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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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handeln.«
    Er sah Entschlossenheit auf Jurys Gesicht. Dieser hatte offenbar das gleiche gedacht, mit einer vertrauensvollen Siegesgewißheit, die auch Bolitho einmal gekannt hatte.
    Er sagte: »Sehen Sie? Da legen weitere Boote an der Sa n Au g u stin an, mit Garricks Schatz. Um ihn allein geht es. Deshalb die eigene Flottille. Und nun hat er auch noch ein Vierundvierzig-KanonenSchiff, mit dem er machen kann, was er will. Kapitän Dumaresq hatte recht: Nichts kann ihn mehr aufhalten.« Er lächelte matt. »Außer der Destiny.«
    Bolitho sah es vor sich, als wäre es schon geschehen: die Destiny dicht unter Land, um eine Ablenkung zugunsten Pallisers zu inszenieren, während die gekaperte San Augustin dalag wie ein zum Sprung bereiter Tiger. In diesen begrenzten Gewässern würde die Destiny keine Chance haben.
    »Wir müssen zurück.«
    Bolitho kroch zwischen den Felsblöcken davon, während er sich innerlich noch gegen das sträubte, was getan werden mußte.
    Colpoys konnte seine Erleichterung kaum verbergen, als sie den Abhang zu ihm hochkletterten. Er berichtete: »Sie haben die ganze Zeit geschuftet und die Hütten ausgeräumt. Mit Sklaven, lauter armen Teufeln. Ich sah mehr als einen, der mit einer Kette niedergeschlagen wurde.«
    Danach schwieg Colpoys, bis Bolitho mit seinem Bericht fertig war.
    Schließlich sagte er: »Ich weiß, was Sie denken. Weil dies eine ve rdammt nutzlose und verrottete Insel ist, für die sich niemand interessiert und von der verflucht wenige Menschen bisher überhaupt gehört haben, fühlen Sie sich betrogen und sind nicht bereit, Menschenleben – Ihr eigenes eingeschlossen – dafür aufs Spiel zu setzen. Aber die großen Seeschlachten unter wehenden Fahnen sind eben selten. Dies wird einmal als Scharmützel, als ›Zwischenfall‹, bezeichnet werden. Wichtig ist allein, was wir davon halten.« Er legte sich zurück und betrachtete Bolitho ruhig. »Ich sage daher: zum Teufel mit aller übertriebenen Vorsicht. Wir we rden uns zu ihrer Kanone aufmachen, ohne auf die morgige Dämmerung zu warten. Sie haben keine weitere Kanone, welche die Lagune bestreicht. Alle anderen sind auf dem Hügel mit einer anderen Zielrichtung eingegraben. Es wird Stunden dauern, sie herumzuschwe nken.« Er grinste. »In der Zeit kann eine ganze Schlacht gewonnen oder verloren werden.«
    Bolitho nahm wieder das Fernrohr. Seine Hände bebten, als er es auf die Hügelkuppe mit der teilweise verdeckten Kanone richtete. Es war sogar noch derselbe Ausguck wie vorhin.
    Jury sagte heiser vor Erregung: »Sie haben die Arbeit eingestellt.«
    »Kein Wunder.« Colpoys beschattete seine Augen. »Schauen Sie mal etwas weiter hinaus, junger Freund. Ist das nicht Anlaß genug?«
    Langsam kam die Destiny in Sicht. Ihre Marsund Bramsegel hoben sich sehr hell von dem tiefblauen Himmel ab.
    Bolitho hing gebannt an dem Bild, meinte, die Schiffsgeräusche zu hören, die vertrauten Düfte zu riechen, die Geborgenheit des Bordlebens zu spüren. Er kam sich vor wie ein Mann, der in der Wüste vor Durst umkommt und dem ein Krug Wein als Fata Morgana vo rschwebt. Oder wie jemand, der auf dem Weg zum Galgen stehe nbleibt, um einem Sperling zuzuhören. Beide wissen, daß es für sie morgen keinen Wein mehr geben wird und auch nicht mehr den Laut der Vögel.
    Er sagte entschlossen: »Auf denn! Ich sage es den anderen. Wenn wir nur eine Möglichkeit hätten, Palliser zu unterrichten!«
    Colpoys rutschte den Abhang hinunter, dabei blickte er Bolitho an. Seine Augen wirkten gelb im Sonnenlicht.
    »Er wird’s schon merken, Richard. Die ganze verdammte Insel wird’s merken.«
    Colpoys wischte sich Gesicht und Nacken mit dem Taschentuch. Es war Nachmittag, und die glühende Hitze, die von den Felsen abgestrahlt wurde, war eine Qual.
    Aber das Warten hatte sich gelohnt. Um die Hütten herum hatte alle Tätigkeit aufgehört. Von mehreren Feuern trieb Rauch zu den ve rsteckten Matrosen und Seesoldaten herüber und bescherte ihnen den Duft von geröstetem Fleisch als zusätzliche Tortur.
    Colpoys sagte: »Nach dem werden sie sich ausruhen.« Er warf einen Blick auf seinen Korporal. »Geben Sie die Essensrationen und Wasser aus, Dyer.« Für Bolitho setzte er leise hinzu: »Ich schätze, daß die Kanone noch eine Kabellänge entfernt ist.« Er kniff die Augen zusammen, als er den Abhang und den steilen Aufstieg zur nächsten Kuppe abschätzte. »Wenn wir loslaufen, gibt es kein Halten mehr. Ich denke, es werden einige Leute bei der Kanone sein,

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