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Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Wolf
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Inspektion beginnen kann, werde ich von meinem Handy unterbrochen, das in der Tasche meiner Jeans vibriert und damit eine eingegangene SMS meldet.
    Muss gerade an dich denken. Deine Küsse haben echt süchtig gemacht, und ich hab jetzt schon die ersten Entzugserscheinungen! Wann können wir was dagegen tun? Severin  
    Wammmmm – schon haben sich meine Gefühle innerhalb von Sekunden in diesem unbeobachteten Augenblick wieder in alle Himmelsrichtungen verstreut und das pure Chaos hinterlassen.
    Was soll ich jetzt nur tun?

Home, sweet Home
     
    Es gibt wirklich nur zwei Fälle, in denen ich meine Eltern besuche: entweder wenn ich sehr verzweifelt bin oder man mich mit Tabletten absolut willenlos gemacht hat. Und nun sitze ich neben meinem Bruder im Auto und bin auf dem Weg zu ihnen. Ja, ich bin sehr verzweifelt (wobei ich nicht eindeutig ausschließen kann, dass Moritz nicht vielleicht doch irgendwelche Pillen in den Pfannkuchenteig gerührt hat), denn ich komme mit meiner Gefühlswelt einfach nicht klar. Das Einzige, wovon ich mir jetzt noch Rettung verspreche, ist Abstand. Abstand zu Jan, Severin, der Arbeit, zu einfach allem, was in München an jeder Ecke auf mich lauert und nur darauf wartet, mich anzuspringen und mir weiter an Herz und Verstand zu nagen. Doch je mehr wir uns dem Wohnort unserer Eltern nähern, desto mehr bereue ich meinen Entschluss schon wieder.
    »Wir könnten noch umdrehen«, schlage ich deshalb vor.
    Moritz grinst. »Nichts da, wir sind bald da, jetzt dreht hier niemand mehr um.«
    »Aber ich wollte ja eigentlich gar nicht zu Mama und Papa! Es war einfach ein schwacher Moment, den du schamlos ausgenutzt hast!«, werfe ich ihm vor, und meine Stimme klingt erschreckend zickig. Das kann ja heiter werden.
    »Ja, weil du sonst nie bei ihnen vorbeischauen würdest und so alles nur noch schlimmer werden würde. Die drei Tage wirst du schon aushalten. Obwohl sie in Augsburg wohnen, sehen sie dich noch weniger als mich – und von München aus ist es wirklich nur ein Katzensprung!«
    »Schimpfst du etwa gerade mit mir?«
    »Nein, ich versuche, dich in ein Gespräch zu verwickeln, damit du mir nicht aus dem fahrenden Auto springst!«
    »Haha!«, maule ich.
    »Willst du Mama und Papa eigentlich von deiner Kolumne erzählen?«
    »Nein, dann wollen sie nur wieder etwas davon lesen und Mama würde in Ohnmacht fallen, weil sie mich nicht zu so was erzogen hat .«
    »Zu was? Zu einer Emanze? Zu einer eigenständig denkenden und oftmals etwas zu kritischen jungen Frau?« Moritz grinst.
    »Sie würde diesen neumodischen Kram nicht gutheißen und mir nur wieder alles schlechtmachen. Es reicht schon, dass ich das allgemeine Gemecker wieder über mich ergehen lassen muss.«
    »Ach, Vicky, stell dich nicht so an! Du wirst sehen, es ist alles halb so schlimm. Vielleicht wird es ja sogar ganz nett?«
    »Victoria, du hättest dir wirklich mal den Pony schneiden lassen können, bevor du herkommst! Man sieht deine schönen Augen ja gar nicht!«, begrüßt mich meine Mutter und zupft mir tadelnd meine in Form geföhnten Fransen aus der Stirn. »Oh, und du hast immer noch mit deiner Akne zu kämpfen? Na ja, ist ja kein Wunder, wenn dir ständig deine Haare ins Gesicht hängen! Du musst Licht und Luft an deine Haut lassen! Ernährst du dich eigentlich immer noch so schrecklich ungesund? Das würde auch erklären, warum du um die Hüften herum ein bisschen fülliger geworden bist! Aber gut, komm erst mal rein.«
    Tag, Mama, ich freue mich auch, dich zu sehen!
    Ich werfe Moritz einen wütenden Blick zu, doch der zieht nur den Kopf zwischen die Schultern, lässt seinen Blick durch den Vorgarten schweifen und pfeift betont unschuldig vor sich hin. Vielleicht wird es ja sogar ganz nett! Pah! Mein Bruder und sein blöder Optimismus!
    »Wo ist denn Papa?«, frage ich und folge Mutter und Bruder ins Haus.
    »Zieht bitte die Schuhe aus, ihr tragt mir sonst den ganzen Dreck ins Haus! Euer Vater ist unten im Keller bei seiner Modelleisenbahn. Wo auch sonst …« Sie rollt mit den Augen und setzt ihren Weg in die Küche fort, während ich und Moritz uns unsere Winterstiefel von den Füßen schütteln.
    »Und was soll ich mit Carusos Pfoten machen?«, frage ich angesichts der Matschspur, die wir bereits durch den ganzen Flur gezogen haben. »Soll ich ihm etwa Gästepantoffeln anziehen?«
    »Du weißt doch, dass Mama Caruso nichts übel nehmen kann!«, flüstert mir Moritz zu. »Wir sollten auch unsere Pfütze auf ihn schieben, dann

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