Kanaken-Gandhi
liebes Publikum.
Meine erste Frage für heute Abend an die Kandidaten lautet: Warum kommt so eine Asylantenfamilie zu uns nach Deutschland, obwohl unser Land völlig überfüllt ist? Drei kurze Antworten bitte!«
»Erstens wegen der zu laschen Gesetze, zweitens, um auf unsere Kosten zu leben, drittens, weil denen das ganze Geld nachgeschmissen wird«, brülle ich blitzschnell. Zum Glück bin ich auf solche Art von Fragen bestens vorbereitet. Ich hätte nie gedacht, dass die blöden Sprüche von meinem Meister und den Kollegen aus Halle 4 mir mal nützlich sein würden.
»Na ja, so kann man das auch sehen, Osram. Aber wie sind deine Antworten, Carlo?«
»Erstens, weil die armen Menschen Hunger haben, zweitens wegen Krieg und drittens wegen politischer Verfolgung.«
»Super, Carlo, super! Du bekommst die volle Punktzahl! Das waren genau die Antworten, auf die sich unsere Redaktion mit den Sponsoren geeinigt hat! Doch bevor wir zur Werbung kommen, will ich euch unsere eben genannten Sponsoren vorstellen: Die heutige Sendung wurde finanziert von der deutschen Bundesregierung und Ariel! » Hampelmann winkt, Finger aus der Nase, an dem Hemd abwischen und Hände aufeinander schlagen.
»Dieser Duft, dieser Kaffee aus Kolumbien, diese tollen gelben Bananen aus Costa Rica. Dieses Aroma, dieser herrliche Tee aus Indien«, tönt es in der Werbung.
»Ja, meine Damen und Herren, da sind wir wieder mit der zweiten Runde von unserer beliebten Game-Show mit der Sondersendung »Das Glücksrad des guten Willens«. Und in der zweiten Runde können unsere Kandidaten einen tollen Club-Urlaub für zwei Personen gewinnen. Die Reise geht nach Uganda, in das Land wo unsere Bimbos..., ich meine, wo unsere Asylantenfamilie herkommt. Unseren beiden Kandidaten wünsche ich viel Glück und toi, toi, toi! Und hier kommt sie auch schon, unsere zweite Frage: Was bringen die Asylanten mit in unser Land?«
»Aids, Terror, Armut«, schreie ich wie aus der Pistole geschossen. Ein unglaublicher Beifall lässt das Studio erzittern.
»Nun ja, aber wie sind deine Antworten, Carlo?«
»Ich würde sagen, die Fremden bringen uns Kultur, Nächstenliebe und menschliche Wärme! Abgesehen davon sind die kleinen Negerbabys wirklich sehr, sehr niedlich!«
»Super, Carlo, super! Das ist Spitze!«
Tausend Lampen blinken wieder gleichzeitig, und der Moderator ruft:
»Jetzt kommen wir zu unserer letzten Frage des heutigen Abends: Wie sollen wir uns gegenüber den erdrückenden Flüchtlingsmassen verhalten?«
»Absperren! Abfackeln! Abschieben!« schreie ich in die Kamera, »das Boot ist voll! Wir haben selbst genug Sorgen!«
und mache unter dem starken Beifall der Zuschauer die Siegerfaust. Der ganze Saal kocht vor Begeisterung. Eine fantastische Laola-Welle rollt durch die Zuschauerränge.
»Osram! Osram! Osram!« Jubelrufe lassen das Studio förmlich erbeben. Als hätte ich in der Verlängerung einer Fußball-WM das goldene Tor geschossen.
Mein chancenloser Konkurrent faselt was von »Zuneigung«,
»Hinwendung« und »nicht in den Krieg zurückschicken« und solchen Kram, aber es geht unter dem Riesenbeifall meiner Fans unter. Der orientalische Basarverkäufer aus dem 17. Jahrhundert brüllt wie am Spieß:
»Und der Gewinner unserer heutigen Sendung, das Glücksrad des guten Willens, heißt Carlo!« Der Landsmann von Gloria wird den Kameras als Gewinner präsentiert, aber mich bestürmen die Zuschauer, um Autogramme zu bekommen. Und alle reden auf mich ein: »Toll, Osram, für uns bist du der wahre Gewinner der Sendung. Du hast uns allen aus der Seele gesprochen. Du bist ein Mann des Volkes!«
Während ich stolz die Autogrammwünsche befriedige, lese ich den Abspann der Sendung:
»Unsere heutige Asylantenfamilie wurde eingekleidet von United Colors of Benetton!«
Plötzlich höre ich den schleimigen Moderator direkt neben mir in die Kamera brüllen:
»Halt, halt, liebes Publikum zu Hause. Hände weg von der Fernbedienung. Ihr seht ja selbst, wie das hiesige Publikum seinen Lokalmatador feiert. Und da wollen wir uns von der Redaktion auch nicht lumpen lassen. Wegen seiner großen Beliebtheit in der heutigen Sendung sehen wir uns veranlasst, Osram den tollen Staubsauger im Wert von 1.000 DM als Trostpreis zu überreichen.«
Begeistert falle ich über den Moderator her und knutsche ihn ab. Er ist der sympathischste und liebenswürdigste Moderator, den ich je gesehen habe.
Mit einem großen Paket in der Hand verlasse ich auf den Schultern der
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