Kann es wirklich Liebe sein
Schnell wickelte sie sich ein Geschirrtuch um die Hand, ergriff die Kaffeekanne, die sie vorhin aufgesetzt hatte, und schenkte die dampfende schwarze Brühe in fünf Tassen. Dann stellte sie die Kanne zurück und sah aufmerksam in Richtung Tür. Alle vier Archers standen in der Tür und starrten sie an, als hätten sie noch nie zuvor eine Frau gesehen, die Kaffee ausschenkte.
„Ich dachte, ihr könntet ein bisschen Wärme gebrauchen, bevor ihr nach draußen geht. Die Nacht wird kalt und keiner weiß, wie lange ihr warten müsst.“ Sie lächelte, während sie das nervöse Flattern in ihrem Magen zu beruhigen versuchte.
Endlich trat Travis vor und nahm ihr eine Tasse ab. „Danke.“ Sein Blick traf den ihren und eine Wärme durchdrang sie, die rein gar nichts mit dem heißen Kaffee zu tun hatte.
Schnell senkte Meredith die Augen und reichte dann auch Crockett, Jim und Neill jeweils eine Tasse. Jeder bedankte sich murmelnd und nickte ihr zu, doch keiner erregte bei ihr die gleichen seltsamen Gefühle.
Sei vorsichtig, Meredith. Nach der ganzen Sache hier gehst du wieder nach Hause. Verlier nicht dein Herz an einen zurückgezogenen Cowboy, der in seinem Leben keinen Platz für dich hat.
„Ich habe Sadie mitgebracht, damit du Gesellschaft hast, wenn wir draußen sind.“ Travis stieß einen Pfiff aus und ein großer schwarzer Hund wuselte zwischen den Beinen der Archers hindurch. Die Krallen klickten auf dem Boden und der wedelnde Schwanz war Meredith sofort sympathisch. Travis gab ein Zeichen und der Hund lief zu Meredith und setzte sich neben sie.
„Das ist Sadie? Der bösartige Welpe, der mich fast aufgefressen hätte?“ Meredith grinste und beugte sich nach unten, um den alten Hund zu streicheln. Sadies Schwanz zischte freundlich über den Boden. „Jetzt, wo ich größer bin und du älter, bist du nicht annähernd so Furcht einflößend.“
„Furcht einflößend? Sadie?“, spottete Neill. „Sie ist ein gealterter Vogelhund. Wer würde sich vor ihr fürchten?“
„Neill!“ Travis sprach mit ermahnendem Tonfall.
Meredith lachte leise. „Ist schon gut.“ Sie hockte sich hin und kraulte den Hund ausgiebig am Hals und an den Flanken. „Jeder sieht, dass Sadie ein herzensguter, treuer Hund ist. Aber ein zehnjähriges Mädchen mit übertriebener Vorstellungsgabe, das sein Leben lang Geschichten über die menschenfressenden Hunde der Archers gehört hat, konnte Sadies Enthusiasmus ein wenig missinterpretieren.“
„Menschenfressende Archerhunde? Was ist das denn für ein –“
„Vergiss es, Neill“, schnitt Travis ihm das Wort ab. „Wir müssen uns jetzt um andere Sachen kümmern. Schnappt euch die Mäntel und steigt in die Sättel.“
Neill verließ mit Jim und Crockett im Schlepptau die Küche, wo Meredith nun ganz alleine mit Travis war. Er trat einen Moment lang von einem Fuß auf den anderen, dann stellte er schließlich seine Kaffeetasse beiseite. „Sadie mag vielleicht alt sein“, sagte er und sein Blick wanderte durch den Raum, „aber sie ist eine gute Wachhündin. Sie bellt, sobald sie irgendetwas Ungewöhnliches hört, also behalt sie in deiner Nähe.“
„Das mache ich.“ Meredith kraulte den Hund noch ein letztes Mal und richtete sich dann auf.
Travis legte seine Hände auf die Rückenlehne des nächstbesten Stuhles und seine Finger massierten das Holz, als sei er sich nicht sicher, was er mit ihnen anfangen sollte. Eine seltsame Geste für einen Mann, der die Autorität wie eine zweite Haut zu tragen schien. Die Unsicherheit und Verletzlichkeit in seinem Verhalten ließen Merediths Puls schneller werden.
„Bleib im Haus“, sagte er noch einmal. „Hier bist du sicher.“ Endlich sah er ihr in die Augen. „Wenn mir irgendwas passieren sollte, kümmern sich die Jungs um dich, also musst du dir um nichts Sorgen machen.“
Sie senkte die Lider und sah Travis dann wieder an. „Sei vorsichtig.“
Er räusperte sich und sah dann schnell weg. „Mach ich“, murmelte er und schnappte sich seinen Mantel. „Ach, und Meredith …“
„Ja?“
„Danke.“
Als Travis den Raum verließ, lächelte Meredith. Was auch immer die Nacht noch brachte, der Weg zur Archerranch hatte sich schon gelohnt.
* * *
Jeder der Brüder machte sich auf dem Rücken seines Pferdes auf den Weg zu den abgesprochenen Positionen im Wald, wo sie sich verbergen sollten. Sie hatten sich zuerst in der Scheune verstecken wollen, doch dort hätten sie nur nach zwei Seiten hin freie Sicht gehabt. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher