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Kann ich gleich zurueckrufen

Kann ich gleich zurueckrufen

Titel: Kann ich gleich zurueckrufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Streidl
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hat, räuspert sich und meint, die Präsentation würde aussehen wie ein Lifestylemagazin aus Berlin-Mitte. Der Vorgesetzte nickt. Und sagt dann: »Das find ich gut.« Ich bin erleichtert und erkläre, dass wir in der Vergangenheit oft auf eine zu altbackene Grafik gesetzt haben. Und dass ich der Meinung bin, dass wir das besser können. Dass man ruhig mal Weißbier zum Fisch servieren kann.
    Um 10:25 Uhr endet der Jour fixe. Ich bin sehr zufrieden: kein nennenswerter Ärger wegen meines Zuspätkommens, Lob für die gedruckte Broschüre und Anerkennung für den neuen Entwurf der Präsentation. Und das alles vor versammelter Mannschaft. Eigentlich ist meine Arbeit doch ganz angenehm, denke ich und gehe beschwingt an meinen Schreibtisch zurück.
    Meine Assistentin kommt kurz darauf in unser Büro und schließt die Tür hinter sich. »Ich muss mit dir reden«, sagt sie. Ich atme tief durch. Damit hatte ich gerechnet. »Ist es wegen der Broschüre?«, frage ich. Und setze an zu erklären, dass der Vorgesetzte sie nicht absichtlich übergangen hat. Sondern nur aus Gewohnheit, was zwar auch unschön ist, aber wenigstens nicht herablassend. Sie winkt ab. »Es geht um was anderes«, sagt sie. Damit hatte ich nicht gerechnet, es aber befürchtet. »Ich bin schwanger. Und ich weiß nicht weiter.«
    Die junge Kollegin erzählt, dass sie vor ein paar Wochen einen Mann kennengelernt hat. Sie ist mit ihm essen gegangen, dann ins Kino, schließlich ins Bett. Sie ist verliebt, macht sich aber keine Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft mit dem Mann. »Weißt du, er hat eine Frau«, sagt sie. Jetzt ist ihre Regel ausgeblieben. Obwohl sie mit einem Kondom verhütet haben. Sie ist verzweifelt. Hat dem Mann noch nichts von der Schwangerschaft erzählt. Weil sie sich erst mal darüber klar werden will, was sie selbst möchte.
    Ich höre zu. Sage, dass sie mir leidtut. Und ich mich gleichzeitig sehr für sie freue. »Warst du denn schon bei deiner Ärztin?«, frage ich. Schließlich können Schwangerschaften ja auch schiefgehen: falscher Alarm, Eileiterschwangerschaft, Windei, Fehlgeburt – all das spreche ich nicht aus, denke aber daran. Die junge Kollegin schüttelt den Kopf. Sie habe nur einen Schwangerschaftstest gemacht. Und als der positiv war, habe sie noch einen gekauft, der sei auch positiv gewesen.
    Es klopft an der Tür. Die ältere Grafikerin kommt herein und möchte mir zwei Illustrationen zeigen, die sie für die Präsentation neu entworfen hat. Sie merkt, dass sie in etwas hineingeplatzt ist. »Störe ich?«, fragt sie. Eigentlich stellt sie es mehr fest. Denn sie weiß ja, dass sie stört. »Nein, nein«, sage ich und bitte sie an meinen Computer. Die junge Kollegin geht aus dem Raum.
    Die Grafikerin fragt, ob es meiner Assistentin nicht so gut geht. »Nicht dass ich wüsste«, weiche ich aus. Ich möchte mich nicht am Bürotratsch beteiligen. Und eine wahrheitsgemäße Zustandsbeschreibung des Befindens der jungen Kollegin wäre hochexplosives Futter für den Flurfunk.
    Um 11:00 Uhr fahre ich mit dem Aufzug in den neunten Stock und gehe in die Honorarabteilung. Es gibt ein Problem mit der Rechnung, die die Druckerei für die Herstellung der Broschüre gestellt hat. Entgegen unserer Absprache hat sie die Extrastunden, die durch den zusätzlichen Proof angefallen sind, berechnet. Auf der Rechnung steht außerdem, dass ein Logo ausgetauscht werden musste. Ich telefoniere mit der Druckerei und erkläre, dass der zweite Proof wegen eines Kalibrierungsfehlers gemacht werden musste. Dass er nötig war, um die Echtheit der Farben zu überprüfen. Und dass das Logo nur ausgetauscht wurde (den Tippfehler, den der Vorgesetzte kurz vor Druck noch gefunden hat, lasse ich unter den Tisch fallen), weil sowieso ein zweiter Andruck gemacht werden musste. Ich weise außerdem darauf hin, dass mir bereits zugesagt wurde, dass die Extrastunden nicht berechnet würden, eben weil sie durch die fehlerhafte Bedienung einer Druckmaschine verursacht wurden. »Da war einfach der Wurm drin bei diesem Auftrag«, sage ich.
    Eine unschöne Diskussion entbrennt. Anfangs bin ich freundlich, dann werde ich immer reservierter. Lasse mich von der Finanzbuchhalterin der Druckerei mit meinem gewohnten Ansprechpartner verbinden. Und erwähne bei beiden nebenbei, dass es auch andere Druckereien gibt, die vielleicht sogar günstiger arbeiten. Am Ende gewinne ich. Nach einer Dreiviertelstunde Telefonieren. Die Druckerei stellt eine neue Rechnung aus, zum

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