Kannst du mir verzeihen
wahr.
Bastian hatte das Gemälde gestohlen.
Es lag hier vor ihr auf dem Tisch.
Da tauchte Annie in der Küchentür auf. Sie sah aus wie aus Baby Jane entsprungen: seidener Morgenmantel, Zigarette in der einen, Martiniglas in der anderen Hand.
»Was ist das?«, fragte sie und beäugte das Bild. Sie war mal wieder zu eitel, um ihre Brille aufzusetzen.
Hannys erster Impuls war, alles abzustreiten.
»Nichts«, quietschte sie und klappte notdürftig wieder das zerrissene Geschenkpapier darüber.
»Komisch. Ich finde, es sieht viel mehr wie ein Gemälde aus.« Annie setzte sich, schob das Papier beiseite und hob vielsagend die Augenbrauen.
Da setzte sich auch Hanny.
»Und es könnte nicht zufällig sein, dass es auch ein Gemälde ist ?«
»Vielleicht. Zufällig«, brummte Hanny.
»Und es könnte nicht zufällig sein, dass es das Gemälde ist, das gestern Morgen noch ein Ausstellungsstück war, bis es von einem unbekannten Langfinger entwendet wurde?«
»Vielleicht. Zufällig«, wiederholte Hanny, ohne Annie dabei anzusehen.
»Und es könnte nicht zufällig sein, dass ...«, fing Annie zum dritten Mal an, doch da gab Hanny schon auf.
»Ja, ja, ist ja schon gut! Ja, es ist das Bild aus Penlee House, und ja, es sieht ganz danach aus, dass Bastian es gestohlen und mir heute Morgen vor die Haustür gelegt hat.«
»Oha«, sagte Annie und kippte sich den Martini hinter die Binde.
»Das kannst du aber laut sagen«, erwiderte Hanny und nahm ihrer GroÃmutter das Glas ab, bevor sie es wieder auffüllen konnte.
Es gab nur einen Menschen auf der Welt, der ihnen vielleicht irgendwie helfen konnte.
Nervös wählte Hanny die Nummer, die sie langsam auswendig kannte. Ganz wohl war ihr nicht bei der Sache.
»Hi, Ed ... Ãh ... Tut mir leid, wenn ich störe ... Aber ich habe da ein kleines Problem, und ich dachte, du könntest mir vielleicht helfen ...?«
Wenige Zeit später betrat Eddie die Küche, und Hanny zeigte wortlos auf das Corpus Delicti auf dem Küchentisch.
Ãberrascht riss er Augen und Mund auf. Er sah Hanny an und wusste, dass er jetzt irgendetwas sagen sollte. Er wusste nur nicht, was.
Hanny fiel als Erster etwas ein.
»Damit das ganz klar ist: Mein Name ist Hase. Ich weià von nichts.«
Eddie brachte ein »Ãh« hervor, dann schloss er den Mund wieder.
Er wusste wirklich nicht, was er sagen sollte.
»Werden Sie sie festnehmen?«, erkundigte Annie sich hoffnungsvoll, während sie Eddies Bizeps und seine groÃen, haselnussbraunen Augen bewunderte.
»Ich glaube nicht, dass das nötig ist«, erwiderte Eddie, der sie beruhigen wollte.
»Möchten Sie stattdessen mich festnehmen?« Annie zwinkerte ihm zu.
»Au ja!« Hanny grinste. »WeiÃt du was, Oma, wir könnten die Sache ganz schnell klären, indem wir behaupten, du hättest das Bild geklaut. Und dann auf geistige Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Das würde man uns glatt abnehmen. Und du würdest gut dabei wegkommen. Vielleicht müsstest du auch gar nicht ins Gefängnis und könntest direkt in ein Sanatorium.«
Annie freute sich, dass Hanny zu ihrem alten Humor zurückgefunden hatte, streckte ihrer Enkelin die Zunge heraus und dem schmucken Eddie die ausgestreckten Arme entgegen.
»Bitte legen Sie mir Handschellen an, Herr Wachtmeister. Ich verspreche Ihnen auch, mich nicht zu wehren. Oder kaum.«
Der arme Eddie wusste offenkundig nicht, ob er lachen, weinen oder abhauen sollte.
»Du bist keine besonders groÃe Hilfe, Oma.« Hanny lächelte Eddie entschuldigend an. »Tut mir leid, dass ich dich hierhergebeten habe, aber ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Und ich hatte gehofft, du wüsstest es vielleicht? Was sollen wir machen?«
Eddie verzog das Gesicht und zuckte die Achseln. Er hatte nicht die leiseste Ahnung.
»Du könntest doch erzählen, dass du es in einem Baucontainer gefunden hast?«, erklang da eine Stimme von der Tür.
Edith.
Seit ihrem abenteuerlichen Ausflug mit dem Liebesmobil hatte Hanny sie nicht mehr gesehen, denn die Gute hatte noch ein paar Tage geschmollt.
Jetzt war es Hanny, die nicht wusste, ob sie lachen, weinen oder die Flucht ergreifen sollte. Edith und Annie zusammen waren nämlich der absolute Albtraum. Wie Statler und Waldorf von der Muppets Show schaukelten sie einander mit dummen
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