Kann ich den umtauschen?
von Kopf bis Fuà eingeschmiert war und glitschig wie eine Olive in Olivenöl, musste sie sich nur noch um ihre Haare kümmern.
Alice hatte lange Haare.
Einen schimmernden Vorhang aus hellem Kastanienrot, der ihr bis unter die Schulterblätter reichte.
Sie hatte sich schon oft überlegt, die Pracht abzuschneiden und sich eine praktischere Frisur zuzulegen. Eine, bei der sie nicht immer Stunden darauf verwenden musste, die Haare unter diese hübschen blauen Plastikhauben zu stopfen, die sie beim Zubereiten ihrer Konfitüren tragen musste. Eine, die nicht eine halbe Stunde Föhnen erforderte und dann doch aussah, als habe man sie zusammen mit den Mispeln aus der Hecke gefischt.
Aber Nathan wollte davon nichts wissen.
Nathan liebte ihre Haare.
Und auch so einige andere Körperteile â¦
Es war nicht einfach, dass er unter der Woche immer in London war, aber sie musste zugeben, dass die Phase der Trennung und die Vorfreude auf die Wochenenden die gemeinsame Zeit zu etwas ganz Besonderem machten.
Anfangs, als Nathan wieder angefangen hatte, einzelne Nächte in London zu verbringen, und Alice beim Duck & Bucket aufgehört hatte, war sie ein paarmal mit ihm in die Hauptstadt gefahren. Aber da war sie fast durchgedreht. Er war ohnehin die meiste Zeit des Tages im Büro, sie sah ihn also kaum und saà wie eine Prinzessin im Turm in seiner makellosen Wohnung, die nichts zu bieten hatte auÃer einem riesigen Flachbildfernseher und dem fantastischen Blick auf die Themse. Natürlich konnte man in London immer viel unternehmen, aber das hatte Alice ja alles schon während des Studiums getan. Und alleine machte das nur halb so viel SpaÃ. Sie traf sich öfter mit ihrer Mutter. Aber auch nicht so oft, wie sie es sich vorgestellt hatte. Und Nathan sah sie meist nur in schlafendem Zustand. Nach der ersten Woche wollte sie nichts lieber, als wieder nach Hause zu fahren. Sie hielt noch eine weitere Woche aus, aber dann strich sie die Segel.
Seither kam Nathan immer am Wochenende nach Hause.
Und es sah ganz so aus, als würde das so gefundene Setup gut funktionieren. Das Leben machte SpaÃ, mitunter war es regelrecht idyllisch. Trotz â oder gerade wegen â der regelmäÃigen räumlichen Distanz.
Denn die sorgte dafür, dass in ihre Beziehung nie so richtig der Alltag einkehrte. Sie wurden nicht zu bequem, es blieb spannend.
Einer der groÃen Vorteile einer Fernbeziehung ist ja, dass man sich immer darauf freut, einander zu sehen.
Ein weiterer Vorteil war, dass sie freitagabends, wenn sie sich wiedersahen, regelmäÃig leidenschaftlichen Sex hatten, sinnierte Alice lächelnd und schaltete den Föhn ein.
Als die Haare endlich trocken waren und sie wieder sehen konnte, fiel Alice auf, dass der Anrufbeantworter blinkte â jemand hatte eine Nachricht hinterlassen.
Sie drückte auf »Wiedergabe«.
»Hallo, Alice, hier ist René.«
René war Nathans Chefassistentin.
Nathan hatte drei Assistentinnen.
Amy, seine persönliche Assistentin, die im Prinzip eine Art Mädchen für alles war. Sie brachte seine Hemden in die Reinigung und holte ihm Cappuccinos.
Gemma, seine Direktionsassistentin, deren Aufgabe nach allem, was Alice so mitbekam, darin bestand, ihn in kurzem Rock und enger Bluse zu sämtlichen Besprechungen zu begleiten, um die Gesprächspartner mit ihren langen Beinen und ihrem enormen Dekolleté abzulenken. Was er dann gnadenlos ausnutzte, um ihnen Zusagen zu Deals und ergo eine Menge Geld zu entlocken.
Und René, der Kopf des Trios, kümmerte sich um alles, was laut Nathan »eine gewisse Intelligenz« erforderte: Papierkram, Verträge und Kunden, die mehr als nur ein hübsches Gesicht, stramme Schenkel und tiefe Einblicke brauchten, um zufriedengestellt zu werden.
René war Amerikanerin, Mitte fünfzig, und arbeitete nun schon seit drei Jahren für Nathan. Dennoch war Alice ihr noch nie begegnet â schlieÃlich war sie ja so gut wie nie in London. Aber sie hatten eine recht herzliche Telefonbeziehung entwickelt, nachdem sie schon früh festgestellt hatten, dass sie den gleichen leicht schrägen Humor hatten.
»Ich habe leider schlechte Nachrichten«, klang es wirklich bedauernd mit Bostoner Akzent aus dem Anrufbeantworter. »Der Chef sitzt immer noch in seiner verdammten Besprechung â¦Â«
Das »verdammt« hatte René von Alice gelernt, und sie wandte es immer
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