Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
an dem wir ausruhen und trauern können.«
    Lidia flog wie ein Vogel, mit weit ausgebreiteten Flügeln, ließ sich vom Wind zu einem namenlosen Kontinent auf der namenlosen Welt tragen. Seltsame Dinge huschten unter ihr hinweg, aber sie schenkte ihnen keine Beachtung, denn wichtig war nur der Flug. Und die Landung. Die Landung, so flüsterte etwas in ihr, war sogar noch wichtiger. Sie musste weich aufsetzen, denn sonst brach sie sich den Fuß oder das Bein.
    Nicht ich breche mir etwas, dachte sie. Wenn wir zu hart aufsetzen, könnte das Schiff auseinander platzen.
    Die Sensoren fanden eine geeignete Stelle: flach und stabil genug, um die enorme Masse des Kantaki-Schiffes zu tragen. Lidia steuerte es dorthin und musste dabei zur Kenntnis nehmen, dass sich ihre mentale Welt zu trüben begann. Der Grund hieß Erschöpfung. Erst die Suche nach den Fäden, dann die Steuerung des Schiffes – es hatte sie viel Kraft gekostet.
    Mutter Krir klickte. »Es ist nicht mehr weit, Kind«, sagte die Kantaki. »Du hast es gleich geschafft.«
    Die flache, stabile Stelle auf der falschen Welt … Lidia winkelte ihre Flügel an, stellte sie gegen den Wind, wurde langsamer und sank.
    Der dunkle Koloss setzte auf, sanft wie ein Blatt.
    Lidia öffnete die Augen, zog die Hände aus den Sensormulden und stand auf. Die Linsen an den gewölbten Wänden des Pilotendoms zeigten ihr den Planeten, eine Felslandschaft und … eine Stadt.
    Sie stand auf und taumelte.
    »Ich habe versagt«, sagte Lidia. Es ist alles meine Schuld, dachte sie, und dann verlor sie das Bewusstsein.
    Mutter Krir fing sie mit zwei langen, klauenartigen Gliedmaßen auf und wiegte sie sanft.
    »Du hast nicht versagt, Diamant«, klickte sie und hielt die bewusstlose Pilotin schützend unter ihren Leib. »Du hast uns gerettet.«
     
Floyds Welt ·  nichtlinear
     
    »Ich hätte dich gern woanders begraben, an einem angenehmeren Ort«, sagte Lidia und blinzelte im Wind. »Aber das Schicksal hat uns hierher geführt. Hier sollst du für immer ruhen, auf Floyds Welt.«
    Lidia blickte auf das einfache Grab, auf die angehäuften Steine, unter denen die sterblichen Überreste Floyds ruhten, betrachtete das Schild mit dem Namen und einem Datum, das hier, an diesem Ort, überhaupt keine Bedeutung hatte. Sie hoffte, dass das Grab tief genug war, für den Fall, dass es auf diesem Planeten Aasfresser gab.
    Sie stand auf, und ihr langer Umhang flatterte im böigen Wind, der hier am Rand der Wüste über die öde Felslandschaft pfiff.
    »Brauchen Sie uns noch, Diamant?«, fragte einer der beiden Kantaki-Roboter, die die Leiche getragen und ihr beim Ausheben des Grabs geholfen hatten. Die Stimme klang erstaunlich melodisch.
    »Nein«, sagte Lidia. »Kehrt zum Schiff zurück.«
    Motoren surrten leise, und die beiden Roboter stakten auf dünnen, stählernen Beinen davon.
    Die Pilotin drehte sich um.
    Die asymmetrische Masse des Kantaki-Schiffes ragte wie ein finsteres Gebirge auf dem Plateau empor und schien bestrebt zu sein, das Firmament zu berühren, an dem eine heiße Sonne loderte. Der Wind ließ Lidia die Hitze kaum spüren, und außerdem stand sie im Schatten von Mutter Krirs Schiff. An der einen Seite hingen Reste der Transportblase, einige abgerissene Monofaser-Leinen, geborstene Stabilisatoren und halb verbrannte Gespinstelemente. Von den Passagierkapseln und Frachtmodulen war weit und breit nichts zu sehen. Wenn einige von ihnen die Reibungshitze beim Sturz durch die Atmosphäre überstanden hatten, so waren sie irgendwo zerschellt, hunderte oder tausende von Kilometern entfernt. Lidia gab sich keinen Illusionen hin: Von den Passagieren war sicher niemand am Leben geblieben. Nur die Personen an Bord des Kantaki-Schiffes hatten überlebt.
    Vielleicht bin ich der einzige Mensch in diesem Universum, hier in der nichtlinearen Zeit, dachte sie voller Kummer. Sie lauschte mit der Gabe, hörte aber nur die Stimmen einiger weniger Fäden, und sie alle fühlten sich falsch an, so falsch wie der, der sie hierher gebracht hatte, zu Floyds Welt.
    Lidia setzte sich in Bewegung, ging fort von Floyds Grab und tiefer hinein in den Schatten des Kantaki-Schiffes, das zum Glück unbeschädigt geblieben war. Einige mit Levitatoren ausgestattete Akuhaschi stiegen auf, um bestimmte Segmente des Schiffes zu untersuchen, aber sie würden kaum etwas finden, das repariert werden musste. Lidia wusste es, denn mithilfe der Sensoren hatte sie die vollständige Integrität des Schiffes gefühlt. Es erholte

Weitere Kostenlose Bücher