Kann ich dir jemals widerstehen?
sie nur wenige Fotos gemacht,
aber sie war ruhiger.
Der
Zwischenfall am See hatte nichts zu bedeuten. Eine momentane
Entgleisung, mehr nicht.
Wahrscheinlich
bereute er den Ausrutscher ebenso wie sie. Sie würde sich bei
ihm entschuldigen, und dann würden sie das Ganze vergessen.
Sie
durfte nicht mehr daran denken, wie heiß und hungrig sein Mund
gewesen war, wie kräftig seine Nackenmuskeln sich unter ihren
Händen angefühlt hatten und wie hart …
Sie
stöhnte. Wenn sie doch nur aufhören könnte, daran zu
denken. Sie hätte längst über diesen lächerlichen
Zwischenfall hinweg sein müssen.
"Genau
wie über den Kuss vor zwölf Jahren, was?" schimpfte
sie laut. Den hatte sie ja leider nie vergessen können.
Sie
war unverbesserlich.
Und
er war – ja, was eigentlich? Unerreichbar? Verbotenes Terrain?
Genau
das.
Hatte
sie denn nichts dazugelernt? Männer wie Webster Tyler nahmen
Frauen wie sie nicht ernst. Überhaupt nahmen Männer sie
nicht ernst. Jedenfalls die Typen, die sie bisher kennen gelernt
hatte. Selbst die beiden Männer, die sich wirklich für sie
interessiert hatten, waren ganz selbstverständlich davon
ausgegangen, dass sie ihre Träume aufgab und nicht mehr durch
die Welt reiste, auf der Suche nach spektakulären Motiven für
ihre Fotos. Sie hatten Tonya nicht als gleichberechtigt betrachtet,
ihre Arbeit nicht für voll genommen, und das hatte wehgetan. So
weh, dass sie sich lieber ganz auf ihren Beruf konzentrierte und
weitere Kränkungen dieser Art vermied.
Zum
Beispiel das, was sich mit Webster abzeichnete. Und da war einiges am
Kochen, kein Zweifel.
Apropos
Kochen … Wenige Meter vor der Hütte blieb sie stehen und
schnupperte. Kochte da jemand?
Sie
schlich ans offene Fenster. In der Septemberbrise bauschten sich die
Vorhänge. In der Kochecke brannte Licht.
Licht?
Sie
hatten also wieder Strom. Immerhin etwas Positives. Wahrscheinlich
würde die Straße auch bald wieder passierbar sein. Webster
würde wieder nach New York abreisen, wo er in seinem Element
war, und sie könnte sich erneut ihrer Arbeit widmen. Allein. Das
wollte sie doch, oder?
Richtig,
sagte sie sich und ignorierte das leise Bedauern, das sich bereits in
ihr regte.
Innerlich
gewappnet für einen unangenehmen Wortwechsel, ging sie die
Treppe hoch. Sie holte tief Luft und öffnete die Tür.
Vom
Fenster aus beobachte Webster Tonya, die aus dem Dickicht auftauchte
wie eine Waldnymphe in Kampfstiefeln. Als er merkte, dass er
lächelte, ließ er hastig die Gardine los und versuchte,
das Vergnügen zu ignorieren, das ihr Anblick ihm bereitete.
Solche Gedanken waren der falsche Weg. Der Kuss war ein Fehler
gewesen. Sie wusste es, er wusste es, basta. Tonya Griffin war
verbotenes Terrain.
Auf
diese Weise hatte er sich den Nachmittag über gestählt. Er
brauchte ihre Unterschrift unter den Vertrag und keine heiße
Liebesnacht, obwohl er ahnte, dass es eine höchst beglückende
Nacht sein würde.
Folglich
hatte er sich anderweitig beschäftigt, und er war sehr stolz auf
seine Leistungen. Er hatte einige Überraschungen für Tonya
parat. Nicht etwa, weil er sie beeindrucken wollte, o nein, er wollte
ihr nur beweisen, wie kompetent er war.
Schnell
setzte er sich mit dem alten Western, den er im Bücherregal
entdeckt hatte, an den Tisch. Lässig, mit übergeschlagenen
Beinen und scheinbar total in seine Lektüre vertieft saß
er da, als die Tür aufging.
"Da
bist du ja", sagte er freundlich und blickte betont langsam auf.
Mit
gerunzelter Stirn nahm Tonya den Anblick in sich auf, der sich ihr
bot. Dann schloss sie die Tür und legte ihre Kameraausrüstung
auf den Boden.
"Was
soll das bedeuten?" Misstrauisch musterte sie den Tisch, der für
zwei Personen gedeckt war, komplett mit einer Kerze und einem
frischen Strauß Wildblumen.
"Betrachte
es als Versuch einer Wiedergutmachung für heute Morgen."
Webster lächelte mit genau dem richtigen Maß an
Betretenheit.
Tonya
war offenbar noch nicht ganz besänftigt, aber er hatte ja noch
mehr in petto.
"Seit
wann ist der Strom wieder da?"
"Also
die Leitungen sind noch nicht repariert." Mit gespieltem
Interesse wandte er sich seinem Buch zu und bemerkte wie nebenbei:
"Ich habe im Schuppen einen Generator gefunden und ihn
angeworfen."
Den
ganzen Nachmittag lang hatte er sich auf diese Szene gefreut. Als
hätte er nicht drei Stunden lang mit dem verflixten Gerät
gekämpft und sich dabei fast Blasen an den Händen geholt.
"Was,
hier gibt es einen Generator? Wo?"
"Er
steht
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