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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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davon abgekriegt?«, fragte Karen Nissen mütterlich.
    »Quatsch«, sagte Jan Dutzen. »Natürlich nicht.«
    Es entstand eine Pause, in der manche der Anwesenden betroffen dreinschauten, andere nicht.
    »Und sonst?«, erkundigte sich Falk Taulow.
    »Wir konnten bislang etwa hundert Zeugenaussagen aufnehmen«, berichtete Henna Franzen und zwirbelte eine ihrer roten Haarsträhnen. »Es sind so viele, weil sich neben dem normalen Frachtverkehr zurzeit auch viele Urlauber nach Finnland einschiffen. Die Aussagen sind natürlich noch nicht alle ausgewertet und verglichen.«
    »Gut, morgen zur Frühbesprechung möchte ich, dass du uns die ersten Ergebnisse der Auswertungen vorstellst«, meinte Bruns.
    Franzen nickte.
    »Zusammen mit Island und Nissen.«
    Island sah, dass die junge Polizistin Jan Dutzen einen verstohlenen Blick zuwarf, so als überlege sie, ob sie nicht viel lieber ihn in ihrem Team gehabt hätte.
    »Wenn ihr Zwischenergebnisse habt, lasst es mich bitte wissen.«
    Damit löste Bruns die Versammlung auf.

11
    N ach der Besprechung machte sich Bruns mit Taulow auf den Weg nach Brunsbüttel, um den Geschäftsführer der Pantolon AG zu befragen, der ohne seine Anwälte nicht zur kleinsten Auskunft bereit war. Island ging in Franzens Büro und holte sich einen Packen DIN-A4- Kopien. Damit setzte sie sich an ihren Schreibtisch und begann zu lesen.
    Die Beobachtungen der Zeugen am Fährterminal und an der Wartespur Nummer 5 waren sehr heterogen. Manche Zeugen hatten ausführliche Beobachtungen gemacht, andere hatten angeblich gar nichts gesehen oder gehört, weder von einer Schlägerei noch von auslaufender Flüssigkeit aus einem der Lkws. Einer der Zeugen, ein estnischer Kleinbusfahrer mit guten Deutschkenntnissen, meinte, eine Frau gesehen zu haben, die aus der Richtung des betreffenden Gefahrguttransporters gekommen sei. Sie habe sich auffällig schnell in Richtung Terminal entfernt. Genauer beschreiben konnte er die Frau aber nicht. Auf Nachfrage hatte er zugegeben, dass es sich auch um eine ganz normale Urlauberin gehandelt haben könnte, die eine Toilette gesucht und sich zwischen den Fahrzeugen verlaufen hatte.
    Etwa zwanzig Lkw-Fahrer hatten ihre Beobachtungen über den Hergang der Prügelei zu Protokoll gegeben. Bei etlichen Aufzeichnungen hatte Island den Eindruck, dass die Männer absichtlich vage geantwortet hatten, wahrscheinlich, um möglichst schnell und unbehelligt aus der Sache herauszukommen. Man sagte gegenüber der deutschen Polizei einfach nichts Schlechtes über andere Fahrer. Außerdem wollte keiner von ihnen in Kiel aufgehalten werden. Zeit war Geld. Da war es schon schlimm genug, dass sich die Abfahrt der Fähre um Stunden verzögert hatte.
    Trotz aller Widersprüche und Ungereimtheiten, die immer auftreten, wenn viele Menschen als Zeugen befragt werden, entstand vor Islands innerem Auge nach und nach ein etwas genaueres Bild vom möglichen Ablauf der Ereignisse. Sie machte sich Notizen und stellte später mit Franzen und Nissen im Besprechungsraum eine Tabelle zusammen. In einer großflächigen Skizze am Flipchart zeichneten sie alle Positionen ein. Anschließend glichen sie diese noch einmal miteinander ab und kennzeichneten widersprüchliche Aussagen mit Textmarkern. Mit dieser Aufgabe waren sie den ganzen sommerheißen Nachmittag beschäftigt.
    Gegen siebzehn Uhr stand Island auf und ging in ihr Dienstzimmer, um ihre Handtasche zu holen. Eigentlich war sie nie der Handtaschentyp gewesen, aber nun, wo ihr Körper ständig nach etwas zu essen oder zu trinken verlangte und sie sich viel zerstreuter fühlte als sonst, hatte
sie die Tasche fast immer dabei. Sie enthielt neben Portemonnaie und Dienstausweis saure Fruchtgummis, ihren Schwangerschaftspass mit dem allerersten Ultraschallbild des Kindes, Taschentücher, ein verknicktes, vollgeschriebenes Notizbuch, einen MP-3-Player und weiteren Krimskrams, der gerade noch hineinpasste.
    »Muss los zum Babycheck«, sagte sie. »Wenn es nicht zu lange dauert, komm ich noch mal wieder.«
    Karen Nissen schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Weißt du eigentlich, dass Nachtarbeit für Schwangere verboten ist? Vielleicht gehst du ausnahmsweise einfach mal nach Hause? Wir kriegen das hier schon gewuppt.«
    Island verzog das Gesicht. Nissen hatte recht, sie konnte den ausklingenden Sommertag auch anders verbringen als mit dem Zuordnen und Abgleichen von Zeugenaussagen. Was ihr aber wirklich missfiel, war der mitleidige Hätschelblick, den ihre

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