Kann ich den umtauschen?
ist länger geworden!«
»Ja, und ich älter und reifer«, entgegnete Alice.
Die beiden sahen einander an.
Doch dann trat bei Alice Verwirrung ein und bei Flo Erheiterung. Von der Haustür war ein seltsames Geräusch zu hören.
»Was ist das denn, bitte?«
»Das Kratzen?«
»Ja?«
»Das ist Andrew, der seinen Schlüssel nicht ins Schloss bekommt.«
Kichernd schlichen die beiden sich durch den schmalen Flur bis hin zur Haustür, durch deren Bleiverglasung Andrews Silhouette ganz klar zu erkennen war.
Flo lächelte ihrer Freundin verschwörerisch zu.
»Pass auf«, flüsterte sie.
Flo hörte sich das Kratzen noch ein paar Sekunden an, dann riss sie schwungvoll und ohne Vorwarnung die Haustür auf.
Andrew, der sich gegen selbige gelehnt hatte, weil seine Beine ihm mehr oder weniger den Dienst versagten, stürzte umgehend in den Flur, wo er der Länge nach vor ihren FüÃen auf dem glücklicherweise sehr dicken Teppich landete.
»Hallo, Schatz. Bin wieder da«, gurgelte er in den Teppich.
»Das sehe ich. Wie geht es dir, Andrew?«
Andrew hob den Kopf ein wenig an und lächelte schief.
»Ich glaube, ich habe ein bisschen zu viel Blut im Alkohol«, murmelte er. »Ein Schlummertrunk wäre nicht schlecht â¦Â«
Andrew war sternhagelvoll.
Und da er jetzt zu Hause war und Partylaune herrschte, machten sie noch eine Flasche auf. Und eine halbe Stunde später noch eine.
Am nächsten Morgen hatte Alice keine Ahnung, wann sie nach Hause gekommen war. Sie konnte sich nicht einmal wirklich an den Heimweg erinnern. Aber sie musste es ja geschafft haben, denn sie lag in ihrem Bett, wenn auch immer noch mehr oder weniger komatös.
Gerade dämmerten ihr Szenen von einer ziemlich waghalsigen und lustigen nächtlichen Fahrt mit Flos Fahrrad nach Hause, als das Telefon klingelte.
Alices Unterbewusstsein baute das Klingeln geschickt in ihre Träume ein, und es dauerte eine ganze Weile, bis es zu Alice durchdrang, dass dieses Klingeln real war. Bis dahin war natürlich der Anrufbeantworter angesprungen.
»Hallo, Ali, Nathan hier. Ich wollte nur sagen, dass ich noch ein paar Tage länger in Philadelphia bleiben muss. Ich weiÃ, dass ich gesagt habe, ich würde versuchen, wenigstens einen Teil des Wochenendes zu Hause zu verbringen, aber die Sache hier gestaltet sich komplizierter als erwartet. Ich weià nicht genau, wann der Deal endlich perfekt ist, aber wahrscheinlich werde ich dann sowieso erst mal wieder direkt in London bleiben, von daher sage ich mal lieber, wir sehen uns nächstes Wochenende.«
Alice wollte den Hörer abnehmen, während er sprach, aber irgendwie wollten ihre Arme nicht, wie sie wollte â als habe eine unsichtbare Macht sie ans Bett getackert.
Sie hatte hämmernde Kopfschmerzen.
Trotzdem nahm sie ihr Tagebuch zur Hand und begann zu schreiben.
K steht für Kavalier.
Erstaunlich, was so ein kleines bisschen Galanterie bewirken kann. Wenn ein Mann einfach nur liebenswürdig zu seiner Frau ist, aufmerksam, und damit meine ich nicht Blumen oder Pralinen oder kleine Zettel mit Liebesbotschaften, wo man sie nicht erwartet, nein, ich meine einfach eine gewisse Fürsorge und Umsicht. Das, was (altdeutsch) einen Kavalier und (neudeutsch) einen Gentleman ausmacht. Ich weiÃ, dass es Männern heutzutage schwerfällt, einer Frau die Tür aufzuhalten, den Stuhl zurechtzurücken, in den Mantel zu helfen . .. Wir Frauen sind ja schlieÃlich emanzipiert, wir könnten den Mantel nehmen und mit den Ãrmeln versuchen, euch Männer zu strangulieren. Aber wenn ich ehrlich bin, kenne ich keine einzige Frau, die nicht gerne wie eine Dame behandelt wird. Seid einfach das, was leider in den letzten Jahren zu einem inflationären, nichtssagenden Wort geworden ist: nett. Ruft an, wenn ihr gesagt habt, dass ihr anrufen werdet. Besprecht Entscheidungen, die euch beide betreffen, mit ihr. Nehmt eure Herzensdame nicht für selbstverständlich hin. Macht ihr Komplimente. Zeigt ihr, dass ihr sie schätzt. Nehmt sie in den Arm. Ich verspreche euch, es wird euch vielfach vergolten.
Und ich weiÃ, dass es immer hieÃ: » Machâs ihnen sauer, dann machen sieâs dir süÃ!« A ber da muss ich eure Machoillusionen leider zerstören: Das ist kompletter Blödsinn.
Was so viele Männer leider nicht kapieren, ist, dass wir Frauen im Prinzip furchtbar treue
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