Kann es wirklich Liebe sein
und zum Abendessen wieder da sein. Ich verspreche, dass ich meine Aufgaben hier trotzdem voll erfülle. Dir würde gar nicht auffallen, dass ich nicht da bin.“
Ihre Sätze strömten so rasend schnell auf ihn ein, dass ihm ganz schwindelig wurde. Ein Ziehen machte sich in seinem Magen breit.
„Bitte sag, dass du mich gehen lässt.“
„Nein.“ Travis Mund schloss sich nach diesem einen Wort, als hätte sich eine unsichtbare Hand daraufgelegt. Ihr enttäuschter Gesichtsausdruck stach ihm ins Herz, doch er durfte nicht nachgeben. Er biss die Zähne zusammen und sah hinauf zum Mond.
Die Ranch verlassen? Alleine? Auf keinen Fall würde er das zulassen. Alles Mögliche könnte passieren. Alles Mögliche.
Ihre Beine hielten in der Bewegung inne. „Warum?“
„Archers gehen nicht weg.“
Meredith legte ihre Hand auf die seine. „Warum?“
Die Muskeln in seinem Kiefer zuckten. Warum stellte sie seine Entscheidung infrage? Warum konnte sie nicht einfach auf ihn hören? Sein Arm fing an zu zittern. Meredith streichelte seine Hand, als wolle sie ihn beruhigen. Sie hatte es bemerkt. Sie hielt ihn für schwach. Ängstlich. Aber sie verstand es einfach nicht.
Travis entzog ihr seine Hand. Er musste gehen. Weg. Entkommen.
„Warum verlassen Archers niemals die Ranch, Travis?“, bohrte sie weiter.
„Ein Versprechen.“ Der Bach vor ihm verschwand und machte Platz für das Bild seines Vaters, der seine Hand nach ihm ausstreckte und ihm dieses Versprechen abnahm. „Ich habe versprochen, mich um sie zu kümmern. Sie zusammenzuhalten. ‚Verlass das Land nicht, Sohn‘, hat er gesagt. ‚Sonst nehmen sie es dir weg. Sie reißen euch auseinander. Haltet zusammen. Auf unserem Land seid ihr stark.‘“
Travis blinzelte und das Bild seines Vaters verschwand. Seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. „Auf unserem Land sind wir stark.“
Meri hob ihre Hand und legte sie auf seine Wange. Er schloss die Augen.
„Du bist überall stark, Travis. Das seid ihr alle.“
Ihre Hand fühlte sich kühl an auf seiner Wange und für einen kurzen Moment gestattete er sich, sich an sie zu lehnen. Langsam, ganz langsam, öffnete er die Augen wieder und sah direkt in Merediths’, die voller Vertrauen und Bewunderung waren. Er war sich nicht sicher, ob er diese Gefühle wirklich verdiente.
„Dein Vater hatte recht, als er dir gesagt hat, ihr sollt zusammenhalten und euch von anderen fernhalten. Ihr wart damals so jung, dass die Leute euch ausgenutzt und beraubt hätten. Aber ihr seid keine Jungen mehr. Nicht einmal Neill. Ihr seid Männer. Starke Archermänner. Diese Ranch war all die Jahre über ein sicherer Hafen für euch, aber wenn ihr nicht aufpasst, wird sie zu einem Gefängnis.“
„Sie ist kein Gefängnis!“ Er entzog sich ärgerlich ihrer Berührung und sprang vom Felsen hinunter. „Sie ist ein Zuhause.“ Er ballte die Hand zur Faust, als könne er so ihren Behauptungen entgegenwirken.
Das Rascheln von Stoff auf Stein erklang hinter ihm, gefolgt von einem kleinen Schnaufen, als sie vom Stein herunterkletterte. „Ein Zuhause, in dem keiner frei ist, zu gehen? Ein Zuhause, in dem alle Besucher wie Einbrecher behandelt werden? Was glaubst du, wie lange die anderen damit zufrieden sein werden, in deinem Schatten zu leben? Hast du nicht gesehen, wie sehr Crockett es genossen hat, mit dem Prediger zu reden? Er ist dem Mann nicht mehr von der Seite gewichen und hat ihn mit Fragen bombardiert.“ Sie schüttelte den Kopf. „Crockett hat eine besondere Gabe, Travis. Das kann ich dir nach nur einer einzigen Sonntagsandacht sagen, die ich von ihm gehört habe. Gott hat dieses Verlangen in sein Herz gepflanzt und ihn mit dieser Gabe ausgestattet, doch aus Loyalität zu dir kann er diesem Ruf nicht folgen.“
Travis wirbelte zu seiner Frau herum. Seiner Anklägerin. „Vielleicht hat Gott ihn dazu berufen, ein Prediger für seine Familie zu sein. Oder ist das nicht gut genug für dich? Vielleicht denkst du, ein Mann kann Gott nur dienen, wenn er Hunderten oder Tausenden von Menschen hilft, und dass drei Seelen unbedeutend sind.“
„Sogar eine einzige Seele ist bedeutend.“
Warum sah sie ihn so an? Als redete sie nicht länger über Crockett, sondern über ihn. Hier ging es nicht um ihn. Alles, was er tat, tat er für seine Familie. Um sie zu beschützen. Sie zu unterstützen. Und jetzt diese … diese Fremde, die er gerade mal … wie lange? … eine Woche kannte? Wie konnte sie sich anmaßen, zu behaupten, dass
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