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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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andere Seite des Sees reichten seine Kameras nicht. Das hatte sie jedenfalls geglaubt.
    Dann war das Unfassbare geschehen. Das Grauen hatte sich in ihr ausgebreitet, bis sie an gar nichts mehr denken konnte. Und dann hatte dieser Umschlag auf ihrem Bett gelegen. Mit dem USB-Stick darin und dem kurzen, aber eindeutigen Brief. Dabei war ihr Auto doch ihr Refugium gewesen, der Raum, über den sie uneingeschränkt herrschte. Zumindest hatte sie das geglaubt, bis sie den Stick in ihren Rechner geschoben und die darauf gespeicherte Datei geöffnet hatte.
    Wie hätte sie auch ahnen können, dass jemand den sogenannten Fohlenmelder für andere Überwachungsmaßnahmen verwendet hatte? Sie hatte das System damals gekauft, um die trächtigen Stuten im Stall überwachen zu können, denn manchmal dauerte es Stunden oder Tage, bis die Geburt einsetzte. Per Bildschirm konnte man von überall und jederzeit sehen, ob es Zeit war, in den Stall zu gehen oder den Tierarzt anzurufen. Irgendjemand hatte die winzig kleine Kamera, die man eigentlich in der Box oder in der Stallgasse anbrachte, direkt hinter dem Rücksitz in ihren Wagen montiert. Genau so, dass man alles, was sich im Wageninneren abspielte, sehen und hören konnte.
    Bei dem Gedanken an die Aufnahmen begannen ihre Hände schon wieder unkontrolliert zu zittern. Auf dem USB-Stick war festgehalten worden, was nie jemand erfahren durfte.

36
    O lga Island saß auf der Bank, blickte über den leeren Reitplatz und wartete, bis Theodor Tüx in seinem Maybach davongefahren war. Dann nahm sie ihr Fahrrad und schob es über den Hof, so als wollte sie den Fußweg in Richtung Mühlenhaus einschlagen.
    Der dunkelblaue Bus der Spurensicherung parkte auf einem Grasstreifen. Henna Franzen saß in der geöffneten Seitentür, ließ die Beine baumeln, kaute an einem Stück Brot und trank Tee aus einem Plastikbecher. Die anderen Kollegen waren offenbar alle am Tatort beschäftigt oder zur Befragung der Angestellten auf dem Gelände unterwegs. Island trat heran und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    »Hey, Frau Franzen, wie sieht’s aus?«, sagte sie leise.
    Henna Franzen sprang auf und machte, das Brot schwenkend, eine auffordernde Handbewegung in den Bus hinein.
    »Frau Island«, sagte sie mit lauter Stimme. »Steigen Sie doch bitte mal ein. Da kann ich gleich Ihre Zeugenaussage protokollieren.«
    »Wenn es sein muss.«
    Island stellte das Rad ab, kletterte in den Bus und zwängte sich halb hinter den kleinen Arbeitstisch. Franzen zog die Seitentür des Fahrzeuges zu und hockte sich auf die Sitzbank ihr gegenüber. Die Scheiben des Busses waren verspiegelt. Sie waren ungestört.
    »Was sagt Frau Schröder denn zur Todesursache?«
    »Ein sauberer Stich ins Herz.«
    »Anders als bei Theissen?«
    »Das konnte sie noch nicht sagen. Aber es war wohl ein sehr gezieltes Vorgehen. Ein einziger Stich – und tot. Da hat jemand sein Handwerk verstanden.«
    »Und die Tatwaffe?«
    »Ist ein verdammt scharfes Küchenmesser. Unsere Medizinerin hält es nicht für ausgeschlossen, dass Theissen mit einem ganz ähnlichen Messer erstochen wurde.«
    »Mit demselben womöglich?«
    »Das könnte sogar sein.« Franzen nahm nachdenklich ein paar Schlucke aus dem Plastikbecher. »Olga, was geht hier vor? Hast du einen Verdacht?«
    Island schnappte sich ebenfalls einen Plastikbecher und schenkte sich Tee ein.
    »Ich habe vor allem noch viele Fragen. Was zum Beispiel wollte Jon Theissen auf dem Hof? Er hat irgendetwas in dem Archiv gesucht, aber ich habe keine Ahnung, was. Er konnte angeblich die alte deutsche Schrift gar nicht lesen. Woran hat er also gearbeitet? Was gibt es hier auszuspionieren? Hatte Theissen als Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes womöglich einen dienstlichen Auftrag?«
    »Sein Vorgesetzter ist nicht erreichbar, und das Amt weigert sich bisher, in dieser Frage mit uns zusammenzuarbeiten«, erklärte Franzen und verzog missmutig den Mund.
    »Gut«, sagte Island, »bleiben wir noch ein wenig auf der persönlichen Schiene. Wegen Jon Theissen soll es einen lauten Streit zwischen Lena von Dünen und ihrem Mann Peter gegeben haben. Ist es also möglich, dass Theissen etwas mit Frau von Dünen hatte und ihr Mann deswegen eifersüchtig war? Was ist mit der Tochter des Ehepaars? Sie sieht ganz anders aus als ihre Brüder. Könnte sie einen anderen Vater haben?«
    »Warum hinkt das Kind eigentlich so?«, fragte Franzen.
    »Sie soll als Baby einen schweren Autounfall überlebt haben.«
    Franzen

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