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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Ausgelassenheit … Sie schüttelte verwundert den Kopf, während sie mit den Ohren der Gabe lauschte und zu verstehen versuchte.
    Das Licht im Spielzimmer veränderte sich, als Kugeln und Wände die Farben wechselten. Neue Muster entstanden, ohne dass Lidia imstande war, einen Sinn in ihnen zu erkennen. Das Klicken wurde lauter und mehrstimmig: Die anderen Kantaki-Kinder stimmten mit ein, und die von ihnen verursachten Geräusche gewannen eine melodische Qualität, klangen wie ein Lied.
    »Leider kann ich nicht mit euch singen«, sagte Lidia und lächelte. »Mein Klicken würde grässlich klingen.«
    Mru, Dror, Grar und Krinh krochen über die Wand und näherten sich Tral. Ihre Empfindungen sorgten für immer neue Muster, und das Glühen der Kugeln in der Mitte des Spielzimmers verwandelte sich in ein stroboskopartiges Flackern. Synchron stießen sich die fünf jungen Kantaki von der Wand ab und flogen Lidia entgegen, die zuerst an ein neues Wir-fangen-dich-Spiel dachte und ausweichen wollte. Aber dann spürte sie, dass es diesmal nicht um eines der üblichen Spiele ging.
    Das melodische Klicken dauerte an, als Mutter Krirs Kinder Lidia erreichten und sie mit ihren Gliedmaßen auf eine Weise wie noch nie zuvor berührten: nicht verspielt, sondern zärtlich und auch respektvoll. Grar griff mit seinen vorderen Zangen nach ihrer rechten Hand, doch das erwartete Zwicken blieb aus. Krinh berührte ihre linke Hand, und Mru, Dror und Tral hakten ihre Beine an die der Geschwister. Der Kontakt führte sie alle zusammen, fünf Kantaki-Kinder und eine menschliche Frau.
    Die Muster an den Wänden veränderten sich langsamer und verschmolzen miteinander, bildeten eine einheitliche Struktur, zu der auch das langsam pulsierende Licht im runden Raum gehörte. Lidia verstand jetzt die Botschaft, die sie zum Ausdruck brachten. Sie lautete: Harmonie.
    Die Kantaki klickten, und Lidia verstand auch ihr Lied. Wir haben dich lieb, sangen sie.
    Lidia war so gerührt, dass sie sich den Tränen nahe fühlte.
    Mehrere Sekunden – oder vielleicht Minuten – vergingen auf diese Weise, geprägt von Harmonie und Liebe. Dann ertönte ein anderes Klicken, und Worte drangen aus dem Lautsprecher eines Linguators.
    »Du bist wie eine große Schwester für sie, Diamant.«
    Lidia drehte den Kopf und sah Mutter Krir in der offenen Tür des Spielzimmers. Hinter ihr erstreckte sich ein halbdunkler, wie in sich verdreht wirkender Korridor. Aufgeregt stoben die Kinder davon, und mit brummenden Flügeln flogen sie zu ihrer Mutter, krabbelten über deren Beine und kuschelten sich am Unterleib zusammen.
    Lidia war noch immer gerührt, und gleichzeitig spürte sie eine sonderbare Trauer. Sie schwebte dem Ausgang entgegen, fühlte dabei den Blick multipler Augen auf sich ruhen. Hinter ihr erlosch langsam das Glühen der Kugeln, und die Wände glätteten sich, wurden dunkel.
    Mutter Krir beugte sich vor, bis ihr Kopf mit dem Lidias auf einer Höhe war.
    »Du stammst aus dem Volk der Menschen«, klickte sie. »Und du bist jung. Junge Menschen sollten nicht allein sein. Sie brauchen Gesellschaft.«
    »Ich fühle mich wohl an Bord Ihres Schiffes«, sagte Lidia sofort, und das stimmte.
    »Junge Menschen sind nicht für die Einsamkeit geschaffen. Du solltest einen Partner wählen, jemanden, der dich bei unseren Reisen begleitet.«
    Ein Partner, dachte Lidia. Ein Konfident. Plötzlich begriff sie den Grund für die vage Trauer, für ihre bittersüße Melancholie. Sie sah in Mutter Krirs Augen, aber ihr Blick reichte viel weiter, durch den Transraum in die nichtlineare Zeit. »Auf Floyds Welt, in der Stadt im schmalen Tal, durch das der Wind fegte … Dort hatte ich eine Art Vision. In einer der vielen möglichen Welten des Plurials sah ich mich selbst, neben einem Mann, der … den ich früher gekannt habe, zusammen mit unseren beiden Kindern.« Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, aber sie sprach die Namen trotzdem aus. »Leonard und Francy. So hießen sie. So heißen sie. Als mich Ihre Kinder eben berührten …«
    »Ich verstehe«, klickte Mutter Krir. »Meine Kinder haben dich an deine erinnert, die an einem anderen Ort im Plurial aufwachsen. Möchtest du sie noch einmal sehen? Möchtest du wissen, wie es ihnen ergeht?«
    »Wir können nicht zu Floyds Welt zurückkehren«, erwiderte Lidia erschrocken. »Sie befindet sich in der nichtlinearen Zeit …«
    »Wir müssen nicht dorthin zurück, um die anderen Kosmen des Plurials zu sehen.«
    »Ich habe es vom Sakrium

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