Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)
ermitteln sollen. Nur eben mit der gebotenen Zurückhaltung. Gleichzeitig ist Ihnen allen wohl völlig klar, dass ich das, was ich eben gesagt habe, niemals gesagt habe.«
Es war so still, dass man die berühmte Stecknadel hätte fallen hören können. In die Stille hinein räusperte sich Olga Island. Ihre Stimme klang belegt. Aber sie dachte nicht daran, ihre Worte zurückzuhalten. »Dr. Theodor Tüx verprügelt seine Frau. Darf er das auch?«
»Frau Island«, mischte sich Hugo Clausen ein. »Nun erzählen Sie doch nicht so einen Blödsinn.« Rote Flecken kamen an seinem Hals zum Vorschein, und er lockerte den Schlips.
»Ich habe es aber mit eigenen Augen gesehen.«
Es war wieder still am Tisch.
Jetzt räusperte sich Thoralf Bruns. »Frau Island hat auf dem Sommersitz der Familie Tüx ein paar Tage Urlaub gemacht.«
»Aha«, sagte Hugo Clausen indigniert. »Das haben wir aber nicht gehört! Verstanden? Mein Kollege Arbit und ich werden diese Runde jetzt verlassen. Denken Sie daran, es gibt Fälle, bei denen schon komplette Mordkommissionen ausgetauscht worden sind.«
»Das hätten die wohl gern«, murmelte Dutzen, als die beiden Männer gegangen waren.
Staatsanwalt Lund schüttelte den Kopf.
»Wir lassen uns nicht einschüchtern«, sagte er in seinem gewohnten, ruhigen Ernst. »Wir machen einfach ganz dienstlich weiter. Lassen Sie uns also zu den Morden auf Kreihorst kommen.«
»Frau Nissen, bitte«, sagte Thoralf Bruns.
Karen Nissen beugte sich geschäftig vor. »Wir haben uns darum bemüht, die Aufzeichnungen aus den Überwachungskameras des Gutshofes zu bekommen, aber der Eigentümer weigert sich, sie herauszugeben, und beruft sich uneingeschränkt auf seinen Privatbesitz. Wir wissen nicht einmal, wie viele Überwachungsgeräte er überhaupt installiert hat.«
»Vielleicht sollten wir ihn davon überzeugen, dass er sich mit den Filmen aus den Kameras persönlich entlasten kann.«
»Tüx selbst steht bislang ja nicht unter Verdacht.«
»Er behauptet, Jon Theissen nicht persönlich gekannt zu haben, und mit Cord Petersen habe er auch nie näher zu tun gehabt. Den habe allein der Verwalter eingestellt und beschäftigt.«
»Können wir ihn nicht irgendwie zu einem Verdächtigen machen?«
»Frag doch mal seine Frau«, warf Island ein. »Ich habe doch selbst gesehen, wie er ihr ins Gesicht geschlagen hat.«
»Die sagt doch bestimmt nichts.«
»Dann ist ihm auch nichts nachzuweisen.«
»Er scheint jedenfalls nichts mit den Morden zu tun zu haben.«
»Könnten wir nicht einen Durchsuchungsbefehl erwirken und das ganze Gut mal richtig hopsnehmen?«
»Nein«, sagte der Staatsanwalt, »dazu haben wir bisher doch nichts in der Hand. Ermitteln Sie weiter.«
Sie redeten noch eine Weile durcheinander. Irgendwann tauchte eine der Schreibkräfte auf und bat Island ans Telefon.
»Da ist eine Dame, die Sie unbedingt sprechen möchte. Sie scheint sehr aufgeregt.«
»Bitte, stellen Sie sie zu mir durch.«
Island ging in ihr Zimmer und wartete auf das Klingeln. Sie erkannte die Anruferin sofort an ihrem österreichischen Akzent.
»Woher haben Sie meine Nummer?«, fragte Island.
»Ich hab mir solche Sorgen gemacht und deshalb bei der Polizei in Achterwehr angerufen. Da hat der Herr Polizeihauptmeister Stark mir gesagt, ich sollte Sie anrufen. Mordkommission, ach du Schreck! Ich habe mir aber schon gedacht, dass mit Ihnen was nicht stimmt.«
»Wieso?«
»Sie haben immer so unbeteiligt gewirkt. Dabei sind die Sommergäste der von Dünens sonst immer total neugierig. Sie wollen immer alles wissen, wie es bei der Herrschaft so zugeht.«
»Also, Frau Markowich, was haben Sie auf dem Herzen?«
»Die Herrschaften sind beide fort. Ich bin für die Kinder verantwortlich, und die sind alle nicht zum Frühstück gekommen, und ich kann sie nirgends finden. Frau Rubi-Tüx ist zu einem Arztbesuch in Hamburg, und Herr Dr. Tüx ist nach Brüssel geflogen und seit heute Morgen in einer wichtigen Besprechung, bei der man ihn nicht stören darf. Und weder Paul-Walter noch eines der anderen Kinder geht ans Handy. Es sind ja schon zwei Menschen tot, da macht man sich doch Sorgen.«
»Sie haben ganz richtig gehandelt, Frau Markowich. Können Sie mir sagen, ob die Jugendlichen irgendwelche persönlichen Sachen mitgenommen haben?«
»Ihre Sachen sind noch auf den Zimmern. Sie haben nur das bei sich, was sie auf dem Leib tragen. Ihre Betten sind unbenutzt, sie müssen schon seit gestern Nacht weg sein.«
»Ist Ihnen sonst
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