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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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aufgenommen worden, dass sie angespannter war als eine zu hoch gestimmte Geigensaite.
    Hanny hatte es damals nicht gleich durchschaut, sie glaubte, ihre Freundin rauchte ihre üblichen Mentholzigaretten. Doch Edith hatte beschlossen, ihre Sorgen nicht in Alkohol zu ertränken, sondern mit reichlich Gras zum Fliegen zu bringen.
    Den ganzen Weg nach Penzance hatte sie wie ein Schlot gequalmt. Und obwohl Hanny sich, so weit sie konnte, aus dem offenen Fenster lehnte, rauchte sie reichlich passiv mit.
    Und war, als sie ausstiegen, nicht minder high als Edith. Hand in Hand waren sie durch die Ausstellung geschlendert und hatten den in Plastikgläsern servierten lauwarmen Sekt getrunken. Hatten gekichert, gelacht, Witze gemacht, die Kunst über den grünen Klee gelobt und Fremde umarmt.
    Später in dieser Nacht hatte Hanny dann versucht, eins der Gemälde zu klauen, denn sie hatte sich in ein Porträt von Ruth Simpson verliebt. Fast zehn Minuten hatte sie davorgestanden und es schielend bestaunt. Irgendwie erinnerte sie die Frau auf dem Bild an ihre Mutter. Und dann hieß die Künstlerin auch noch Ruth. In ihrem berauschten Zustand hatte Hanny beschlossen, dass das Gemälde zu ihr gehörte und nicht in diese Galerie. Also wollte sie es mit nach Hause nehmen.
    Als sie es abhängte, schrillte kein Alarm. Und das Bild passte perfekt in Ediths überdimensionierte Handtasche.
    Es gehörte zu ihr. Wirklich.
    Doch Bastian hielt sie auf, denn er tauchte just in dem Moment auf, als sie die erste Ecke in die Tasche schob. Schnell nahm er ihr das Bild ab und hängte es zurück an die Wand, bevor jemand etwas bemerkte. Dann schaffte er die beiden nach Hause, damit sie ihren Rausch ausschlafen konnten.
    Hanny wäre am nächsten Morgen vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Glücklicherweise hatte Bastian den Schock darüber, dass seine sonst engelsgleiche Hanny etwas hatte stehlen wollen und das auch noch lustig fand, schnell überwunden. Eine ganze Weile nannte er sie »mein rosaroter Panther«. Und zum nächsten Geburtstag schenkte er ihr eine Sturmhaube, einen Bolzenschneider und eine Bob-Marley-CD.
    An all das erinnerte Hanny sich, während sie Oma Annie dabei zusah, wie sie an ihrem Küchentisch sitzend Rauchringe in die Luft blies.
    Â»Was soll das denn bitte? Wie kommt er dazu, mir so was zu schicken?«
    Â»Was, so was?«
    Â»Na, Drogen!«, empörte Hanny sich.
    Â»Drogen?« Annie runzelte die Stirn.
    Â»Marihuana, Oma.«
    Â»Marihuana?«
    Â»Gras, Dope, Cannabis, Kraut, Mary Jane, Krutt, Knaster, Grünes!«
    Â»So ein Quatsch. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ein Mann wie Bastian – ein Arzt – dir Drogen schicken würde? Nein, nein, meine Liebe, das sind Heilkräuter. Ganz sicher. Sehr angenehm. Möchtest du auch?« Annie reichte ihr das qualmende Etwas.
    Â»Ich rauche nicht.«
    Â»Nee, nur aus den Ohren.« Annie ließ die Augenbrauen hüpfen.
    Hanny nahm ihr die Zigarette aus der Hand, schnupperte misstrauisch daran, bevor sie sie ins Spülbecken beförderte und den Hahn aufdrehte.
    Â»Also wirklich, Kind, du bist doch sonst nicht so!«
    Als wolle sie noch unterstreichen, dass sie nun eben doch so ist, schnappte Hanny sich die geöffnete Geschenkschachtel vom Tisch und warf sie in den Müll.
    Annie sah, wie die Nasenflügel ihrer Enkelin sich aufblähten. Das war schon immer das einzige Zeichen gewesen, an dem man erkennen konnte, dass Hanny wütend war. Sie wusste gar nicht, wie ähnlich sie ihrem Großvater war.
    Annie seufzte, streckte die runzelige, aber immer noch elegante Hand aus und strich Hanny eine Strähne aus dem Gesicht.
    Â»Seit wann bist du denn so ein engstirniger Moralapostel? Du warst doch immer so offen für alles. Du weißt doch besser als jeder andere, dass jede Geschichte mindestens zwei Seiten hat.«
    Â»Jetzt kommt die Leier wieder ...«, seufzte Hanny.
    Â»Was für eine Leier?«
    Â»Na, ich nehme mal an, Midge hat dich bereits darüber informiert, dass Bastian nicht mehr hier wohnt«, sagte Hanny unangebracht schnippisch.
    Â»Kann schon sein, dass sie mir das eine oder andere erzählt hat, ja.«
    Â»Oder auch gleich die ganze Geschichte«, merkte Hanny beleidigt an.
    Â»Ja, gut, sie hat mir alles erzählt. Warum auch nicht? Und wenn du meine Meinung wissen willst –«
    Â»Will ich nicht.«
    Â»Also, ich finde

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