Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)
dies richtig ist«, sagte Loana nach einer Weile und zog die Hand zurück.
»Was … dies ?«, fragte Dominik enttäuscht.
»Dies alles. Du weißt, warum uns die Meisterinnen voneinander getrennt haben. Wir hindern uns gegenseitig daran, über unsere Emotionen hinauszuwachsen.«
»Du drückst es genauso aus wie Norene.«
»Es stimmt, Domi. Wenn ich es nicht schaffe, mich von meinen Gefühlen zu befreien, werde ich nie zu einer richtigen Tal-Telassi.«
»Sieh dich um, Loa. Diese Welt habe ich geschaffen. Wir sprechen miteinander, obwohl du in deinem Quartier schläfst und ich in meinem Zimmer im Bett liege. Ich habe dich allein mit der Kraft meiner Gedanken hierher gebracht. Das ist mehr als das Zentrum, von dem aus die einzelnen Stufen erreichbar sind. Ich habe die Stufen bereits erreicht, und gleichzeitig stecke ich voller Gefühle!«
Loana hob ihre Hände, betrachtete kurz die blassen violetten Flecken an den Fingerkuppen und ließ sie dann wieder sinken. »Ich bin anders als du. Nein, das ist falsch ausgedrückt: Du bist anders als wir . Es ist den Meisterinnen noch immer ein Rätsel, wie ein Junge die Kraft des Tal-Telas nutzen kann.«
Sie waren stehen geblieben, und Dominik beobachtete, wie der Wind mit Loanas blondem Haar spielte. Er sah Trauer, Skepsis und Sorge in ihrem Gesicht und hätte das alles gern durch ein weiteres Lächeln ersetzt. Aber er wusste auch, dass Worte allein manchmal nicht genügten – und dass er Loana nicht bedrängen durfte. Dadurch hätte er nicht weniger Distanz zwischen ihnen geschaffen, sondern mehr.
»Komm, ich zeige dir das Haus«, sagte er. »Und später sehen wir uns den Sonnenuntergang an.«
Sie kletterten über Felsen hinweg und erreichten die Bucht mit dem kleinen, unauffälligen Gebäude zwischen den hohen Säulenbäumen.
»Das Haus gehört nicht hierher«, sagte Dominik, als sie wieder über Sand gingen. »Es ähnelt dem Gebäude, in dem Tako Karides einmal gewohnt hat, aber es stammt nicht aus seinem Traum.«
»Aber du hast diese Welt gebaut«, sagte Loana. »Wie kann es hier etwas geben, das nicht von dir stammt?«
»Das weiß ich nicht genau. Norene hat mir so etwas gezeigt, bevor ich damit begann, mir Welten zu bauen. Offenbar gibt es solche Gebäude an vielen Orten der Zweiten Welt.«
»Davon habe ich in der Schule gehört, von der Zweiten Welt.«
»Du bist noch nie in ihr gewesen?«
Dominik musste sehr ungläubig geklungen haben, den Loana erwiderte mit deutlichem Vorwurf in der Stimme: »Ich habe noch nicht einmal das Zentrum erreicht, und das verdanke ich dir!«
»Ich bin den Weg des Schmerzes dorthin gegangen«, sagte Dominik nachdenklich. »Norene wollte mir damit zeigen, dass der Weg des emotionsfreien Intellekts leichter ist. Sie hat angekündigt, mich nach dem … Zwischenfall von heute Abend jeden Tag den Weg des Schmerzes gehen zu lassen, bis ich meine Gefühle überwinde. Sie ahnt nicht, dass ich das Zentrum und die einzelnen Stufen des Tal-Telas auch so erreichen kann.«
»Wie kann sie davon nichts wissen?«, fragte Loana verwundert. »Sie ist eine Großmeisterin und mehr als dreitausend Jahre alt. Sie hat die zehnte Stufe erreicht!«
Dominik wurde noch etwas nachdenklicher. »Sie konditioniert mich, mit meiner eigenen Kraft. Ich frage mich, was das bedeutet.«
»Wie bitte?«
Er beschloss, ganz offen zu sein. »Manchmal, wenn ich mich langweile, schicke ich geistige Augen und Ohren auf die Reise. Das kann ich schon seit einer ganzen Weile. Dabei habe ich ein Gespräch zwischen Norene und Zara auf Millennia belauscht.« Er berichtete kurz von der telepathischen Kommunikation.
»Du hast die Gedanken einer Großmeisterin berührt?«, brachte Loana hervor, wie hin- und hergerissen zwischen Verblüffung und Bewunderung.
»Ja«, sagte Dominik geistesabwesend. »Sie stellt irgendetwas mit mir an …« Er bemerkte, dass sie vor dem Gebäude standen, vor den beiden Türen, die neue und die alte.
»Haben eure Lehrerinnen davon erzählt?«, fragte er. »Von der alten Tür, die auf keinen Fall geöffnet werden darf?«
Loana schüttelte den Kopf und starrte Dominik noch immer fassungslos an.
»Ich habe versucht, sie zu öffnen, aber ich konnte es nicht. Er hat sie einmal geöffnet. Tako, meine ich.« Dominik erinnerte sich an das eigene Entsetzen und daran, dass er damals die Flucht ergriffen hatte. Zu jener Zeit war sein Trotz noch nicht so groß gewesen wie jetzt. »Versuch du es, Loa.«
Sie wandte den Blick von ihm ab. »Was soll so schwer
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