Kann es wirklich Liebe sein
geben? Wäre das Wohnhaus das nächste Ziel? Oder würde Roy endlich aufgeben?
Bitte, Herr, lass ihn aufgeben.
Doch tief in ihrem Herzen wusste sie, dass er das nicht tun würde. Roys Ambitionen reichten fast so tief wie Travis’ Loyalität. Etwas Drastisches würde passieren müssen, bevor einer der beiden Männer nachgab.
Etwas Drastisches … Merediths Atem wurde flach.
„Du glaubst nicht, dass er in eine Falle läuft, oder?“
Crockett warf ihr einen schnellen Seitenblick zu, bevor er seine Augen wieder auf die Umgebung richtete. „Travis ist klug. Er wird die Lage beobachten, bevor er sich im offenen Gelände zeigt, und selbst dann wird er seine Waffe auf denjenigen gerichtet halten, der ihm gegenübertritt. Er kann auf sich aufpassen.“
Wenn Crockett so überzeugt von Travis’ Fähigkeiten war, warum umklammerte er dann seine Waffe wie ein Soldat, der den Befehl erhalten hatte, an der Front zu kämpfen?
„Was ist, wenn Roy mehr als nur einen Mann schickt? Was, wenn sie Travis eine Falle stellen? Jemand sollte nach ihm sehen. Er ist schon zu lange weg.“
„Es geht ihm gut. Jetzt sei bitte still.“ Die leichte Zurechtweisung erfüllte ihren Zweck, doch ihre Befürchtungen mussten Crockett zu denken gegeben haben, denn als er sich wieder dem Fenster zuwandte, fingerte er nervös am Griff seiner Waffe herum.
Meredith schwieg, doch ihre Angst war ungebrochen. Sie sah zu, wie Crockett den Hof beobachtete. Jedes Mal, wenn sich seine Augen einer anderen Stelle zuwandten, hielt sie die Luft an.
Gerade als sie dachte, das Warten würde sie noch verrückt machen, tönte ein bekannter Vogelruf durch das Fenster – einer, den sie an dem Nachmittag gehört hatte, als sie hierhergekommen war. Crockett entspannte sich sofort und gab ihr ein Handzeichen. „Ich habe dir doch gesagt, dass es ihm gut geht.“
Danke, Herr!
Meredith ließ sich in die Kissen sinken. Sie grinste Crockett an, doch bevor sie ihm Fragen stellen konnte, warf er das Fenster zu und rannte mit dem Gewehr in der Hand aus dem Zimmer.
Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Lag immer noch Gefahr in der Luft? Vielleicht konnte Crockett es aber auch nur nicht abwarten, seinen Bruder zu begrüßen und die Details seines Zusammentreffens mit Roys Handlanger zu erfahren. Hmm … Sie wollte diese Details auch erfahren, doch sie bezweifelte, dass die Archers sie freiwillig mit ihr teilen würden. Sie sagten ihr immer nur, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Eine wirklich lästige Angewohnheit.
Warum dachten Männer immer, dass sie Frauen vor der Wirklichkeit beschützen mussten? Es machte ihr nichts aus, wenn man sie vor wilden Tieren oder mörderischen Menschen beschützte, aber vor der Wahrheit musste man sie nun wirklich nicht beschützen! Meredith verzog ihr Gesicht, als sie die Bettdecke zurückschlug. Je mehr sie über eine Situation wusste, desto weniger Sorgen musste sie sich machen – nicht anders herum. Wenn sie noch einen oder zwei Tage bei den Archers bleiben sollte, musste sie wissen, was vor sich ging.
Langsam und vorsichtig setzte Meredith sich auf und schwang die Beine über die Bettkante. Sie blinzelte, als der Boden sich zu bewegen schien, und als alles sich wieder beruhigt hatte, erhob sie sich wie in Zeitlupe. Ihre nackten Füße fanden Halt auf dem weichen Teppich, der das Bett umgab, mit einer Hand griff sie nach dem Bettpfosten. Sie trug immer noch Travis’ Hemd über ihrem Nachthemd und es hatte sich mittlerweile mit dessen Rock verheddert. Mit der freien Hand zog sie das zu große Kleidungsstück zurecht, bevor sie langsam einen Fuß vor den anderen setzte und in Richtung der Zimmertür ging.
Irgendwo schlug eine Tür zu und Männerstimmen erklangen im Haus. Aufgeregte Männerstimmen.
Noch neugieriger als zuvor trat Meredith an die Tür und legte eine Hand auf den Knauf, während sie sich mit der anderen am Türrahmen festhielt. Der Raum um sie herum schwankte leicht, doch nachdem sie tief eingeatmet hatte, stabilisierte er sich wieder. Sie hoffte, dass sie von hier aus hören konnte, was die Archers in der Küche besprachen. Eine weitere Strecke würde sie wohl nicht zurücklegen können.
Mit gesenktem Kopf öffnete sie langsam die Tür … nur um vor sich auf dem Boden völlig überraschend zwei Paar Stiefel zu sehen.
Ein vernehmliches, erschrockenes Luftschnappen erklang. Meredith erstarrte.
„Himmel, hilf! Was haben Sie ihr angetan?“
Meredith riss den Kopf hoch. „Onkel Everett?“
Schmerz
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