Kanaken-Gandhi
20
türkischen Privatsendern verpassen! Aber die Kurden dürfen nicht mal in ihrer Heimat kurdisches Fernsehen gucken!«
»Ach, Fernsehen ist doch so was von überflüssig, da gibt es doch nur Schund zu sehen! Das habe ich erst gestern wieder festgestellt!«
»Und stellen Sie sich bloß mal vor, Sie dürften Ihren eigenen Kindern keine türkischen Namen gehen!«
»Wen interessieren schon Namen! Namen sind nur Schall und Rauch, mein Junge! Also, ob der Kommunist da drüben nun Mehmet oder Memo heißt... also, das ist mir doch so was von egal! In beiden Fällen bleibt er ein Nichtsnutz und ein ewiger Student!«
»Aber wie sollen Kinder so was wie Kultur und eigene Persönlichkeit entwickeln, wenn sie nicht mal in der Grundschule ihre Muttersprache sprechen dürfen?«
»Da ist was Vernünftiges dran, an dem was du sagst, Puschpa!
Denn wenn Mehmet in der Türkei und nicht hier in Deutschland zur Schule gegangen wäre, dann hätte selbst aus ihm möglicherweise was Anständiges werden können! »
»Und das ist ja erst der Anfang, Herr Engin! Von der Vertreibung aus den Heimatdörfern will ich erst gar nicht re...«
Noch bevor er den Satz beenden kann, geht plötzlich mit einem schauderhaften Geklirre unser großes Wohnzimmerfenster zu Bruch.
»Ein Erdbeben«, kreischt meine Frau, »Kinder, kriecht schnell unter den Tisch und macht die Augen zu. Osman, pass du auf den Fernseher und den Videorecorder auf, rette die teure Vase und die Teegläser. Und halt auch mich ganz fest!«
»Die Außerirdischen greifen an!« brülle ich nicht minder laut.
»Rette sich wer kann. Osmans und Kinder zuerst in die Boote!« Hatice weint vor Angst: »Papa, Papa, brennen die unser Haus jetzt auch ab?«
»Ein paar Glatzen rollen die Strasse runter und kratzen gerade die Kurve! » formuliert mein akademischer Sohn, was er vom kaputten Fenster aus, gemeinsam mit seinem indischen Freund, beobachtet - in seiner hochkultivierten Studentensprache.
»Mehmet meint, dass da gerade zwei Skinheads weggelaufen sind«, übersetzt mir Puschpa Singh Mangeschkar. Dieser aus 10.000 Kilometer Entfernung stammende Gast versteht meinen Sohn wesentlich besser als ich. Und dies, obwohl ich seit 25
Jahren mit ihm Wand an Wand wohne und ihn jede Nacht schnarchen höre, beziehungsweise er mich!
»Ihr stinkenden Asylbetrüger! Wenn ihr nicht sofort aus Deutschland verschwindet, dann wird man euch in Särgen raustragen müssen. Das können wir euch versprechen.
Unterschrift: Die wahren Retter des deutschen Volkes! Sieg Heil!« liest Eminanim mit zittriger Stimme den Zettel vor, mit dem der große Stein umwickelt war, der unser schönes Wohnzimmerfenster zertrümmert hat.
Innerhalb weniger Sekunden läuft jener Teil der deutschen Geschichte wie ein Film vor meinen Augen ab, in dem Menschen, die nicht deutscher Rasse waren, verbrannt wurden.
In den paar Sekunden natürlich nur die neuere deutsche Geschichte: Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen, Lübeck etc. Für die etwas ältere deutsche Geschichte zum gleichen Thema hätte ich einen Film von der Länge der kompletten Dallas-Serie in ungekürzter Originalfassung benötigt.
»Wie haben diese Arschlöcher denn das so schnell erfahren?«
frage ich, wie vor den Kopf geschlagen, in die verwirrte Runde.
»Von unserer Abschiebung weiß doch mittlerweile sicherlich die ganze Stadt. Denk doch mal, wie viele Leute allein gestern hier waren. Unglück spricht sich schnell herum!« äußert sich meine Frau sichtbar verängstigt.
»Man muss aber zugeben, dass diese Steinwurfmethode der Glatzenpost wesentlich schneller und effektiver ist als die der kommunistischen Behördenpost. Wenn wir doch bloß wüssten, welches Geheimnis sich in unserer verschwundenen Akte verbirgt, dann könnten wir diesem idiotischen Wahnsinn endlich ein Ende setzen!«
»Osman, so langsam aber sicher habe ich das Gefühl, dass dies alles Teil eines bewusst inszenierten Komplotts ist! Das Ganze ist ein Alptraum, ein langsam wirkendes Gift, das uns von innen auffressen will. Wer hat sich dieses mörderische Spiel ausgedacht, das sie uns hier aufzwingen? Schon bald werden sie uns hier von unseren vertrauten Wurzeln losreißen, wegwerfen und unbeachtet verdorren lassen. Aber der Täter ist nicht zu sehen und nicht zu fassen, das ist sozusagen ein perfekter Mord!!«
»Aber Eminanim, nun übertreibe mal nicht so sehr. So hoffnungslos ist unsere Situation nun auch wieder nicht.«
»Osman, wie du hier alles verharmlost! Du machst mich noch
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