Kanaken-Gandhi
oder »Mutter, wir brauchen neue Gorbatschows, am besten dreilagig!« Seit einigen Jahren hat er das Klopapier in »Gorbatschow« umbenannt, um ganz subtil Rache zu nehmen.
»Vater, ich weiß, wie wir die Pläne der Behörde durchkreuzen können. Ich habe eine todsichere Methode entdeckt.«
»Wenn du dir schon was ausgedacht hast, dann kann bestimmt nichts Vernünftiges dabei herauskommen. Aber trotzdem, nun sag schon!«
»Ganz einfach, Vater, wir verheiraten dich noch mal.«
»Es war mir klar, dass von dir nur Schwachsinn kommt. Was soll’s denn bringen, wenn ich mir noch so ein Problem wie deine Mutter anlache? Also, Eminanim, wirklich, das ist nicht persönlich gemeint. Aber du musst zugehen, dass dieser Vorschlag sehr dumm ist.«
»Das will ich nicht sagen, Osman. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Frau so verrückt ist, dich freiwillig zu heiraten.«
»Hört auf euch zu streiten, hört lieber zu, was ich mir ausgedacht habe«, erstickt Mehmet die sich anbahnende Familientragödie im Keim, »ich meine, wir verheiraten dich einfach mit einer deutschen Frau. Dann kann dich die Behörde nicht mehr abschieben.«
»Mehmet, sag mal, kennst du irgendeine Frau, die eine solche Dummheit für weniger als eine Million Mark machen würde?«
lästert Eminanim über mich.
»Das ist kein Problem. Ich kenne genug Frauen, die für sechs bis siebentausend Mark zu allem bereit wären.« »Aber wenn sie deinen Vater kennen gelernt haben, haben sie keine Lust mehr dazu.«
»Das geht doch ganz anders. Die lernen sich überhaupt nicht kennen. Die treffen sich erst im Standesamt, kassieren das Geld und sehen sich danach nie wieder.«
»Ja, ja, so stelle ich mir das ideale Eheleben vor. Niemals Streit, keine Kinder, keine Sklavenarbeit und keine alten Männer, die glauben, auf Kleiderschränken rumhüpfen zu müssen«, ruft meine Frau und lässt wieder ihre Töpfe klappern.
»Also Mehmet, das ist ja keine so schlechte Idee«, begrüße ich seinen Einfall, »wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich das vielleicht sogar machen. Aber wir haben doch nur noch ein paar Tage bis zur Abschiebung. Beim Standesamt muss man das Aufgebot doch mindestens sechs Wochen vorher abgeben, soweit ich weiß.«
»Vater, lass das mal meine Sorge sein. Das kriege ich schon irgendwie hin. Vielleicht haben wir Glück und irgend jemand heiratet zum Schein morgen oder übermorgen. Dann könnten wir ihm die Braut und den Heiratstermin abkaufen! Ich weiß auch schon, wo ich hier für euch beide echt aussehende Scheidungsurkunden aus der Türkei fälschen lassen kann«, sagt mein politisch-aktiver Sohn Mehmet voller Überzeugung.
»Mehmet, also ich glaub’ nicht, dass wir das in der kurzen Zeit schaffen können. Aber von mir aus, probiere es! Mir ist egal, was es kostet, finde eine Frau, ob jung, ob alt, ob hübsch, ob hässlich, ob groß, ob klein, ob dünn oder dick. Hauptsache, ich muss mir keine zweite Schwiegermutter aufladen.«
»Osman, blubber hier nicht rum«, unterbricht mich Eminanim,
»durch dein Gequatsche hätte ich das Wichtigste fast vergessen.
Heute Mittag ist dieser Eilbrief gebracht worden. Du glaubst es nicht, wir dürfen heute Abend als Ersatzkandidaten bei der tollsten Game-Show teilnehmen, die es im Fernsehen gibt! Zieh dich um.«
Das glaub’ ich wirklich nicht! Ist das wahr? Zeig her! Bei Allah, das stimmt ja wirklich! Welch eine Wohltat, nach all dem Horror und dem Schrecken der letzten Tage. Mir kommen gleich die Tränen. Jetzt werde ich endlich doch noch berühmt und unabschiebbar!«
»Ich glaube, ich kriege die Krise! Das kann nicht euer Ernst sein! Ihr könnt doch nicht an dieser blöden Show für Gehirnamputierte teilnehmen! Dieses Spiel ist doch eine wahre Strafe für jeden halbwegs intelligenten Menschen. Ich hab’
keine Lust, mich für meine Eltern zu schämen«, schimpft Mehmet.
»Mehmet, du hast keine Ahnung! Das »Glücksrad« ist doch total intelligent. Die Hauptsache ist doch, wir kommen ins Fernsehen und werden prominent! Prominente können sich alles erlauben, was das normale Volk nicht darf. Und die werden auch nicht abgeschoben!«
Ich komme, Gloria!
Warte, Silvia!
Mittwoch, 20. Juni, 18:00 Uhr
»Und heute Abend dreht sich das Glücksrad wieder, meine Damen und Herren. Da sind wir wieder! Aus Anlass des Weltflüchtlingstages haben wir unsere heutige Sendung in
»Glücksrad des guten Willens« umbenannt. Wie immer winken dem Gewinner auch heute tolle, phantastische Preise, bei denen man
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