Kann denn Fado fade sein?
dafür zu verlangen. Deshalb hat man ihn mit einer Statue geehrt. Und seitdem wirkt er Wunder – wenn man dort eine Kerze anzündet, hilft das gegen Krankheiten. Er wird als Heiliger verehrt, sein Kult wird aber von der katholischen Kirche nicht anerkannt.«
Bisher war mir Senhor Filipe weder durch besonders große Frömmigkeit noch durch seinen Glauben an Wunder aufgefallen. Okay – er spielt in der Lotterie Euromilh ões mit, aber das ist ja kein echter Wunderglaube. Bisher dachte ich, er sei ein rationaler Mensch, seriös in seinen Ansichten und seinem Auftreten.
Ich erinnere mich allerdings jetzt, dass mir bei meinem letzten Botschaftsbesuch diese Statue aufgefallen ist. Unzählige weiße Marmortäfelchen lagen um sie herum, auf denen nicht nur Namen geschrieben standen, sondern auch Daten und immer wieder: obridago .
»Genau«, sagt Senhor Filipe, »von den Menschen, denen Sousa Martins eben geholfen hat. Eine liebe Freundin von mir ist sehr krank.«
Aha. Na ja, wenn er meint …
Je mehr Portugiesen ich kennenlerne, desto klarer wird mir: Es gibt kaum einen, der nicht an so etwas glaubt. Flüche und Segnungen, Zauber für Liebe und gegen Krankheiten, Hexerei und macumba – all das gehört in Portugal zum Alltagsleben.
Überhaupt – macumba . Dieses Wort raunt jeder geheimnisvoll vor sich hin.
Ich treffe reife Männer, die fragen: »Kannst du macumba ?« Ich begegne tollen, starken Frauen, die sagen: »Das ist macumba !« – immer dann, wenn etwas schiefläuft. Im Job. In der Ehe. In der Familie. In finanziellen Angelegenheiten.
Nur: Was ist macumba ? Irgendetwas Brasilianisches, höre ich. Wikipedia klärt auf: Es ist so etwas Ähnliches wie Voodoo. Auf jeden Fall: schwarze Magie.
All das begegnet mir bei Menschen, die nicht irgendwo in der Pampa wohnen, sondern in der Großstadt. Nicht ungebildete Portugiesen, die es vielleicht einfach nicht besser wissen. Sondern Lehrer, Journalisten, Physiotherapeuten, TAP-Piloten. Apotheker und Stewardessen, Kellner und Geschäftsleute. Ich habe absolut nicht den Eindruck, dass die mich alle auf den Arm nehmen. Und wenn doch, dann handelt es sich um eine landesweite Verschwörung.
Außerdem dachte ich immer, die Portugiesen sind alle gläubige Katholiken.
Kleine Notiz am Rande:
In Portugal ist Fátima einer der wichtigsten Wallfahrtsorte der katholischen Kirche: Fátima hat einen größeren Kirchenvorplatz als der Petersdom in Rom. Die neue Kirche Igreja da Santissima Trindade ist mit 9000 Plätzen die viertgrößte Kirche der Welt. Hier wird gewallfahrtet, was das Zeug hält. Immer ab 13. Mai, jeden Monat bis 13.Oktober. An den Daten also, an denen vor knapp hundert Jahren die Erscheinung der Jungfrau Maria und ein »Sonnenwunder« stattgefunden haben sollen. Hier geben sich die Päpste die Klinke in die Hand: Johannes Paul II. war gleich dreimal hier, Benedikt XVI. schon einmal.
Oder liegt es vielleicht gerade daran? Hier glaubt man eben noch an Wunder. Und wenn sie nicht in Fátima oder in Lissabon, in Porto oder in Braga (der Stadt, in der einem portugiesischen Sprichwort zufolge am meisten gebetet wird) geschehen, muss man eben auf andere Art und Weise nachhelfen. Im Improvisieren sind die Portugiesen bekanntlich große Meister. Bei Wundern und im Glauben eben auch.
Kapitel 18
Die Rache der Alfâdenga
»Du musst dein Auto ummelden, sonst kommst du in Teufels Küche!« Das ist die Reaktion derer, die gesetzestreu sind. Die hier einen festen Job haben, vielleicht sogar zwei Fahrzeuge brauchen, weil zum einen die Kinder in die Schule gebracht werden müssen, zum anderen ein Auto für die Fahrt zur Arbeitsstelle gebraucht wird. Die vielleicht bei der Botschaft oder der NATO arbeiten, bei einer europäischen Behörde oder einem internationalen Konzern und es sich einfach nicht leisten können, »ein bisschen illegal« zu sein. Nicht, dass man mit einem Bein im Knast stünde. Aber: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Sie haben alle ihr(e) Auto(s) brav umgemeldet und fahren demzufolge mit portugiesischem Kennzeichen durch die Gegend.
»Du brauchst dein Auto nicht umzumelden. Tausende fahren hier mit ausländischem Nummernschild herum, lassen sogar die Maut elektronisch einziehen. Mach dir keine Sorgen – das klappt schon!« Das ist die Reaktion derer, die das Leben eher auf die leichte Schulter nehmen. Die glauben, sich durchmogeln zu können. Die damit erstaunlicherweise schon seit Jahren, manchmal seit Jahrzehnten gut fahren – im wahrsten
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