Kanaken-Gandhi
saß er in seiner Ecke, umgeben von den vielen Ordnern, die er ständig mit sich herumschleppt.
Der Arbeitsamt-Necmeddin ist bekannt dafür, dass er den Leuten - wie schon sein Name sagt - jede Menge Arbeit besorgt.
Auf dem Gebiet ist er viel erfolgreicher als alle Arbeitsämter zusammen. Allerdings bezahlt er kein Arbeitslosengeld, und die Aussichten auf Tariflohn und Schlecht wetterge ld, Überbrückungsmaßnahmen, Umschulungs-, Fort- und Weiterbildungskurse sind auch nicht viel besser. Aber abgesehen davon, ist er wesentlich erfolgreicher. Man wird nie ohne irgendeine Arbeit nach Hause geschickt. Er ist gewissermaßen eine »Ein-Mann-Institution«, mit behördlichem Sitz im türkischen Männercafé.
»Ooh, Bruder Necmeddin, möge Allah dich schützen, ich brauche ganz dringend eine Arbeit«, sagte ich zu ihm.
»Das haben wir gleich. Setz dich erst mal hin, und bestell dir einen Tee und mir aber auch«, brummte er vor sich hin und tippte auf sein Mobiltelefon.
Bereits 15 Minuten später - nachdem er drei Tee und vier Raki auf meine Kosten getrunken hat - nahm er mich endlich wieder zur Kenntnis.
»Was für eine Arbeit soll’s denn sein?«
»Also, etwas Leichtes und Einfaches, wofür man aber viel Geld bekommt.«
Da nahm er einen großen Ordner, schlug ihn bedächtig auf und schaute mir zum ersten Mal ins Gesicht.
»Du bist alt, du bist unsympathisch, du siehst aus wie eine Gurke, du hast so viel Sex-Appeal wie dieser stinkende Aschenbecher, und du bist keine Frau. Mit anderen Worten, du bist völlig unqualifiziert, um als Prostituierte zu arbeiten.«
In dem Moment wurde mir bewusst, welch enorme
Qualifikation, verglichen mit mir, selbst Prostituierte haben.
Und ich naiver Mensch hatte diese Damen immer von oben herab betrachtet.
Da fiel mir plötzlich das Mikadospiel ein: »Bruder Necmeddin, könntest du mich denn nicht Beamter werden lassen?«
»Osman, du bist wie ein kleines Kind. Du willst immer das machen, was du gar nicht machen kannst! Und bevor du mich weiter fragst, sage ich dir gleich: Hubschrauberpilot kannst du nicht mehr werden, katholische Nonne nur unter erschwerten Bedingungen. Bei Gehirnchirurgen, bei Balletttänzerinnen, bei Professoren für Wirtschaftschinesisch sieht’s auch schlecht aus.
Auch Fotomodell für Damendessous kannst du nicht werden!«
Der Arbeitsamt-Necmeddin weiß eben nicht, wie gut mir Strapse stehen!
»Ooh, großer Bruder, ich habe gar nicht gewusst, dass ich ein so unmöglicher Taugenichts bin. Was soll ich nur machen, ich bin total deprimiert. Kann ich nicht wenigstens einen Killerjob übernehmen, um mich anschließend selbst zu erledigen?«
»Nun lass mal nicht die Ohren hängen, Osman. Ich habe schon größeren Nieten als dir einen Job besorgt. Mein Künstlername ist nicht umsonst: Arbeitsamt-Necmeddin.«
»Aber von dir kann man nicht behaupten, dass du einem das Selbstvertrauen stärkst. In der Hinsicht bist du kein bisschen besser als das staatliche Arbeitsamt.«
»Aber im Gegensatz zu denen habe ich eine Arbeit für dich.
Und zwar eine sehr gute. Du brauchst nicht viel zu tun, nur die Hand aufzuhalten. Dabei liegst du die ganze Zeit nur auf der faulen Haut ... »
»Ich hab’s, Aufsichtsratmitglied bei irgendeinem großen staatlichen Konzern!«
»Nein, du brauchst nur ein paar Tabletten zu schlucken. Und danach kannst du stundenlang schlafen, solange wie du willst.«
»Die Arbeitsbedingungen hören sich gut an. Wo ist der Haken an der Sache?«
»Es gibt keinen Haken, du musst nur ein paar Tabletten schlucken. Außerdem kommt es deinem ursprünglichen Berufswunsch von vorhin im Prinzip auch sehr nahe. Der Volksmund nennt diese Arbeiter auch »Pharma-Nutten«!«
»Das ist ja ein toller Job! Bittere Pillen schlucken muss ich sowieso den ganzen Tag. Das mach’ ich auch noch freiwillig, und bezahlen muss ich Idiot dafür auch noch.«
»Ja, gefährlicher als die Pillen, die du ohnehin täglich schluckst, sind die harmlosen Testpillen bestimmt auch nicht.
Wenn du schlau bist, dann wirfst du die Tabletten einfach ins Klo, anstatt sie zu schlucken. Falls du die Tabletten aber doch einnimmst, dann mach mir bitte keine Schande und markiere da nicht den Kranken. Wenn du dich dort brav verhältst, ohne zu mucken, und dich auf gar keinen Fall über irgend etwas beschwerst, dann nehmen sie dich immer wieder. Also nicht meckern und nicht schlappmachen! Zeig denen, dass ein Türke keinen Schmerz kennt. Zeig denen, dass du ein würdiger Nachfolger der
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