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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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aber nicht besonders gesund. Und bei beiden...«
    »Iiiiiigiiit! Osman, was ist das denn? Bäääh! Du hast ein kleines totes Tier mitgeschleppt. Da ist sogar noch das Fell dran.
    Sehen die neuen Hamburger jetzt alle so aus?«
    »Nein, nein, das ist was anderes. Das ist eine ehemalige Arbeitskollegin von mir gewesen. Die hatte aber leider nicht ganz soviel Glück wie ich.«
    »Was meinst du denn damit? Hast du vielleicht
    Raubtierbändiger im Zirkus gespielt? Sind die Katzen über dich hergefallen und haben dich so entsetzlich entstellt? Und in deiner Wut hast du das arme Ding hier umgebracht?«
    »Nein, nein, Eminanim, jetzt sei ruhig, du bringst alles durcheinander. An meinen Verletzungen hat diese Katze überhaupt keine Schuld. Ich habe das arme Tier nur gekauft, damit diese Unmenschen nicht auch noch über ihre Leiche bestimmen. Als sie noch lebte, konnte ich nichts für sie tun. Ich wollte zumindest verhindern, dass man sie zu Tierfutter verarbeitet. Die Kinder könnten sie doch morgen irgendwo im Park begraben«, rufe ich vom Schlafzimmer aus, wo ich mich neben den Resten des Kleiderschranks umziehe. Eminanim lässt das Paket im Flur stehen und kommt zu mir ins Schlafzimmer.
    Sie schaut mir ganz tief in die Augen und sagt:
    »Osman, wir haben Riesensorgen wegen der Abschiebung, und du schleppst tote Katzen nach Hause. Ich glaube, wenn der Staat das systematisch machen würde, nämlich ständig unschuldige Menschen auszuweisen, dann wären zwei Berufe sehr begehrt: Ärzte für Magen-Darm-Krankheiten und Psychologen«, und dabei schüttelt sie den Kopf langsam und bedächtig von links nach rechts.
    »Frau, schau mich nicht so mitleidig an! Ich bin nicht verrückt geworden. Ich habe lediglich zusammen mit dieser Katze als Testperson für ein Herzmedikament gearbeitet. Die Ärzte gaben mir ein sogenanntes Scheinmedikament, ein Placebo, gewissermaßen eine McDonalds-Medizin, um zu testen, welche Rolle die Psyche bei den Nebenwirkungen für dieses Medikament spielt. Der Katze hier haben sie aber volle Kanne die doppelte Portion verpasst.«
    »Warum haben die Mediziner der armen Katze denn nicht auch Placebos gegeben, wenn man sie dadurch hätte retten können?«
    »Katzen bekommen keine Placebos, weil sie die Beipackzettel für die Medikamente nicht lesen können! Bei Allah, du stellst vielleicht Fragen! Freu dich doch, dass es nicht umgekehrt gelaufen ist. Oder hättest du es lieber gesehen, wenn die Katze meine Leiche in einem Paket zu sich nach Hause geschleppt und mich die Katzenkinder morgen im Park verbuddelt hätten?«
    »Osman, du bist so herzlos!«
    »Das stimmt nicht! Wenn ich bei einem meiner Organe wirklich sicher bin, das ich es habe, dann ist es mein Herz. Und vielleicht auch noch mein Magen, denn ohne Magen kein Magengeschwür. Von mir aus kannst du behaupten, ich sei nierenlos oder zwölffingerdarmlos. Aber herzlos bin ich garantiert nicht, erst vorhin habe ich mein Herz zwei Stunden lang sehr schmerzvoll gespürt. Und ich kann dir sagen, mein Herz ist absolut robust, bestimmt stärker als das von Prinz Eisenherz und Richard Löwenherz zusammen.«
    Als ich endlich das Wohnzimmer betrete, da überwältigen mich doch Mitleidsgefühle: Ein junger Mann sitzt zusammen mit meinem Sohn Mehmet auf der Couch, vermutlich noch so ein kommunistischer Freund von ihm, und trinkt Tee. Aber das Traurige ist, dass er den gleichen Turbanverband auf dem Kopf tragen muss wie ich.
    »Bei Allah, du armer Junge! Hat der Taxifahrer seinen Zorn an dir ausgelassen? Er hat dir doch hoffentlich nicht beide Ohren abgeschnitten?« frage ich unseren Gast mitfühlend auf türkisch.
    »Und so was will ein taxifahrender Arzt sein!«
    »Vater, du musst Deutsch mit ihm reden, er kann dich nicht verstehen«, erklärt Mehmet die verwirrende Situation.
    »Er heißt Puschpa Singh Mangeschkar und kommt aus Lakhnau.«
    »Also, für einen Afrikaner hätte ich ihn echt nicht gehalten. Er sieht wirklich aus wie einer von uns.«
    »Er kommt doch auch nicht aus Afrika. Lakhnau ist eine große Stadt in Nord-Indien. Er ist ein Studienkollege von mir. Als wir vor zwei Jahren die Studienreise mit der Uni dorthin machten, habe ic h mehrere Tage bei seinen Verwandten in Lakhnau gewohnt.«
    »Dann ist ja gut, ich hatte schon Angst, dass sich der wahnsinnige Taxifahrer einen unserer Gäste vorgeknöpft hat.
    Sag ihm, dass mein Turban nichts mit Religion zu tun hat.«
    »Puschpa weiß das schon längst, er hat sich köstlich über die Geschichte

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