Kann denn Fado fade sein?
übrigens hat beschlossen: »Max muss nie wieder in den ›Knast‹. Jetzt darf er raus, wann immer er will!«
Ich habe jetzt zweieinhalb Hunde.
Was ich bis heute nicht herausgefunden habe, ist, aus welchen Gründen die Hunde in Portugal zu welchem Zeitpunkt nachts bellen. Es gibt Nächte, die verlaufen völlig ruhig. Man hört lediglich hin und wieder ein Kläffen in der Ferne. In anderen Nächten fängt plötzlich ein Hund in der Nachbarschaft an, Alarm zu schlagen. Und nacheinander schließen sich alle in der näheren und weiteren Umgebung an – und das Ganze dauert zehn oder fünfzehn Minuten. Dann herrscht wieder tiefe nächtliche Ruhe.
Manchmal bellen meine zweieinhalb Hunde mit. Manchmal bellt nur einer; meist ist es Max. Manchmal meldet Giò sicherheitshalber nochmals im Haus, mit Vorliebe direkt neben meinem Schlafzimmer, dass draußen Großalarm herrscht. Nicht dass ich das verschlafe und nicht mitbekomme. Ginge ja gar nicht.
Manchmal verschlafen alle drei den Lärm ihrer vierbeinigen Nachbarn und wachen nicht eine Sekunde auf. Das sind mir natürlich die liebsten Nächte. Ganz ohne Hundegebell jedoch – solche Nächte gibt es in Portugal nicht.
Kapitel 17
Tote Tauben, rote Rosen, weiße Kerzen
Natürlich sind die Römer schuld daran. Sie haben in Portugal nicht nur gegen Kelten und Lusitanier gekämpft. Sie haben der Serra da Sintra auch den alten Namen Monte da Lua – Mondberg – hinterlassen. Dass der Mond etwas Mystisches, manchmal Unheimliches an sich hat, das weiß ja wohl jeder.
Es dürfte mich also im Grunde nicht wundern, dass sich auf den Straßen und Pfaden im Naturschutzgebiet des Sintra-Gebirges, unweit von Lissabon, Merkwürdiges abspielt. Aber nicht nur dort, wie sich herausstellt.
Ich bin mit den Hunden an der langen Leine in der Serra da Sintra unterwegs, nicht auf der Teerstraße, sondern abseits davon. Macht den Hunden mehr Spaß, und mir auch. Plötzlich sehe ich an einer Stelle, wo sich zwei breite Fußwege kreuzen, einen zerbrochenen Teller, ein paar Blüten, ein oder zwei Handvoll Körner.
Ein ungewöhnlicher Platz für ein Picknick. Auch ungewöhnliche »Zutaten«. Die Hunde laufen weiter, ich vergesse das Ganze.
Ein paar Hundert Meter weiter wieder eine Kreuzung. Diesmal steht eine fast volle Flasche bagaço , Tresterschnaps, auf dem Boden. Daneben zwei Zigarren und eine Schachtel Streichhölzer. Sie ist leicht aufgeschoben, und etwa fünfundzwanzig Zündhölzchen sind ordentlich so aus der Schachtel gezogen, dass sie eine exakte Reihe bilden. Daneben ein Kaffeebecher, halb mit Schnaps gefüllt.
Diesmal kann ich es nicht einfach übersehen oder vergessen. Schließlich haben wir Hochsommer, und Zündhölzer im Wald sind nicht unbedingt optimal. Ich schaue mich um, sehe aber niemanden. Hält sich der vermeintliche Brandstifter im Gebüsch auf? Geht er vielleicht gerade einem dringenden menschlichen Bedürfnis nach?
Langsam, im Schritttempo, fährt auf der Teerstraße unterhalb der Fundstelle ein Auto der GNR vorbei. Die Polizei fährt offensichtlich Streife; sicher wegen der ständigen Waldbrandgefahr.
Also nichts wie hin! Ich winke, halte mühsam die Hunde fest (Uniform-Träger werden stets energisch verbellt). Der Wagen hält an, der Beamte steigt aus und fragt mich – als ich die Hunde endlich zur Ruhe gebracht habe – nach meinem Anliegen.
»Ich wollte Ihnen Bescheid sagen: Da oben liegen Zündholzer und Alkohol – nicht dass hier jemand ein Feuer anzünden will!«
Der GNR-Mann zeigt sich überhaupt nicht überrascht. Das wiederum überrascht mich. Er geht mit mir die paar Meter zu meinem Fund. Schaut sich alles an, grinst und klärt mich auf: »Machen Sie sich keine Sorgen, Senhora. Hier kreuzen sich zwei Wege.«
»Ja, das ist mir schon klar. Aber warum liegen diese Sachen hier?«
»Das ist ein Geschenk«, erklärt er. »Sozusagen eine Opfergabe, um die Waldgeister freundlich zu stimmen. Manchmal finden wir auch tote Hühner. Immer an Kreuzwegen.«
Dann kümmert sich der GNR-Beamte um die Schnapsflasche, die Zigarren, den Becher und die Zündholzer und setzt sich wieder in sein Auto.
Allerdings fällt mir auf: Er schüttet lediglich den Alkohol aus dem Becher. Die Flasche verstaut er sorgfältig im Wagen. Zu seinen Gunsten nehme ich an, dass er sie mit aufs Revier nimmt. Und sich nicht als Waldgeist betrachtet, dem diese Opfergabe dargebracht wurde.
Kleine Notiz am Rande:
Noch ist keine Badesaison, noch kann ich die Hunde morgens am Strand toben
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