Kann ich dir jemals widerstehen?
hatten.
"Soll
ich mich auch für den Kuss entschuldigen?" Die Frage,
die er beim Essen gestellt hatte, verfolgte sie noch immer. Ebenso
wie ihr feiges Ausweichen.
"Vergiss
es", murmelte sie und konzentrierte sich endlich auf die Fotos.
Es waren die Bilder von Damien, die sie am Tag von Websters Ankunft
aufgenommen hatte, und sie waren gut.
Sie
war ganz in die Betrachtung ihrer Aufnahmen versunken, als Webster in
die Hütte kam.
"Ich
fürchte, wir müssen mit der Energie des Generators
sparsamer umgehen", erklärte er und wischte sich die Hände
an einem Papiertuch ab. "Gestern haben wir ein Drittel des
Treibstoffs verbraucht, und wer weiß, wann …"
Er
brach ab, als er hinter sie trat. Sie nahm seinen Duft nach Seife,
Rasierwasser und Wald wahr. Und seine Körperwärme.
"Unglaublich!"
stieß er hervor. Er hatte die Fotos entdeckt.
"Das
finde ich auch. Er ist großartig, nicht?"
"Ich
meinte eher die Fotos. Du bist wirklich Spitze. Wie du diese Szene
eingefangen hast … Es ist einfach unglaublich."
"Damien
weckt eben das Beste in mir."
"Damien?"
Webster lachte leise, und sie hätte sich am liebsten an ihn
geschmiegt. "Ich kenne keinen republikanischen Politiker mit
diesem Namen."
"Charlie
fand, dieser Herr bildet eine Klasse für sich." Tonya trat
an den Herd, um ihren Becher mit heißem Wasser nachzufüllen
– und um Abstand zu Webster zu gewinnen. Sie reagierte viel zu
heftig auf ihn. "Ich habe Damien am Tag deiner Ankunft
fotografiert."
"Moment
mal – wie hast du die Bilder entwickelt? Verheimlichst du mir,
dass du eine Digitalkamera und einen Computer hast?"
"Nein,
keineswegs. Ich habe mir in Charlies Garage eine Dunkelkammer
eingerichtet."
"Du
bist eine ziemlich traditionell eingestellte Frau, wie?"
"Eigentlich
schon." Eigentlich hatte sie auch ihre Gefühle stets unter
Kontrolle. Doch seit dem Kuss am See war sie durcheinander und
schwankte zwischen Abwehr und Nachgeben.
Ihm
schien das Ganze nichts auszumachen. Sie musste es ihm gleichtun. Ihr
Kopf war bereit dazu, sie musste nur noch ihr Herz davon überzeugen.
Der
Gedanke schockierte sie. Ihr Herz? Was hatte ihr Herz damit zu
schaffen? Gewiss, sie hatte einst für ihn geschwärmt, aber
…
Was
hatte es zu bedeuten, wenn eine Frau sich mit neunzehn verliebte und
noch nach zwölf Jahren an denselben Mann dachte? Wenn ihr Puls
sich beim Klang seiner Stimme beschleunigte, bei der leisesten
Berührung, bei jedem Lächeln?
Bestimmt
ist es nicht Liebe, sagte sie sich, trotz der aufkommenden Panik. Es
durfte nicht Liebe sein. Denn diese Liebe hätte keine Zukunft.
Sie
beobachtete Webster, der die Fotos mit sichtlicher Bewunderung
betrachtete. Sie sehnte sich danach, dass er sie, Tonya, mit der
gleichen Bewunderung ansah. Aber dieser Wunsch würde sich wohl
nie erfüllen. Hastig schaute sie weg.
Seine
nächsten Worte brachten sie wieder zur Besinnung. "Deine
Aufnahmen sind großartig, Tonya. Vergiss mein bisheriges
Angebot. Ich verdopple es, wenn du den Vertrag unterschreibst."
8.
Kapitel
Mit
Websters erstaunlichem neuem Angebot ist es leichter, gefühlsmäßig
auf Distanz zu gehen, sagte Tonya sich. In den nächsten zwei
Tagen gelang ihr das auch. Webster hatte keine Romanze im Sinn, er
wollte, dass sie den Vertrag unterzeichnete. Schließlich war er
nur deshalb hier. Und der Kuss war ein bedeutungsloser Zwischenfall,
geboren aus der Hitze des Augenblicks. Eine reine Unbesonnenheit.
Die
finanzielle Sicherheit lockte natürlich, das gestand Tonya sich
ein. Sie hockte hinter einem Wall aus Steinen und Fichtenzweigen an
der Stelle, wo sie Damien zuletzt gesehen hatte, und hoffte, er würde
sich wieder zeigen. Ja, das Gehalt war verlockend. Aber weil Websters
Nähe noch mehr lockte, blieb sie standhaft.
"Du
musst nicht hier bleiben", flüsterte sie, als Webster sich
nervös bewegte. "Ich bin an das Warten gewöhnt, du
nicht."
"Willst
du mich loswerden, Griffin?" gab er leise zurück und
grinste.
Seit
einer Stunde hatte Tonya versucht, ihn abzuschütteln, doch er
war beharrlich.
Die
Beengtheit machte sie nervös. Sie konnte keinen Fuß
rühren, ohne an Websters Knie zu stoßen, konnte sich nicht
vorbeugen, ohne seine Schulter zu streifen. Und wenn sie den Kopf
umdrehte, würde sie seine Nase berühren.
Immerhin
brauchte sie nicht sein teures Rasierwasser einzuatmen, das so
sinnlich-männlich roch. Sie hatte ihm unmissverständlich
klargemacht, dass man auf einer Fotosafari in der Wildnis keine
starken Düfte verströmen
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