabei so knallrot an, dass der Leder-Minirock von Frau Tanja dagegen blass-rosa aussieht!
    »Aber da ist doch nichts bei, Frau Engin. Nirgendwo in Deutschland werden so viele Ostfriesenwitze erzählt wie bei uns in Emden. Wir lachen darüber doch am meisten. Mir fällt da spontan sogar einer ein, den muss ich Ihnen erzählen: Treffen sich zwei Ostfriesen. Fragt der eine den anderen: »Wo arbeitest du denn jetzt eigentlich?« - »Bei VW in Emden« - »Am Band?«
    - »Nöö, die lassen uns frei rumlaufen!««
    »Osman, bitte sei ruhig! Stell jetzt keine Fragen. Ich erkläre dir den Witz, wenn du heute Abend nach Hause kommst«, bemerkt Eminanim.
    »Frau Tanja, lassen Sie uns nach Hause fahren. Ohne die Akte können wir heute sowieso nichts machen! Am besten trinken wir jetzt zu Hause gemütlich eine Tasse Tee, und dann überlegen wir uns in aller Ruhe, wie es weitergehen soll.«
    »Osman, du bist wohl süchtig nach abgehackten Ohren, oder was?« kommt meine Frau meiner Einladung in die Quere.
    »Süchtig? Ohren? Warum?«
    »Weil dir heute Abend die Ohren abgerissen werden, wenn du dem Taxifahrer kein Geld geben kannst.«
    Oooh Mist! Den Typ habe ich total vergessen!
    »Und deswegen gehst du jetzt sofort zu Arbeitsamt-Necmeddin. Irgendeine Schwarzarbeit hat er bestimmt für dich.
    Wenn du dem Ta xifahrer nicht zumindest eine Anzahlung gibst, dann können dich hinterher selbst deine lästigen Verwandten in der Türkei nicht wiedererkennen! Außerdem, was sollen wir schon großartig überlegen? Wir rufen morgen früh bei Frau Kottzmeyer-Göbelsberg an, und wenn die unsere Akte dann immer noch nicht erhalten hat, dann schauen wir übermorgen hier bei der Behördenpost nach.«
    Dass Eminanim ständig Recht hat, das ärgert mich ungemein.
    Aber dass sie auch jedes Mal im allerungünstigsten Moment Recht haben muss, das treibt mich fast in den Wahnsinn! Wie gerne hätte ich mit Frau Tanja gemütlich auf dem Sofa bei einer Tasse Tee gesessen. Und ihr dabei nicht nur die Briefmarkensammlung von Mehmet gezeigt! Aber mit abgehackten Ohren kommt das bestimmt nicht so gut.
    »Frau Tanja, ich gehe jetzt lieber Arbeit suchen. Doch bevor wir uns verabschieden, möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken. Und weil Sie einen so schönen Ostfriesenwitz erzählt haben, will ich auch mit einem Türkenwitz dagegenhalten: Ein deutscher Polizist hält einen Türken an und sagt: »Zeigen Sie mal Ihren Pass!« Nein, nein, ich glaube der Witz war irgendwie anders ... »
    »Aber der Witz ist doch uralt, Herr Engin! Ich ahne schon, welchen Witz Sie meinen: Ein Polizist hält einen Türken an und sagt: »Können Sie sich ausweisen?« Der Türke fragt: »Wieso?
    Muss man das jetzt schon selbst tun?«

    Dienstag, 19. Juni, 16:35 Uhr

    »Von wem sind Sie zu uns geschickt worden?«
    »Die Adresse habe ich von Abdullah Necmeddin. Er hat gesagt, dass Sie Arbeit für mich haben.«
    »Dann hat ja alles seine Richtigkeit. Wir haben natürlich Arbeit für Sie.«
    »Oooh, Necmeddin-Efendi, ich danke dir, mein Gönner! Du gibst mir Brot und Wasser und bewahrst mich vor dem Hunger, dem Taxifahrer und meiner Frau! Für immer werde ich in deiner Schuld stehen!«
    »Sie brauchen nicht in seiner Schuld zu stehen, der bekommt schon von uns sein Kopfgeld..., ich meine seine Provision, dass er Sie zu uns geschickt hat. Wie war doch gleich der werte Name?«
    »Osman Engin! Karnickelweg 7b. Seit 30 Jahren als Schlosser in Deutschland. Kein Ärger mit der Polizei, keine Punkte in Flensburg und keine Haare auf dem Kopf.«
    »Gut, Herr Engin, dann gehen Sie mal in den Wartesaal. Hier vorne gerade aus und dann die zweite Tür links. Von dort holt mein Kollege Sie ab.«
    Kaum bin ich im Wartesaal, schon fühle ich mich wie zu Hause. Ein wohliges Gefühl, wie ich es bisher in keinem Wartezimmer verspürt habe, außer vielleicht im Wartesaal des Hauptbahnhofs. Hier herrscht genau die gleiche Atmosphäre wie am Bahnhof: einige Alkoholiker, viele Ausländer und ein paar junge Burschen, die aussehen, als wären sie Freunde von meinem Sohn Mehmet.
    Nach dem Besuch in der Behördenpost heute Mittag habe ich mich schweren Herzens von den beiden Frauen verabschiedet und bin sofort zum türkischen Männercafé gegangen. Dort suchte ich umgehend das Arbeitsamt auf. Natürlich den Abdullah »Arbeitsamt« Necmeddin! Wie immer

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